Standardfragen zum Schwarzweiß-Fotolabor
Eine Hilfestellung nicht nur für Anfänger
Wenn Sie öfter hier vorbei schauen, das ist in letzter Zeit neu dazu gekommen:
Einige Ergänzungen zu den Themen
• →VC-Papier
• →Papier eintesten, jetzt auch mit den Multigrade-V Kurven
• →Zonensystem (nicht unbedingt für Anfänger).
Und hier: die gesamte →SWFAQ als pdf-Download! Weil die Inhalte natürlich ständig aktualisiert und bei neuen Ideen erweitert werden, ist das leider nur eine Momentaufnahme.
Allgemeine Fragen zum Hobbylabor
• Wozu braucht man heute überhaupt noch ein eigenes Fotolabor?
• Wo gibt es Hilfe? - Mit Tipps für echte Anfänger!
• Wo kann man das Zeug heute noch kaufen?
• Was kostet die Fotografie auf Film heute?
Fragen zu Film und Negativ
• Welcher Entwickler ist der beste?
• Welcher Schwarzweißfilm ist der beste?
• Lohnt sich SW-Film als Meterware?
• Muss man Film vor dem Entwickeln vorwässern?
• Sollte man Film nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums noch verwenden?
• Wie vermeide ich Trockenflecken auf dem Film?
• Ich habe den XX-Film auf ISO-yy belichtet. Wie lange muss ich entwickeln?
• Film A ist okay, aber warum hat Film B immer zu wenig Kontrast?
• Was versteht man unter dem gamma-Wert eines Films?
• Warum soll ich meinen SW-Film eintesten?
• Was ist eigentlich das „Zonensystem“?
• Was bewirkt eine Vorbelichtung des Films?
• Wie funktioniert „Pushen“?
Fragen zu Fotopapier und Positiv
• Welches Fotopapier ist zu empfehlen?
• Welchen Entwickler nehme ich für mein Fotopapier?
• Wie lange muss Fotopapier entwickelt werden?
• Wie lange kann man SW-Papier lagern?
• Ich brauche noch einen Vergrößerer - aber welchen?
• Welches Vergrößerungsobjektiv brauche ich?
• Brauche ich zum Vergrößerungsgerät einen Scharfsteller?
• Welche Schärfentiefe habe ich beim Vergrößern?
• Welche Dunkelkammerlampe brauche ich?
• Wie dunkel muss meine Dunkelkammer sein?
• Was ist bei Ausstellungsbildern zu beachten?
• Wie funktioniert Variokontrastpapier?
• Was ist das Splitgrade-Verfahren?
• Brauche ich einen Laborbelichtungsmesser?
• Wie kann ich mein Fotopapier eintesten?
Fragen zum Prozess (Film oder Papier)
• Wie genau muss ich die Entwicklertemperatur einhalten?
• Welches Fixierbad brauche ich für Film oder Papier?
• Wie lange muss ich / darf ich fixieren?
• Ist ein Stoppbad notwendig?
• Wie lange muss ich wässern?
• Wie reinige ich den Belag in der Entwicklerschale?
• Wie gesundheitsschädlich ist Fotochemie?
• Wohin mit den verbrauchten Chemikalien?
• Was ist bei Ansatz und Lagerung von Pulver-Entwicklern zu beachten?
• Wie lange halten Entwicklerkonzentrate?
Sonstige Fragen zur Fotografie im weiteren Sinne
• Welches Stativ ist das beste?
• Wo bekomme ich Ersatz für die Quecksilberbatterien?
• und als Abschluss: Gerüchte, die ich nicht bestätigen kann!
Hier die Standardantworten …
… auf alle diese Fragen, teilweise als objektive Feststellung („Das ist einfach so!“), teilweise meine Meinung, die auf eigenen Erfahrungen beruht. Was ich hier empfehle, hat sich einfach nach jahrelanger Hobbypraxis für mich persönlich bewährt. Es ist nicht auszuschließen, dass anderswo etwas anderes empfohlen wird. Da ich bisher noch keine Proteste erhalten habe, scheine ich zumindest nicht ganz falsch zu liegen. Vor allem die Fragen bezüglich Entwickler, Stoppbad oder Vermeidung von Trockenflecken werden immer kontrovers diskutiert. Da hat wohl jeder seine eigene Methode, die er mit religiösem Eifer verteidigt.
Da man vor der Laborarbeit erst mal einen richtig belichteten Film braucht, habe ich dazu auch etwas geschrieben, siehe →Belichtungsmessung. Nicht etwa, weil darüber noch nicht genügend geschrieben wurde, sondern weil viel Unfug kursiert, den ich hier ein bisschen zurechtrücken möchte ;-)
Wichtig: Entscheidend für ein gutes Foto ist der richtige Moment und/oder die richtige Bildgestaltung. Die Technik wird oft überbewertet und ist bei Weitem nicht so kompliziert, wie diese lange faq-Liste vermuten lässt. Mit sorgfältiger Arbeitsweise und ein bisschen Experimentierlust kann man schnell zurechtkommen. Fotografie mit SW-Film ist erstaunlich tolerant gegen Fehler! Auch so manche technische Hilfsmittel, die ich in meinen Ausführungen anspreche, sind nicht existenziell wichtig - eher “nice to have”.
Wozu braucht man heute überhaupt noch ein eigenes Fotolabor?
Diese Frage kann ich nur sehr subjektiv beantworten: Weil mir die Arbeit in der Dunkelkammer Spaß macht!
Ich brauche mein Hobby nicht damit zu rechtfertigen, dass die analoge SW-Fotografie gegenüber der digitalen billiger ist oder bessere Ergebnisse bringt. Vielleicht trifft das zu, wahrscheinlich verhält es sich aber genau anders herum - mir ist das egal. Meine ehrliche Antwort auf diese erste Frage lautet daher: Wer mit seiner Digitalkamera und seinem digitalen Workflow zufrieden ist und damit gute Bilder zustande bringt, der braucht heute tatsächlich kein Fotolabor mehr.
Wer dagegen meint, er bräuchte unbedingt die neueste digitale Technik, um damit in Echtzeit seine Selfies in soziale Netzwerke hochzuladen, dem würde ich dringend die Beschäftigung mit analoger Fotografie empfehlen. Dieser Schritt wäre dann ein würdiger Abschluss einer pubertären Phase, die einem später ohnehin nur peinlich sein wird.
Wo gibt es Hilfe?
Früher war das alles ganz einfach: Es gab in den meisten Schulen eine Fotogruppe, Kurse in den Volkshochschulen und Foto-Clubs. Heute ist dort fast alles digital verseucht, und um die wenigen analogen Hobby-Fotografen kümmert sich kein Schwein. Man muss sich also selbst zu helfen wissen.
Als ich nach einer mehrjährigen Fotolaborpause wieder zu meinem alten Hobby zurückgekehrt bin, habe ich mir fest vorgenommen, nie wieder mit viel Frust herumzupfuschen (irgendein Bild ist ja auch immer dabei herausgekommen), sondern ab sofort meine Prozesse genau zu kalibrieren und zumindest halbwegs reproduzierbar zu arbeiten. Als Erstes machte ich mich auf die Suche nach einem aktuellen Fotolabor-Fachbuch. Anfang 2004 bin ich leider nicht fündig geworden. Die Bücher von Otto Croy oder Günter Spitzing waren mir zu alt, dafür bin ich bei meinen Internet-Recherchen auf das Phototec Hobbylabor-Forum gestoßen. Zusammen mit den damals noch laufend erschienenen Kolumnen von Thomas Wollstein im Schwarzweiß-Magazin hatte ich da im Internet Zugriff auf einen unermesslich reichen Erfahrungsschatz anderer SW-Fotografen. Die damaligen Diskussionen sind auch die Basis für meine heutigen Tipps.
Die derzeit lebhaftesten deutschsprachigen Diskussionen über analoge Fotografie findet man wohl im aphog-Forum. Wovon ich einem blutigen Anfänger jedoch abrate, ist, eine Anfängerfrage in einem Internetforum zu stellen. Natürlich lebt ein Forum von solchen Fragen und man wird reichlich Antworten erhalten. Weil natürlich jeder seine individuelle Methode empfiehlt, werden sich diese Antworten in vielen Punkten widersprechen und einen total verwirrten Fragesteller hinterlassen. Also empfehle ich, zunächst das hier Geschriebene zu befolgen. Nach den ersten 5 Filmen fällt es dann auch leichter, in einem Forum eine konkrete und sinnvolle Frage zu stellen und nicht schon wieder: „Welcher Film oder Entwickler ist der beste?“ Für Anfänger empfehle ich zunächst folgende Links:
Wie entwickelt man einen Film?
• Phototec-Infomagazin,
die ersten Schritte für echte Anfänger - oder
• Anleitung zur Filmentwicklung
(PDF-Datei) von Stefan Heymann.
Mehr als in diesen zwei inhaltlich ähnlichen Beschreibungen steht,
muss man nicht wissen, um erfolgreich die ersten Filme zu entwickeln.
SW-Filmentwicklung ist einfach!
Hier gibt es noch mehr technisches Wissen für leicht Fortgeschrittene:
• www.Schwarzweiss-Magazin.de
Diese unerschöpfliche Wissensquelle mit den Rubriken „Kurse“ (z.B. zum Zonensystem) und
„Wollsteins Kolumne“ wurde im Februar 2012 leider endgültig vom Netz genommen.
Mittlerweile haben diese Seiten bei Fotoespresso
eine neue Heimat gefunden. Dort findet man auch einen Link zur ungekürzten pdf-Fassung
meiner Buchempfehlung für Anfänger: „Das Praxisbuch Schwarzweiß-Labor“ von Reinhard Merz.
• Wer es jedoch mit wissenschaftlicher Präzision anpacken möchte, dem empfehle ich das aktuelle
Buch von Dr. Otto Beyer.
• Das legendäre Phototec-Hobbylabor-Forum
Traurig, traurig: Nachdem die Geschäfte von Phototec durch Nordfoto übernommen wurden,
wurde erst das Forum ungeschickt moderiert und kurz darauf für neue Beiträge gesperrt.
Seit Sept.2014 ist das Forum mangels Wartung ganz tot. Dieses Forum aus meiner Liste
ganz zu streichen, fällt mir schwer. Manchmal gilt eben doch der Spruch „Früher war alles besser“.
Ich schaue gelegentlich auch in anderen Foren ohne Zwangsregistrierung vorbei
und stelle immer wieder fest: Eine echte Alternative zu dem im Phototec-Forum
versammelten Expertenwissen in unzensiertem lockerem Umgangston wird es wohl nie wieder geben.
Wenn man die Technik beherrscht, findet man hier Gestaltungstipps:
Schöner fotografieren,
Texte zur Fotografie von Andreas Hurni und Michael Albat - oder
der Klassiker: Andreas Feininger „Die hohe Schule der Fotografie“,
gibt es sogar als Taschenbuch-Neuauflage
und den Link zur nächsten Buchhandlung erspare ich uns hier.
Wer sich versehentlich auf meine Seite verirrt hat, und doch lieber weiterhin digital fotografieren will, der sollte diese Seite kennen: Cambridge in Colour. Das ist zwar auf Englisch, aber einen vergleichbar guten deutschsprachigen Fotokurs kenne ich (noch) nicht. Dort werden allgemeine Fragen zur Technik ebenfalls gut erklärt, weil selbstverständlich auch Digitalkameras Objektiv, Blende und Verschluss brauchen.
Das sollte als Lesestoff genügen, für alles andere gilt: Übung macht den Meister! Fotografie ist ein Lehrberuf und ein Kunsthandwerk. Bevor man auch nur annähernd Kunst erzeugen kann, muss man das Handwerk einigermaßen beherrschen. Ich wage es nicht, hier über Kunst zu schreiben, aber ich hoffe, handwerkliche Ratschläge geben zu können.
Noch zwei abschließende Bemerkungen zu diesem Kapitel:
• Was man bei Wikipedia zu Fotolabor-Prozessen lesen kann,
ist entweder veraltet oder eine unbrauchbare Banalität.
• Die heutige Tendenz ist leider, dass längere Texte wie dieser hier
nur noch wenige Leser finden. Dem Trend zum funktionalen Analphabetismus folgend,
müsste ich für alle meine Artikel hier ein Video-Filmchen auf YouTube hochladen.
Weil ich aber weder Follower noch Likes sammle und auch nichts damit verdienen will,
werde ich das nicht machen. Beide Kriterien taugen eher selten als Qualitätsmerkmal.
Daher empfehle ich ernsthaft, sich lieber an meine FAQ zu halten ;-)
Wo kann man das Zeug heute noch kaufen?
In einem ehemals renommierten Fotogeschäft: „Ich hätte gern einen Kleinbildfilm Kodak TriX!“ - „äh, wie bitte, ham wir nicht, könn’ wir Ihnen aber sicher bestellen, äh, warten Sie, ich muss mal nachfragen!“
In den wenigen verbliebenen Fotogeschäften meiner gar nicht so kleinen Heimatstadt Augsburg geht da also so gut wie gar nichts, mit der einzigen mir bekannten Ausnahme: Foto-Zebolon in der Jakoberstraße. Da möchte ich auch nicht den Händlern die Schuld geben. Für ein normales Ladengeschäft wäre ein analoges Angebot ein reines Hobby, bei dem nichts zu verdienen ist. Großstädte haben einen Vorteil, dort gibt es evtl. noch einen oder zwei Händler, die das Standardsortiment frisch auf Lager haben. In München z.B., weil es in meiner Nähe liegt, fällt mir da Dinkel ein (Filme bekommt man dort auch ohne Gewerbeschein), notfalls auch Calumet. Beide sind in Bahnhofsnähe, und gleich daneben hat mein Lieblings-Kameraschrauber Gerard Wiener seine kleine Werkstatt. Das volle Angebot hat man dagegen im deutschen Versandhandel, wo es sogar noch richtig und reichlich Konkurrenz gibt, z.B. digitfoto, fotobrenner, fotoimpex, fotomayr, macodirect, moersch-photochemie, monochrom, nordfoto, versandhaus-foto-mueller, etc. (Alphabetische und sicher unvollständige Aufzählung, sowie ohne diejenigen Versender, die nur an gewerbliche Abnehmer verkaufen). In Österreich fallen mir spontan blende7 oder fotofachversand ein, in der Schweiz ars-imago. Auf anklickbare Internetadressen verzichte ich hier, einfach an die genannten Namen die Länderdomain .de (.at oder .ch) anhängen.
Was kostet die Fotografie auf Film heute?
Von Laien höre ich immer wieder, dass so exotisches, altes „Zeug“ doch sicher richtig teuer und kaum noch zu kriegen ist. Denkste! Es muss ja nicht gleich eine Leica M-A oder MP sein, meines Wissens die letzte KB-Kamera, die noch zum üblichen Leica-Preis neu angeboten wird. Für keinen anderen Hersteller herkömmlicher Kameras stellt derzeit ein neues Film-Kameramodell ein tragfähiges Geschäftsmodell dar. Randerscheinungen sind z.B. Lomo-Plastikkameras und Fuji mit seinen Instax-Kameras. Die letzteren verdienen ihr Geld aber nicht mit den einfachen Kameras, sondern mit den Sofortbild-Packs. Ach ja, fast hätte ich’s vergessen: unter diversen Markennamen gibt es noch ukrainische 6×6-Kameras und Objektive von Kiev/Arax/Arsat/Hartblei. Aber will man so etwas haben? (siehe die Anmerkungen zu meinen →Mittelformat-Kameras)
Ich empfehle, in der alternden Verwandtschaft herumzufragen, ob jemand noch ein Spiegelreflex-Schätzchen auf dem Dachboden hat und ob man es sich mal ausleihen dürfte. Normalerweise bekommt man das dann geschenkt. Ansonsten sind hochwertige, gebrauchte und noch lange Zeit funktionierende Kameras reichlich vorhanden. Man muss lediglich Geduld mitbringen, den Markt (d.h. ebay) erst mal beobachten und bei dubiosen Privatverkäufen vorsichtig sein. Mein Eindruck bei manchen Internet-Versteigerungen ist, dass (nicht ausschließlich, aber zunehmend) der gleiche Schrott immer wieder weiterverkauft wird. Zielführend ist eventuell auch, die Wunschausrüstung mehrfach billigst einzukaufen und zu hoffen, dass ein perfektes Exemplar dabei ist. Bei der Olympus XA hat sich diese Methode für mich leider als Flop erwiesen. Ich empfehle daher, sich eher an den jüngeren Analogmodellen der jeweiligen Hersteller zu orientieren. Da die letzten Analog-Modelle und die aktuellen DSLR-Kameras den gleichen Objektivanschluss haben, sind gute Autofokus-Objektive auch gebraucht recht teuer. Günstiger sind dagegen die alten Anschlüsse für manuelle Fokussierung, z.B. Canon FD, Minolta SR/MD/MC, Olympus OM. Wenn man bereits gute M42-Objektive hat (wie z.B. die Pentax SMC-Takumare), lohnt sich neben der Pentax Spotmatik auch ein Blick auf die Praktica L-Reihe. Nikon und Pentax-K waren bei der Umstellung auf Autofokus aufwärtskompatibel, und deren alte Linsen sind auch ohne Autofocus heute noch begehrt. Im Zweifelsfall und als Analog-Anfänger kann man natürlich auch in der nächsten größeren Stadt bei einem richtigen Fotogeschäft danach fragen, falls es dort noch so etwas gibt. Foto Sauter in München hat z.B. eine recht brauchbare Auswahl an Altmetall. Da eine defekte Kamera mangels Ersatzteilen und erfahrenen Kameraschraubern oft einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeutet, ist unter Analog-Fotografen der Trend zur Zweit- oder Drittkamera weit verbreitet. Da kann dann, wenn man sich nicht beherrscht, schnell eine Sammelleidenschaft daraus werden - ich habe Sie hiermit gewarnt! Tipps, wonach Sie suchen könnten, finden Sie möglicherweise bei der Auflistung meiner eigenen →Ausrüstung. Generell gilt: Die Preise für gute Objektive und gut erhaltene, uneingeschränkt funktionierende Gehäuse steigen kontinuierlich.
Deutlich einfacher als bei Kameras ist die Kostenprognose bei den Verbrauchsmaterialien.
Für diesen Vergleich habe ich aus einem alten Katalog meines Lieblings-Fotolaborversands
4 Artikel ausgewählt, die es auch heute noch gibt.
Weil sich die Mehrwertsteuer geändert hat , darf man natürlich nur Nettopreise vergleichen.
Alte DM-Preise von 1995, dem Höhepunkt der Filmtechnologie, sind hier bereits
in EUR aufgeführt und werden mit der amtlichen Inflationsrate auf Anfang 2021 hochgerechnet.
• 36er Kleinbildfilm Ilford FP4+ oder HP5+ im 10er-Pack:
1995: 2,98€ (→ 4,21€ inkl. Inflation); im Jahr 2021: 5,29€ (+26%)
(Achtung: Es gibt auch Händler, die frech das Doppelte dafür verlangen!)
• Ilford Multigrade RC, 100 Blatt 18×24:
1995: 37,88€ (→ 53,54€ inkl. Inflation); im Jahr 2021: 53,74€ (±0%)
• Filmentwickler Kodak HC110, 1 Ltr.:
1995: 19,96€ (→ 28,21€ inkl. Inflation); im Jahr 2021: 23,23€ (-18%)
• SW-Schnellfixierer, 1 Ltr.:
1995: 5,29€ (→ 7,46€ inkl. Inflation); im Jahr 2021: 11,72€ (+57%)
• Farbnegativfilm Kodak Gold 200:
1995: 3,50€ (→ 4,95€ inkl. Inflation); Anfang 2021 im Drogeriemarkt: 2,23€ (-55%).
Bei diesem Kampfpreis waren die Filme natürlich ruckzuck ausverkauft und nicht mehr lieferbar.
Die Preisentwicklung ist nicht einheitlich. Es ist derzeit aber festzustellen, dass die Preise ansteigen, weil die zunehmende Nachfrage das erlaubt. Zumindest für 2021 ist widerlegt, dass dieses Hobby teuer ist. Aber exklusiv ist es möglicherweise schon :-) Haben Sie im Vergleich dazu schon mal zusammenaddiert, wie viel EUR Sie als Hobby-Fotograf in den letzten 15 Jahren für Digi-Knipsen, Speicherkarten, Software, schnelle PCs, externe Festplatten, Farbdrucker, Spezialtinten und -papier, Cloud-Speicher usw. ausgegeben haben? Bitte rechnen Sie auch alles mit ein, was bisher mit dem Elektronik-Schrott auf irgendeiner Deponie in Afrika gelandet ist!
Welcher Entwickler ist der beste?
Diese Frage kommt mit schöner Regelmäßigkeit in allen Fotolaborforen. In den zahlreichen Antworten werden dann ebenso regelmäßig alle marktgängigen Entwickler aufgezählt und mit religiösem Eifer in höchsten Tönen gepriesen. Man kann das wohl so interpretieren, dass es eine für alle Fotografen gleichermaßen optimale Kombination nicht gibt. Den Herstellerangaben kann man sowieso nicht trauen, denn dort sind fast alle Entwickler für alles optimal geeignet.
Vor der Auswahl kommt erst die Entscheidung, was man aus dem Film herausholen will:
a) möglichst hohe Ausnutzung der Filmempfindlichkeit,
b) möglichst feines Korn oder
c) möglichst hohe Schärfe.
Da können die Hersteller noch so tolle Versprechungen machen: Alle drei Optimierungsziele sind nicht gemeinsam erreichbar. Es gibt Spezialentwickler für jedes dieser Ziele. Typische Vertreter der genannten 3 Gruppen sind z.B.:
a) hohe Empfindlichkeit, d.h. mit diesen Entwicklern sollte man die meist übertriebene Nennempfindlichkeit erreichen: Adox Atomal 49 (= Calbe A49), Kodak Xtol, Ilford Microphen
b) feines Korn: Spur HRX, Ilford Perceptol
c) hohe Schärfe: Spur SD2525, CG-512 (=Rollei RLS)
Viele andere Entwickler haben gar keine hervorstechenden Eigenschaften (wie z.B. ID11 oder D‑76) und führen zu einem Kompromiss zwischen den drei genannten Zielen, so wie es bei einem Universalentwickler eben sein soll. Bei manchen Hobbylaboranten kommen als primäre Ziele dann noch Haltbarkeit, einfache Handhabung oder Kosten pro Film dazu. Ein reichhaltiges Angebot an Filmentwicklern sorgt für eine Erfüllung aller Wünsche. Bitte kommen Sie jetzt bloß nicht auf die Idee, alle auszuprobieren!
Durch die Verdünnung des Entwicklers können die Ergebnisse zusätzlich beeinflusst werden. Diese Regel gilt vor allem für Pulverentwickler mit einem hohen Gehalt an Natriumsulfit. Natriumsulfit verhindert als Konservierungsmittel primär die allzu schnelle Oxidation des Entwicklers, löst aber auch die bereits entwickelten Silberkeime an. Das bewirkt Feinkörnigkeit, allerdings auf Kosten der Kantenschärfe. Manche behaupten, solche Bilder seien matschig. Da die Anlösung der Körner die Schwärzung reduziert, geht das auch noch zulasten der Filmempfindlichkeit. Dieser Effekt ist am deutlichsten ausgeprägt, wenn man solche Entwickler als Stammlösung verwendet, wovon ich abrate. Die empfehlenswerte Verwendung als Einmal-Entwickler in Verdünnung 1+1 bis 1+3 schwächt die Wirkung von Natriumsulfit, das Filmkorn wird (besser gesagt: bleibt) geringfügig gröber und die Schärfe und die Filmempfindlichkeit nehmen geringfügig zu. Zur Gruppe dieser Entwickler zählen z.B. D76, ID11, Xtol und A49. Rodinal dagegen funktioniert völlig anders und ergibt bei höherer Verdünnung feineres Korn.
Dazu gleich mein persönlicher Kommentar zu Rodinal/Paranol/R09/Adonal, auch wenn viele treue Anhänger jetzt die Augen verdrehen: Dieser Entwickler verträgt sich leider nicht mit allen Filmen und kann einen durchhängenden Dichteverlauf mit stark ausgefressenen Lichtern erzeugen. Er ist dann genau das Gegenteil eines →Ausgleichsentwicklers. Daher ist dieser Entwickler nicht gerade eine Empfehlung für Anfänger. Nach tatsächlichen eigenen Erfahrungen wird damit das Korn auf jeden Fall ziemlich grob und die Empfindlichkeit wird schlecht ausgenutzt, lediglich bei der Schärfe erreicht man Mittelmaß. Das reicht schon aus, dass Rodinal von seinen Anhängern als „Schärfe-Entwickler mit schön akzentuiertem Korn“ gerühmt wird. Es gibt Spezialisten, die durch Entwicklung bei max. 16°C auch mit Rodinal das Korn zurückhalten, aber auf solche Temperaturfummeleien habe ich(!) wenig Lust. Ich entwickle Filme auch im Sommer, da ist die Einhaltung von 20° schon sportlich! Original Agfa Rodinal gibt es übrigens seit 2005 nicht mehr. Von den zahlreichen Nachbauten, die sich vor allem in der Haltbarkeit unterscheiden, kommt Adox Adonal dem Original wohl am nächsten.
Neue Beliebtheit erfahren gerade auch wieder Monobad-Entwickler wie CineStill Df96. Für Neu-Einsteiger wird eine einfachste Handhabung versprochen, doch glauben Sie bitte nicht alles, was Werbung verspricht. Bei diesem Prozess wird eine abgestimmte Mischung aus schnell arbeitender Entwicklersubstanz und Fixierer gleichzeitig in die Dose gekippt. Der Entwicklungsprozess muss abgeschlossen sein, bevor der langsamer arbeitende Fixierer alle Silberhalogenidkörner aufgelöst hat. Dieser Prozess ist heutzutage völlig überflüssig und alles andere als fehlertolerant. Eine Änderung der Entwicklungszeit zum Erreichen eines bestimmten Kontrasts (→gamma-Wert) funktioniert damit natürlich auch nicht. Ich werde mich hüten, sowas überhaupt anzurühren! Solche Monobad-Entwickler sind keineswegs etwas Neues. Ursprünglich waren sie bei Fotojournalisten beliebt, die mit ihren Kameras ins Redaktionsgebäude gestürzt sind und wenige Minuten danach bereits brandaktuelle Bilder beim Chefredakteur vorzeigen mussten. Für 20 Minuten langes Dosen-Kippen hatten die keine Zeit und die Qualität war bei dem groben Zeitungsraster weitgehend egal! Ansonsten war die Kombination TriX oder HP5 in HC-110 wegen der kurzen Entwicklungszeiten jahrzehntelang der Liebling der Fotoreporter.
Dann gibt es noch eine weitere Gruppe: sogenannte Ausgleichsentwickler,
die bei hohen Kontrasten stark ausgleichend wirken und die Spitzlichter etwas abschwächen,
z.B. Moersch MZB, Adox FX-39 (in Verdünnung 1+19) oder Amaloco AM74 (Vertrieb über Nordfoto).
Was zunächst als Vorteil erscheint, hat jedoch einen geringeren Belichtungsspielraum zur Folge.
Schon bei mäßigen Überbelichtungen liegen die wichtigen Mitteltöne dann
im kontrastarmen oberen Teil der Dichtekurve.
Genau die entgegengesetzte Tendenz mit steiler werdendem Kurvenverlauf in den Lichtern zeigen Rodinal und HC-110.
Manchmal wird hier zur Abhilfe empfohlen, in höherer Verdünnung und mit weniger Agitation zu arbeiten.
Die Einteilung der Entwickler in diese Gruppen mag der Eine oder Andere anzweifeln. Die Grenzen sind schwimmend und ich werde mich hüten, alle genannten Entwickler selbst auszutesten. Was Sie hier lesen, ist teilweise also eine Zusammenfassung dessen, „was man so hört“. Erschwerend kommt noch dazu, dass bei Weitem nicht alle chemischen Abläufe bei der Entwicklung wissenschaftlich erklärbar sind, wie etwa die Wechselwirkungen mit der Gelatine, in die die lichtempfindlichen Kristalle eingebettet sind. Es kann daher auch keinen veganen Film geben! Das Ganze hat immer noch so einen Hauch von mittelalterlicher Alchemie.
Tatsache ist, dass entgegen allen Werbeaussagen die Eigenschaften eines Negatives in Sachen Feinkorn und Schärfe überwiegend durch den Film selbst definiert werden. Der Einfluss des Entwicklers auf diese beiden Kenngrößen wird oft arg überschätzt. Um die Unterschiede im Ergebnis erkennen zu können, muss man Vergleichsaufnahmen mit geschultem Auge und genau ansehen. Wenn man jetzt nicht gerade Rodinal mit A49 vergleicht, kommt das meiste, was man an Unterschieden zu erkennen glaubt, aus dem Bereich der Esoterik.
Achtung: Für meine nachfolgende Xtol-Empfehlung ist derzeit (Anfang 2021) Zurückhaltung angebracht. Eastman Kodak stellt wohl seit 1994 (Abspaltung von Eastman Chemicals) keine SW-Chemie mehr selbst her, hat deren Vertrieb nach der Insolvenz 2013 an Kodak Alaris ausgegliedert, seit Juni 2020 ist Sino Promise (Hongkong) für Kodak-Chemie verantwortlich, hergestellt wurde in den letzten Jahren bei Tetenal, und wie es nach mehreren miserabel kommunizierten Rückrufaktionen weiter geht, weiß noch keiner. Man kann zwar eine eMail hinschicken, aber Reaktion kommt keine. Sogar die amerikanischen Kodak-Fans im photrio-Forum fühlen sich vom „Gelben Riesen“, der nur noch ein Torso ist, angepisst. Bis das geklärt ist, sollte man also mit Xtol und auch anderer Kodak SW-Chemie vorsichtig sein und auf weitgehend identische (wenn nicht bessere) Konkurrenzprodukte ausweichen: Adox XT‑III statt Xtol, Ilfotec-HC statt HC-110, ID-11 statt D-76, irgendein Papierentwickler statt Dektol, und auch Fixierer ist durch beliebige Marken ersetzbar.
Meine Empfehlung lautet für Anfänger und Wiedereinsteiger (Könner machen das ohnehin!) ganz einfach: Am besten fährt man zunächst mit einem überall erhältlichen und bewährten Universalentwickler, der sich mit allen Filmen bestens verträgt. Xtol bzw. Adox XT‑III ist klar mein(!) Favorit, weil er wenig kostet, sich mit allen Filmen verträgt, ohne Nachteile etwas mehr Filmempfindlichkeit als Kodak D76 oder Ilford ID11 bringt und letztendlich (weil Hydrochinon-frei) weniger ungesund ist. Meine persönliche Meinung, anders ausgedrückt: Es gibt heute, außer weil man’s immer schon gemacht hat, keinen Grund mehr, D76 oder ID11 anzurühren. Damit die angesetzten Stammlösungen dieser Pulverentwickler auch noch lange halten, finden Sie hier Tipps zum →Ansatz von Pulverentwicklern. Wer lieber Flüssigkonzentrate verwendet, sollte z.B. FX‑39 oder HC‑110 (≈ Ilfotec‑HC oder für kleineren Durchsatz Ilfotec‑LC) als Universalentwickler ausprobieren. Mit dem neuen, gut haltbaren „efd“ Eco Film Developer scheint Wolfgang Moersch der Spagat zwischen feinem Korn und hoher Schärfe bestmöglich gelungen zu sein. Dieser Entwickler funktioniert angeblich nicht mehr so gut bei hochempfindlichen Filmen.
Offensichtlich hat man bei Entwicklern eine überwältigende Auswahl. Trotzdem empfehle ich für Anfänger die Einschränkung z.B. auf 2 Markenfilme (100er im Sommer, 400er in der dunklen Jahreshälfte) und nur 1 (in Worten: einen) Universal-Entwickler. Entwickelt wird immer unter konstanter Einhaltung von Verdünnungsgrad, Temperatur und Kipprhythmus. Damit muss man zunächst seine eigenen Prozesse optimieren. Erst wenn man das nach frühestens einem Jahr geschafft hat und weiß, was man anstrebt, kann ein gezielter Wechsel des Entwicklers vielleicht eine kleine(!) Veränderung bringen.
Wovor ich warnen möchte: Wenn man die Diskussionen in den Fotolabor-Foren einige Jahre mitverfolgt hat, kann man vor allem bei den Filmentwicklern deutlich auszumachende Modetrends feststellen. Trendsetter waren im Laufe der letzten Jahre A49, HRX oder Diafine. Der aktuelle Trend scheint zu sein, dass sich die Experimentierfreudigen ihr übel riechendes Caffenol oder einen Pyro-Entwickler (Achtung: giftig!) selbst anrühren. Mein Appell lautet, nicht schwach zu werden und auf der ewigen Suche nach dem Wunderentwickler in langwierigen Vergleichstests alles durchzuprobieren. Die besten Ergebnisse wird man immer noch mit dem Entwickler zustande bringen, mit dem man langfristig die meisten eigenen Erfahrungen gesammelt hat. Der beste Beweis für diese zum Erfolg führende Einstellung: Die Opas unter den SW-Fotografen schwören seit jeher auf die Alltime-Bestseller D-76 (seit 1927) oder Rodinal (seit 1891), je nachdem ob sie Kodak- oder Agfa-Anhänger waren. Sie sind durch nichts von dieser Meinung abzubringen, was auch seine Berechtigung hat. Alles oben Geschriebene gilt also eher für Anfänger und Wiedereinsteiger, die auf diesen Seiten hoffentlich sinnvolle und auch aktuelle Ratschläge finden.
Welcher Schwarzweißfilm ist der beste?
Ich empfehle Ilford, Kodak oder (wieder seit Anfang 2020) Fuji, weil es diese Filme seit Jahrzehnten in anerkannt hoher Qualität zu kaufen gibt. Der Qualitätsstandard dieser traditionsreichen Hersteller ist über alle Zweifel erhaben, und die Filme haben keine Zickigkeiten, die einen Anfänger verwirren könnten. Auch Kentmere als Billigmarke aus dem Hause Harman/Ilford erfüllt alle Anforderungen an einen modernen Kleinbildfilm. Wer sparen muss oder will, kann den tschechischen Foma-Filmen eine Chance geben. Diese erreichen grundsätzlich nicht die angegebene Nennempfindlichkeit, sind grobkörniger und die Gelatineschicht ist weniger (oder gar nicht?) gehärtet, also empfindlicher gegen Kratzer. Noch eine möglicherweise gute Nachricht: Shanghai hat mit ORWO-Unterstützung (oder sogar Original Filmotec Emulsion?) die Produktion des GP3 wieder aufgenommen. Es wurden sogar schon 220er(!) Rollfilme gesichtet. Bis diese Filme bei uns erhältlich sein werden, kann es noch dauern, und es ist dann nicht sicher, ob sie die hier gewohnten Qualitätsstandards erfüllen können. Leider hat man bei 120-er Shanghai und Foma immer wieder von Qualitätsproblemen gehört, womit aber auch schon Eastman Kodak (im Negativ sichtbare Nummerierung des Rückpapiers), Ilford und Bergger (Fleckenmuster, Marmorierung auf dem Negativ) zu kämpfen hatten. Probleme macht wohl nicht der Film selbst, sondern das Rückpapier und die Konfektionierung. Früher, als alles noch besser war 😊, haben die Filmhersteller eben das Rückpapier der Rollfilme selbst hergestellt oder zumindest ihre Lieferanten sorgfältig überwacht. Heute ist das nur noch ein Nischenprodukt und vieles muss einfach irgendwo zugekauft werden.
In den Jahren nach der Agfa-Pleite waren die original APX-Restbestände (mit der roten Raute auf der Schachtel) ein qualitativ hochwertiges Schnäppchen. Mittlerweile werden unter der Marke Agfaphoto mit rotem Punkt als Markenlogo Filme verhökert, die mit Agfa überhaupt nichts zu tun haben. Achtung: Was man früher unter dem Namen Agfa kaufen konnte, ist seit 2005 definitiv Geschichte. AgfaPhoto ist genauso wie Lomography oder Rollei lediglich eine Handelsmarke ohne eigene Filmfertigung. Was unter diesen Namen umgelabelt und verkauft wird, kann sich ständig ändern. Ein offenes Geheimnis: Derzeit ist in den APX-Schachteln englischer Kentmere-Film drin. Da gibt’s also gerade nix zu meckern.
Leider verlockt der derzeitige Analog-Boom etliche Firmen dazu, altbekannte Filme unter wohlklingenden Markennamen und in Verpackungen mit nettem Design zu einem Vielfachen des Preises anzubieten, den man für einen deutlich besseren, frisch hergestellten Markenfilm bezahlen müsste. Vorsicht, fallen Sie bitte nicht auf jeden billigen Marketing-Trick herein: Genauso wie es keinen Wunderentwickler gibt, gibt es erst recht keinen Wunderfilm! Manchmal steckt ganz normaler billiger Foma-Film drin. Oft wird auch Industrieware, die sonst nicht im Einzelhandel erhältlich ist, irgendwo im Auftrag konfektioniert, wie z.B. niedrigempfindliche Dokumentenfilme, infrarotempfindliche Überwachungsfilme oder kontrastreich abbildende Luftbildfilme. Solche Spezialfilme, meist aus dem für gewerbliche Großkunden noch produzierenden Agfa-Gevaert-Werk in Belgien, sind natürlich in ihren Eigenschaften auf den primären Anwendungszweck hin optimiert und daher für allgemeine Fotografie nicht zu empfehlen. Solche Spezialitäten sind nur etwas für Experimentierfreudige. Bessere Bilder macht man damit sicher nicht. Für Anfänger und Gelegenheitsknipser ist eine Einarbeitung auf solch eine Filmsorte auf keinen Fall sinnvoll. Da für diese Kleinserien teilweise auch in Handarbeit konfektioniert wird, kann es Qualitätsprobleme geben, was in Internet-Foren immer wieder kritisiert wird (z.B. falsche DX-Codierung bei Kleinbildpatronen, ungleichmäßig angeklebter Filmanfang oder fehlende Klebelaschen bei Rollfilmen). Das Ganze belegt aber sehr positiv, dass der Schwarzweiß-Markt äußerst lebendig ist und auch heute noch eine große Vielfalt an technischen Möglichkeiten bietet.
Konventionelle Filme oder Flachkristallfilme?
Bei der Schwarzweißfilmtechnologie wird unterschieden zwischen konventionellen Filmen mit kubischen Kristallen und (schon seit 1986) Filmen in „neuer“ Technologie mit Flachkristallen. Zu den letzteren gehören Kodak Tmax, Ilford Delta, Fomapan 200 und Fuji Acros. Ob man „alt“ oder „neu“ wählt, ist Geschmackssache. Neu heißt hier nicht unbedingt besser. Die Filmhersteller haben diese Flachkristall-Technologie vor allem entwickelt, um den Silbergehalt und damit die Herstellkosten für die Massenproduktion an Farbfilmen zu minimieren. Weil das dort gut funktioniert hat, wurde diese Technologie dann auch auf einige SW-Filme übertragen. Generell gilt, dass die Flachkristallfilme etwas feinkörniger sind, dafür aber im Ruf stehen, exakter verarbeitet werden zu müssen. Dieses Gerücht schreibt seit Jahrzehnten Einer vom Anderen ab, aber dadurch wird es leider nicht wahrer. Bei mir sind die Filme alle noch was geworden. Es gibt keinen Grund, bei konventionellen Filmen weniger exakt zu arbeiten. Zu beachten ist lediglich, dass Flachkristallfilme →länger fixiert werden müssen, und dass dabei das Fixierbad auch noch schneller erschöpft ist. Dafür wird man belohnt mit feinem Korn und einer langen geraden Kennlinie, die sehr tolerant gegenüber Überbelichtung ist und daher eben die Spitzlichter nicht automatisch ausgleicht. Weil man bei üblichen Abzügen noch überhaupt kein Korn erkennen kann, wird den Flachkristallfilmen oft ein technischer Look vorgeworfen, d.h. die Bilder sehen aus wie Digitalbilder, bei denen man die Farbsättigung herausgenommen hat. Die Anhänger der „alten“ Technologie heben immer hervor, dass ihnen dort die Grauwertumsetzung besser zusagt, was ich für Unfug halte. Eine gerade erkennbare Körnigkeit ist dagegen ein gewolltes Gestaltungsmittel, das mit den konventionellen Filmen besser gelingt.
„Unechte“ SW-Filme
Neben diesen echten Schwarzweißfilmen gibt es auch noch einen Film, der im standardisierten C41-Farbnegativprozess entwickelt werden muss: Ilford XP2 mit einer Nennempfindlichkeit von 400 ISO. Beim C41-Entwicklungsprozess wird das ursprünglich vorhandene Silberkorn vollständig entfernt und durch Farbstoffwölkchen ersetzt. Die XP2-Negative sehen aus wie gewöhnliche SW-Negative, d.h. farbneutral ohne die bei C41-Negativen übliche Orangemaske. Den XP2 lässt man am besten im nächsten Drogeriemarkt entwickeln, Vergrößerungen macht man dagegen besser zu Hause auf gewöhnliches SW-Papier. Die Vorteile dieses „unechten“ Schwarzweißfilms sind die gute Eignung zum Scannen mit automatischer Staubentfernung und der C41-typische sehr große Belichtungsspielraum. Selbst wenn man die Belichtung immer nur schätzt, kann man kaum etwas falsch machen. Man kann diesen Film weltweit überall entwickeln lassen und dann mit fertigen Negativen aus dem Urlaub zurückkommen, ohne Schäden durch die Röntgenschleusen an Flughäfen zu befürchten. Auch wenn man selbst keine Filme entwickeln mag, verdient dieser Schwarzweißfilm eine Top-Empfehlung. Da aber die Filmentwicklung und die Steuerbarkeit dieses Prozesses ein wichtiger Teil meines Fotolabor-Hobbys ist, ist meine persönliche Meinung: Nur für Sonderzwecke, wenn’s mal sein muss!
Der Konkurrenzfilm von Kodak hieß BW400CN und wurde bis August 2014 hergestellt. Zu exotischen Preisen werden immer noch gelegentlich Restexemplare angeboten. Der BW400CN weist die von Farbnegativfilmen gewohnte Orangefärbung auf und wird idealerweise auf Colorpapier vergrößert. Da man heute kaum noch ordentliche Abzüge aus einem Großlabor bekommt, ist die bevorzugte Arbeitsweise mit diesem Film die hybride Verarbeitung, d.h. Einscannen und digital weiterverarbeiten. Da kann man natürlich auch gleich einen deutlich billigeren Standard-Farbnegativfilm nehmen und digital die Farbsättigung herausnehmen. Daher habe ich diesen Film schon immer für überflüssig gehalten.
Meine Empfehlungen für Anfänger
Wenn man davon ausgeht, dass die Filmsparte von Kodak überlebt,
bleiben folgende Empfehlungen für 135er Kleinbildfilm in der engeren Auswahl
(bei 120er Rollfilm oder gar Großformat wird die Auswahl etwas kleiner):
• unter 100 ISO: Ilford PanF+, Fuji Acros
(nominell 100, die aber in den üblichen Standardentwicklern nicht erreicht werden)
• 100-ISO-Klasse: Ilford FP4+, Ilford Delta 100, Kodak Tmax 100 (TMX),
Kentmere 100
• 400-ISO-Klasse: Ilford HP5+, Ilford Delta 400,
Kodak TriX (400TX), Kodak Tmax 400 (TMY), Kentmere 400
Filme der 100-er Klasse (d.h. so etwa ISO 100/21°) sind super bei gutem Licht im Sommer. Bei wenig Licht in der dunklen Jahreszeit oder bei Innenaufnahmen ohne Blitz ist die 400-er Klasse vorzuziehen. Nach einer bewährten Regel, dass es nichts umsonst gibt, ist das Filmkorn bei den 400-ern gröber, was auch seinen Reiz haben kann. Filme mit Schachtelaufdruck 3200 haben eine Normempfindlichkeit von maximal ISO 1000/31° und können bis zur aufgedruckten Empfindlichkeit gepusht werden. Das sind Spezialfilme und daher für allgemeine Fotografie eher ungeeignet. (siehe →Pushpfusch).
Neuerdings bietet Ilford auch hierzulande wieder seine alte PAN-Serie an (PAN-100, PAN-400), preislich angesiedelt zwischen Kentmere und FP4/HP5. Ich denke, mit diesen Filmen kann man auch nichts falsch machen. Wo die Qualitätsunterschiede jetzt genau liegen, darüber schweigt sich Ilford aus. Und dann gibt es als Besonderheit mit S-förmiger Kennlinie noch den Adox CHS 100 II, der eine deutliche Ausgleichswirkung bei hohen Motivkontrasten bereits eingebaut hat. Ich mag ihn, er will aber genau belichtet werden und ist daher kein problemloser Knips-Film für Anfänger.
Exotische Randprodukte unter irgendwelchen Handelsmarken gibt es in zunehmend nicht mehr überschaubarer Menge und mit oft dubiosem Ursprung, d.h. für Anfänger empfehle ich: Finger weg! Das Risiko, dass die großen Hersteller aus dem Filmmarkt ganz aussteigen, ist wieder gesunken. Und dann gibt es noch die kleinen, flexiblen Nischenfüller: Adox, Filmotec (ORWO) und Bergger, wobei die beiden letzten sich auf die Emulsionsentwicklung beschränken und keine eigenen Fertigungsanlagen betreiben.
Die Technologie der Film- und Fotopapier-Herstellung ist alles andere als trivial. Nach meinem Kenntnisstand gibt es in Europa derzeit nur wenige Firmen, die das beherrschen: Neben Agfa Gevaert(BE) und Harman(GB) sind da noch Innoviscoat(DE), Adox(DE/CH) und Foma(CZ), irgendwann vielleicht sogar auch wieder Ferrania(IT). Wenn alle Stricke reissen, gibt es (wahrscheinlich mit Qualitätsabstrichen) noch Svema/Astrum (Ukraine), Tasma (Russland) und Shanghai Pan. Was die Verfügbarkeit von SW-Film betrifft, ist mir also noch lange nicht bange!
Lohnt sich SW-Film als Meterware?
Kurze Antwort: Nein!
Längere Antwort: Die Preise für 30,5m-Spulen (100 ft) sind in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass bei den reinen Filmkosten kaum eine Ersparnis bleibt. Man braucht dann auch ein Tageslicht-Umspulgerät und spezielle Leerpatronen, die sich öffnen und wieder verschließen lassen und noch lichtdicht sind. Wenn man das alles hat, braucht man noch Zeit, um stumpfsinnig die Meterware in Patronen umzuspulen und mit der Schere die übliche Zunge anzuschneiden. Also mir macht das keinen Spaß.
Interessant scheint Meterware möglicherweise, wenn man sehr günstig an 35mm-Kinofilm wie etwa Filmotec Orwo UN54/N75 oder Eastman Double-X auf 400 oder 1000 ft-Rollen rankommt. Dann braucht man erst mal Wickelkerne für die 100 ft Tageslicht-Umspulgeräte und muss das in absoluter Dunkelheit umfummeln ohne Fingerabdrücke auf dem Film und ohne dass ein Wickel runterfällt und durch die Dunkelkammer kullert.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, den man bei Meterware beachten sollte. Bei jeder Befüllung einer Patrone geht der Film 4x durch die Filzlippen am Patronenmaul, bis er endlich zur Entwicklung in die Spirale eingeschoben wird. Auch kleinste, mit bloßem Auge unsichtbare Staubkörnchen erhöhen kontinuierlich das Risiko, dass die Filme verkratzt werden. Endgültig zweifelhaft sind dann noch Filmlader mit eingebauter Filzlippe, in der sich irgendwann todsicher ein hartes Staubkörnchen festsetzt. Der ohnehin kaum vorhandene finanzielle Vorteil ist dann futsch und man hat wertvolle belichtete Filme für die Tonne.
Natürlich gibt es immer wieder Fälle, in denen die fertig konfektionierten 36er
Kleinbildfilme für den vorgesehenen Zweck nicht optimal sind. Oft möchte man einfach
nur einen teilbelichteten Film möglichst schnell entwickeln, ohne den Rest
komplett zu verschwenden. Für Meterware gibt es folgende naheliegende Alternativen:
a) Wenn man das nicht ständig macht: Den Film ohne Rücksicht auf ungenutzte Restaufnahmen einfach entwickeln.
Dann kann man mit wichtigen Negativen gleich in die Dunkelkammer und muss nicht abwarten, bis der Film voll ist.
b) Einfach die Restbilder auf dem Film als →Testaufnahmen
verknipsen und damit überprüfen, ob die eigenen Prozesse noch das gewünschte Ergebnis bringen.
c) Einen nur teilweise verknipsten Film einfach zurückspulen und eben nur den belichteten Abschnitt entwickeln!
Das geht super-einfach, wie nachfolgend beschrieben.
Entwickeln teilbelichteter Filme
Wenn man nicht gerade ein einfaches EOS-Modell hat, das den Film beginnend bei Bild 36 rückwärts belichtet, empfehle ich folgendes Vorgehen:
• Film nach X Aufnahmen wie gewöhnlich zurückspulen und die Zahl X irgendwo notieren;
(Wenn man eine Kamera hat, die den Film beim motorischen Zurückspulen unweigerlich ganz in die Patrone einzieht, muss man zunächst die Filmzunge mit einem sogenannten Filmrückholer oder Film-Picker wieder herauszaubern. Eine Alternative bei solchen Kameras ist, ohne vorheriges Zurückspulen in der Dunkelkammer die Rückwand zu öffnen und den Film mit der Schere abzuschneiden. Weil das gut ausgeprägten Tastsinn und Feinmotorik erfordert, ist das nicht ohne Risiko für die Verschlusslamellen und die gesamte Kamera.)
• Filmzunge auf 76mm Länge abschneiden und die Ecken abschrägen
(wie man das vor der Entwicklung eben so macht);
• In der Dunkelkammer an Tisch oder Regalbrett eine im Dunkeln tastbare Markierung
für die Filmlänge L anbringen, bei der dann abgeschnitten wird. Es gilt L=(X+3)×38mm.
• Am Rest des Films mit der Schere wieder den üblichen Filmanfang zurechtschneiden.
Dieser Rest ist dann gut für Y weitere Aufnahmen. Es gilt Y=31−X.
Man verliert dabei also eine Filmlänge für insgesamt 5 Aufnahmen. Mit diesem Vorgehen hat man
ausreichend Überlappungsreserve, die alle Toleranzen des Filmtransports abdeckt.
(Zum Nachrechnen: ein 36er-Film ist insgesamt 1600mm lang.)
Muss man Film vor dem Entwickeln vorwässern?
Ganz klar: Nein, man muss nicht! Außer der Hersteller eines gaaanz speziellen Films oder Entwicklers empfiehlt das ausdrücklich. Ausdrückliche Empfehlungen zum Vorwässern gibt es nur für Tanol und Pyro-Entwickler oder für den Bergger Panchro 400. Auch Jobo empfiehlt für die Filmentwicklung in seinen Rotationsprozessoren eine 20°-Vorwässerung. Der Grund dafür ist aber die Angleichung der Dosentemperatur an die Badtemperatur (macht nur Sinn bei Raumtemperaturen, die stark von 20°C abweichen). Alle Anderen raten eher davon ab. Auch Ilford schreibt dazu: “A pre-rinse is not recommended as it can lead to uneven processing”. Ilford versieht seine Filmoberflächen extra mit einer Gleit- und Netzmittelbeschichtung. Diese soll einen möglichst reibungsarmen Filmtransport in der Kamera und später eine möglichst gleichmäßige und schnelle Benetzung durch den Entwickler sicherstellen. Nach einer Vorwässerung hat sich diese Beschichtung natürlich aufgelöst und ist futsch. Nebenwirkungen durch die typische Schaumbildung beim Entwickeln von Ilford-Filmen hatte ich noch nie. Man darf lediglich die Entwicklermenge nicht zu knapp bemessen, d.h. nicht unter der Empfehlung für die verwendete Dose.
Wenn ein Hersteller für sein Produkt eine Sonderbehandlung wie die Vorwässerung empfiehlt, sollte man im Gegenzug außergewöhnlich gute Ergebnisse erwarten können. Weil ich nicht so recht daran glaube, habe ich mir eigene Versuche mit solchem Material bisher erspart. Ansonsten habe ich bei mittlerweile ca. 1000 Filmen noch nie das Gefühl gehabt, eine Vorwässerung wäre gut gewesen.
In Fotolaborforen kommen meist Anfänger immer wieder damit an und empfehlen das auch noch z.B. mit der Begründung, der Film würde den Entwickler dann besser aufnehmen. Das ist Quatsch, chemisch und physikalisch und ehrlich! Oder im alten Schul-Fotolabor hat der Lehrer immer vorgewässert, und man hat das seitdem so beibehalten. Das Entwicklungsergebnis wird mit Vorwässern möglicherweise ein anderes sein. Es wird aber nicht besser, je mehr unnötigen Aufwand man dafür treibt. Mit den genannten Ausnahmen gelten alle mir bekannten Entwicklungszeit- und Filmempfindlichkeitsangaben aus Datenblättern oder diversen anderen Quellen ohne Vorwässerung. Man müsste dafür alles neu eintesten, und das dann immer gleich machen. Nur wozu? Filmentwicklung ist nichts Kreatives, sondern eine eher stupide Tätigkeit. Ein Arbeitsschritt, der keinen Vorteil bringt, ist aus meiner Sicht nur Zeitverschwendung.
Sollte man Film nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums noch verwenden?
Diese Frage kann so pauschal nicht beantwortet werden, es kommt drauf an! Die Überlagerung eines Schwarzweißfilms äußert sich in abnehmender Filmempfindlichkeit, abnehmendem Kontrast und vor allem einem hohen Grauschleier (der ist aber noch das kleinste Übel). Niedrigempfindliche Filme bis etwa ISO-100 sind in dieser Hinsicht gutmütig. Ich hätte keine Bedenken, bei einem solchen Kleinbildfilm auch ohne Kühlschranklagerung noch 1-2 Jahre draufzulegen, ohne dass nennenswerte Qualitätseinbußen sichtbar werden. Bei längerer Überlagerung gilt als Daumenregel, dass ein Film je 10 Jahre um 1 EV mehr Licht braucht. Höchstempfindliche Filme reagieren dagegen ganz anders und müssen immer möglichst frisch verwendet werden. Ein zwei Jahre ungekühlt gelagerter 3200er hatte bei mir einmal gerade noch ISO-400! Alle Aufnahmen waren unterbelichtet und kontrastarm, der komplette Film war unbrauchbar. Bei eigenen Käufen achte ich seitdem darauf, dass sich bei mir keine Lagerbestände ansammeln. Wegen der Unsicherheiten verwende ich solche geschenkten, überlagerten Filme allenfalls zur Überprüfung von Kamerafunktionen oder sie werden gleich entsorgt. Für richtige Fotos ist mir das Risiko zu groß.
Diese Alterungseffekte können durch möglichst kühle Lagerung hinausgezögert werden. Bei vertrauenswürdigen Händlern ist davon auszugehen, dass alle Filme bis zur Auslieferung kühl gelagert wurden. Mit Kurzläufern kann man hier also für kurzfristigen Bedarf durchaus den einen oder anderen Schnäppchenkauf riskieren. Kritischer wird es sicher beim Fotoladen um die Ecke. Bei solchen Notkäufen sollte man einen Blick auf das Haltbarkeitsdatum werfen!
Besonders sensibel sind offensichtlich 120er Rollfilme. Neben den bisher genannten Alterungserscheinungen können hier noch weitere Fehler auftreten: kleine Punkte oder Marmorierungen, sowie eine Übertragung des Rückpapier-Aufdrucks auf den Film. Probleme macht hier wohl nicht der Film selbst, sondern das Rückpapier. Nach Untersuchungen von Ilford konnten diese Probleme überwiegend auf zu warme, zu feuchte oder zu lange Lagerung nach Entnahme aus der geschweißten Folienpackung zurückgeführt werden. Daher sollte man solche Rollfilme möglichst bald nach der Belichtung entwickeln.
Fazit: Bei der heutigen Angebotsvielfalt im Versandhandel gibt es keinen Grund für Hamsterkäufe, und es ist sinnlos, Filme langfristig auf Lager zu legen. Mehr als einen Jahresvorrat würde ich mir keinesfalls mehr zulegen, selbst wenn ein Angebot noch so verlockend erscheint. Das gilt besonders für Rollfilme. Und keine Sorge: Schwarzweißfilm wird es noch länger geben, das ist meine feste Überzeugung.
Wie vermeide ich Trockenflecken auf dem Film?
Bei Filmen kommen ins letzte Wässerungswasser ein paar (d.h. je 250ml 4-5) Tropfen oder etwa 0,5ml Netzmittel. Meine 0,5l-Flasche Netzmittelkonzentrat für 1000 Filme ist quasi eine Lebensdauerpackung für einen Hobbyknipser. Zur Dosierung fülle ich dieses Konzentrat um in ein 30ml-Aponorm-Fläschchen mit Tropfpipette aus der Apotheke.
Ein Film, einfach nass zum Trocknen aufgehängt, wird höchstwahrscheinlich üble Trockenflecken aufweisen, die auf den Kalkgehalt des Wassers zurückzuführen sind. Das Netzmittel sollte die Bildung dieser Trockenflecken verhindern, tut das aber wohl nur bei perfekter und an die Wasserhärte angepasster Dosierung, d.h. äußerst selten. Nimmt man zu viel davon, hat man keine Wasserflecken, sondern Netzmittelflecken. Seltsamerweise habe ich auf der (matten) Schichtseite von Kleinbildfilmen noch niemals irgendwelche Flecken gehabt, nur immer auf der glatten Filmrückseite. Die feuchte Emulsionsseite ist extrem empfindlich, also dort mit Finger oder Filmabstreifer wegbleiben. Bei mir hat sich Folgendes bewährt: Wenn die Kleinbildfilme im Bad zum Trocknen hängen, wische ich mit zusammengefaltetem Küchenpapier oder einem weichen, nicht fusselnden Geschirrtuch 1x mit leichtem, sanftem Druck den Wasserfilm von der Rückseite (nur dort!) ab.
120-er Rollfilme haben keine blanke Fläche des Filmträgers, sondern weisen auch auf der Rückseite eine Gelatine-Beschichtung auf, die wegen des dann symmetrischen Aufbaus das Einrollen verhindert (sogenannte Anti-Curl-Beschichtung). Daher hatte ich bei Mittelformatfilmen auch ohne dieses Abwischen noch nie Trockenflecken.
Im Gegensatz zu Tipps, die man anderswo lesen kann, erfolgt das Netzmittelbad bei mir in der offenen Entwicklungsdose. Am Ende werden Dose und Spiralen selbstverständlich unter fließendem Wasser abgespült. Auswirkungen von Netzmittelresten auf die nächste Filmentwicklung gibt es daher nicht. Wenn es bei der Kipp-Entwicklung dennoch schäumen sollte, dann liegt das bei manchen Filmsorten an einer Gleit- und Netzmittelbeschichtung der Filmoberfläche. Aufgefallen ist mir das vor allem bei Ilford-Filmen. Eine solche Beschichtung sorgt nach Eingießen des Entwicklers für eine sofortige gleichmäßige Benetzung der Filmoberfläche. Wenn man die Dosenfüllmenge nicht zu knapp bemisst, stört dieser Schaum nicht weiter.
Alternative Methoden:
• Kalkfreies Baumarktwasser, das oft als letztes Spülwasser empfohlen wird,
habe ich wegen des Risikos der Schimmelbildung noch nie verwendet.
Ich habe auch einfach keine Lust, ständig Wasser in Kanistern nach Hause zu schleppen!
• Es gibt auch Fotolaborfreunde, die ihre Filme (natürlich noch in der Spirale)
erfolgreich mit einer dafür angeschafften Salatschleuder trocken schleudern.
• Keine Alternative: Sollten Sie im Besitz eines Filmabstreifers sein:
Bitte sofort wegwerfen, bevor mit alten Gummilippen noch mehr Filme verkratzt werden!
• Auch keine Alternative: Geschirrspülmittel statt speziellem Netzmittel.
Alle Spülmittel enthalten Gelbildner, Parfüme und Farbstoffe,
die man nach Verdunsten des Wassers nicht auf dem Film haben möchte. Manche Spülmittel enthalten zusätzlich
rückfettende Substanzen zur Hautpflege oder Eiweiß-lösende Enzyme, die die Gelatine angreifen.
Die paar Tropfen Netzmittel kosten je Film ca. 1,2 ct (so viel wie 0,0015 Liter Bier
in meiner Lieblingskneipe). Daran zu sparen wäre einfach dumm!
Ich habe den XX-Film auf ISO-yy belichtet. Wie lange muss ich entwickeln?
Fotografie auf Film funktioniert so nicht, und diese Frage kann daher kaum sinnvoll beantwortet werden! Man probiert das vorher an einem Testfilm aus, und dann weiß man, ob und wie so etwas geht. Unter anderem kennt man dann die tatsächliche Empfindlichkeit der verwendeten Film-Entwickler-Kombination. Mit anderen Entwicklungszeiten kann die Filmempfindlichkeit nicht nennenswert geändert werden! Man kann höchstens noch einen Entwickler wählen, der die Filmempfindlichkeit mehr (z.B. Microphen) oder weniger (z.B. Perceptol) ausnutzt. Bei Unterbelichtung hat man dann noch die Möglichkeit der verlängerten → Push-Entwicklung, bei der aber infolge des überhöhten Negativkontrastes die Schatten- und Lichterdetails arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Gegenteil im Falle einer Überbelichtung nennt man Pull-Entwicklung. Angaben in Datenblättern oder Tipps von anderen Fotografen sind übrigens nur bedingt übertragbar und dienen allenfalls als Startwert für die eigenen Entwicklungsversuche. Bei der Recherche nach Entwicklungszeitempfehlungen findet man immer wieder digitaltruth. Weil dort alles nur ungeprüft aus Datenblättern zusammengesammelt wurde, ohne genaue Nennung von Kipprhythmus und resultierendem Kontrast (→ gamma-Wert), ist das Ganze schlichtweg unbrauchbar. Die Hersteller-Datenblätter enthalten meist bessere Informationen.
Wenn Ihre Filme schon belichtet sind, kann ich nur noch den Rat geben,
zur Schadensbegrenzung mit einem weiteren Film Testreihen aufzunehmen und das
nachträglich mit einem gezielt ausgewählten → Entwickler
→ einzutesten. Die Filme mit
den wichtigen Aufnahmen kommen erst danach in die Entwicklungsdose.
Sollte es sich nur um eine geringfügige Fehlbelichtung handeln, kann man das getrost vernachlässigen:
½ Blendenstufe Unterbelichtung und mindestens 1 Blendenstufe Überbelichtung vertragen alle
Standardfilme (bei fast allen Motiven) ohne nennenswerte Qualitätseinbußen.
Film A ist okay, aber warum hat Film B immer zu wenig Kontrast?
Einfachste Antwort: Bei Film A bleiben! Das lasse ich hier ausnahmsweise nicht gelten, weil man dann nichts dazulernt.
Andere Antwort: Es wird Zeit, sich mit der fundamentalen Grundlage
der Filmentwicklung zu befassen. Diese lautet: Der Filmkontrast hängt ab
von der Entwicklungszeit, der Entwicklertemperatur, der Agitation
(genauer gesagt: Kipprhythmus) und der Entwicklungsaktivität der verwendeten Chemie.
Man kann jeden für bildmäßige Fotografie geeigneten Film auf einen gewünschten Kontrast bringen,
wenn man diese vier Größen gezielt steuert. Der Kontrast, messbar an der Steilheit
der Dichtekurve oder dem → gamma-Wert nimmt zu, wenn man
a) länger entwickelt,
b) bei höherer Temperatur entwickelt,
c) die Dose öfter oder heftiger kippt,
d) die Entwickleraktivität erhöht.
Punkte a) bis c) sind eigentlich klar, aber was bedeutet d)?
Die Entwickleraktivität ist primär vorgegeben durch die chemische Zusammensetzung
des Entwicklers, die wir nicht ändern wollen. Wir können jedoch die Aktivität beeinflussen,
indem wir den Entwickler mehr oder weniger verdünnen und zum Ausgleich die Zeit anpassen.
Vor allem die Sparfüchse unter den Anfängern neigen dazu, die Stammlösung im Verhältnis
1+2 oder 1+3 für die Verwendung als Einmalentwickler zu verdünnen.
Man muss eine geänderte Verdünnung eigentlich als einen anderen Entwickler auffassen,
da nicht alle chemischen Bestandteile bei Konzentrationsänderung gleichermaßen ihre Wirkung ändern.
Neben der Entwickleraktivität ändern wir dadurch auch andere Eigenschaften des Entwicklers,
wie Schärfe, Feinkörnigkeit und Empfindlichkeitsausnutzung.
Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass je zu entwickelnder Filmmenge eine
Mindestmenge an Stammlösung verwendet wird.
Wieviel man mindestens braucht, sollte im Datenblatt des Entwicklers zu finden sein.
Wenn wir das alles beachtet haben, kann immer noch passieren, dass mit zunehmender
Entwicklungszeit die Aktivität durch Oxidation des Entwicklers spürbar nachlässt.
Dies ist der Fall z.B. bei A49 1+1 oder Rodinal 1+50. Diese Entwickler sind spätestens nach
20 Minuten bei üblicher Temperatur (20°C) und dem üblichen 30s- oder 60s-Kipprhythmus
mausetot. Eine Zeitverlängerung bringt hier gar nichts mehr, auf keinen Fall einen
höheren Kontrast. Die anfangs gemachte Beobachtung, dass Film B immer zu wenig Kontrast hat,
kann also für solche Konstellationen durchaus zutreffen. Der Film ist da natürlich unschuldig.
Zur Abhilfe kann nur empfohlen werden, den Entwickler zu wechseln, indem man ...
… einen ganz anderen Entwickler verwendet (D76 oder Xtol halten z.B. länger durch) oder
… den bisherigen Entwickler mit verkürzter Entwicklungszeit in höherer Konzentration verwendet.
Weil 20-minütiges Dosenkippen nicht besonders prickelnd ist und einem den Spaß
am Hobby eher verdirbt, ist auch deswegen ein kürzerer Entwicklungsprozess anzustreben.
Was versteht man unter dem gamma-Wert eines Films?
In guten Entwicklungszeittabellen sind Zeit und Filmempfindlichkeit bei einem bestimmten Kipprhythmus und einem bestimmten γ-Wert gegeben (γ = kleiner griechischer Buchstabe gamma). Fehlen diese wichtigen Informationen, ist auch die angegebene Entwicklungszeit wertlos.
Die Filmempfindlichkeit wird am Belichtungsmesser eingestellt, da gibt es nicht viel zu erklären. (Oder doch? - Siehe meine Ausführungen zur →Belichtungsmessung und speziell zur →Graukarte.) Der γ-Wert ist eine mindestens genauso wichtige Größe und drückt aus, wie der Film auf unterschiedliche Belichtung reagiert. Man vergleicht dazu die gemessenen Dichteunterschiede ΔD auf dem entwickelten Film mit der Belichtung Δ(logH), die der Film abbekommen hat: γ = ΔD / ΔlogH.
In einem Diagramm aufgetragen ist das die sogenannte Dichtekurve.
Weil der Kontrastumfang des Fotomotivs und damit der Belichtungsumfang des Films in der Praxis sehr groß werden kann,
wird auf der x-Achse ein logarithmischer Maßstab verwendet.
Damit ergibt eine recht starke Belichtung von H=1lxs (Lux×Sekunde) den Skalenwert logH=0.
Ein Belichtungsunterschied von 1→EV
(Faktor 2) entspricht einer linearen Differenz von Δ(logH)= log(2)≈0,3.
Bei dieser Darstellung ergibt sich im Idealfall ein
gerader (linearer) Verlauf im bildwichtigen mittleren Teil der Dichtekurve.
Dieser Zusammenhang ist auch anschaulich, weil der Mensch gewohnt ist, in linearen Maßstäben zu rechnen.
Ein durchschnittlicher Kontrastumfang eines Fotomotivs von 5½ Zeit- oder Blendenstufen
entspricht dann in der Dichtekurve auf der x-Achse einer Differenz von 5,5×0,3=1,65.
Für Interessierte: Die Dichte D wird von Densitometern oder Laborbelichtungsmessern meist direkt angezeigt.
Eigentlich ist auch D ein logarithmischer Wert:
D = log(O) = log(1/T) = −log(T)
mit Opazität O oder Transparenz T
und T = (transmittierter Lichtstrom) / (einfallender Lichtstrom)
Mit diesem γ-Wert wird der Kontrast des Films angegeben, genauer gesagt: die Steilheit der Dichtekurve in deren mittlerem Bereich. Es gibt mehrere unterschiedliche grafische oder mathematische Verfahren, wie diese Kurvensteigung aus einem nicht immer ideal geradlinigen Kurvenverlauf ermittelt wird. In Hersteller-neutralen Veröffentlichungen wird das meist γ-Wert genannt, bei Kodak ist das der Contrast-Index CI, bei Ilford der G-Wert (G‑bar = G mit Querstrich obendrauf), sowie bei Tetenal und Adox dubiose beta-Werte (irgendwann angeblich definiert von Agfa; Tetenal und Adox nennen offensichtliche γ-Werte aber auch beta). Diese Definitionen unterscheiden sich im Wesentlichen darin, wie der Kurvenbereich für die Ermittlung der Steigung ausgewählt wird. Bei vielen Veröffentlichungen und Datenblättern habe ich aber den Eindruck, dass die Autoren diese Definitionen gar nicht so genau kennen. Die Werte für (Original‑) beta und CI berücksichtigen auch den flachen Fußbereich der Kurve und ergeben ähnliche, jedoch immer kleinere Zahlenwerte als gamma. Z.B. entspricht CI=0,56 etwa γ=0,70. Dieser Kontrast wird auch vorausgesetzt bei der Bestimmung der →ISO-Filmempfindlichkeit. Kodaks CI oder Ilfords G können nur kompliziert grafisch ausgewertet werden. Es gibt daher keinen einfachen Umrechnungsfaktor zwischen diesen Werten. In meinen Betrachtungen spreche ich immer vom einfach zu ermittelnden γ-Wert.
Weil bei Negativfilmen für bildmäßige Fotografie der Dichteunterschied auf dem Film kleiner ist als der logarithmische Kontrastumfang des Motivs, ist dieser Wert immer kleiner als 1. Ein γ-Wert von 0,50 bedeutet, der Film hat einen geringen Kontrast (geeignet für kontrastverstärkende Kondensor-Vergrößerer). 0,70 wäre ein hoher Kontrast (für reine Mischbox-Vergrößerer). Von Negativen mit Werten im diesem Bereich lassen sich auf Variokontrastpapier normalerweise ordentliche Abzüge anfertigen.
Wenn der Negativkontrast stark von einem Idealkontrast abweicht, muss man mit extrem weicher oder harter Papiergradation schon ziemlich zaubern, um noch ein brauchbares Bild zu bekommen. Der →Idealkontrast ist abhängig von der Vergrößerbauart, der verwendeten Papiersorte und letztendlich auch vom Motiv. Aufnahmen bei Sonne am Strand sollte man auf ein geringeres γ entwickeln als graue Hauswände bei bedecktem Himmel.
Der ideale gamma-Wert
Man liest überall, dass der Negativkontrast dann ideal sein soll, wenn mit dem verwendeten →Vergrößerer eine gute Vergrößerung mit mittlerer Gradation 2 gelingt. Bei abweichenden Kontrasten kann man dann durch Anpassung der Papiergradation in beide Richtungen ziemlich weit variieren, was im Prinzip richtig ist. Meine langjährige Erfahrung zeigt, dass im Zweifelsfall ein geringfügig höherer Filmkontrast zu besseren Abzügen führt. Die Tonwerte im Negativ sind dann verlustfrei weiter gespreizt und enthalten mehr Details. Diese kann man beim Vergrößern auf →VC-Papier mit Y(ellow)-Filterung problemlos kopieren. Andersrum geht es nicht so gut: In einem weichen, kontrastarmen Negativ sind die Tonwerte zusammengeschoben und enthalten zwangsläufig weniger differenzierbare Details. Was im Negativ nicht drin ist, kann man auch in einem harten Abzug mit M(agenta)-Filterung nicht herausholen. Zusätzlich handelt man sich mit der M-Filterung noch →Unschärfen durch UV-Licht ein.
[In alten Veröffentlichungen wird im Gegensatz zu meinen Erfahrungen genau das Gegenteil empfohlen, z.B. bei Jost Marchesi (1981): Die Ilford-Negativtechnik. Das bezog sich aber auf das Material der 1970er-Jahre, d.h. vergrößert wurde überwiegend mit kontrastreich arbeitenden Kondensor-Vergrößerern auf Papier in festen Gradationsstufen. Da mag das richtig gewesen sein. VC-Papiere in der heutigen Qualität gibt es erst seit 1994.]
Mit fast allen Entwicklern (ausgenommen Monobad- und Zweibad-Entwickler) kann über die Entwicklungszeit der Kontrast bzw. der γ-Wert eines SW-Filmes in weiten Grenzen gesteuert werden. Längere Entwicklungszeiten führen zu einem größeren Negativkontrast. Die echte Filmempfindlichkeit, erkennbar an der Detailzeichnung in den Schattenzonen, erhöht sich dabei nur geringfügig. Die in vielen Hersteller-Datenblättern genannten extremen Empfindlichkeitszunahmen durch längere Entwicklung beziehen sich leider nicht auf die Schattenzeichnung, sondern auf die Dichte der Mitteltöne. Da wird also ordentlich gemogelt, siehe → „Der Pushpfusch“.
Wie wird der gamma-Wert im Hobbylabor ermittelt?
Leider kann man die Größe dieses γ-Werts nicht ohne Weiteres einem Negativ ansehen. Der visuell wahrgenommene Kontrasteindruck wird vor allem durch die Dichte des Filmträgers verfälscht. Filme auf klarem Träger erscheinen immer flau und kontrastarm, auch wenn sie perfekte Vergrößerungen ergeben. Für Aussagen zum gamma-Wert hilft daher nur eine systematische Versuchsreihe. Dazu muss man Testaufnahmen von einer einheitlich hellen Fläche machen (Blatt Papier, weiße Wand). Ich erspare mir hier weitere Erklärungen und verweise stattdessen auf meine Ausführungen zu diesem Thema. Wenn man damit mal anfängt, ist man ohnehin schon mittendrin beim →Eintesten von SW-Filmen.
Warum soll ich meinen SW-Film eintesten?
Beim Stöbern in den einschlägigen Foren stößt man immer wieder auf den Klassiker der Anfänger-Fragen, wie lange man einen bestimmten Film mit einem bestimmten Entwickler optimal zu entwickeln habe. Davon halte ich gar nichts, weil diese wohlgemeinten Tipps oft widersprüchlich sind und nur zur Verwirrung von Anfängern beitragen. Solche Empfehlungen Anderer sind allenfalls als Startwerte für eigene Versuche zu sehen. Genauso gut kann man auch die Herstellerempfehlungen auf dem Beipackzettel des Entwicklers für den ersten Versuch heranziehen. Es gibt da einfach zu viele Einflussgrößen, die sich nicht exakt definieren lassen, z.B. örtliche Wasserqualität, Genauigkeit des →Thermometers und des →Belichtungsmessers, →Kipp-Rhythmus und -Geschwindigkeit, Bauweise des →Vergrößerers, u.s.w. Oder jemand zeigt enttäuscht seine misslungenen Aufnahmen und möchte wissen, ob und wie die jetzt falsch belichtet oder falsch entwickelt wurden. Dabei ist die Antwort ganz einfach: Vorher ausprobieren, und wenn man dabei nach einem bestimmten System vorgeht, nennt man das „eintesten“! Um ein Eintesten der eigenen Film-Entwickler-Kombination kommt man also NIE herum.
Die Vorgehensweise ist unter Fotografen umstritten. Manche behaupten, dass sie ihre Filme grundsätzlich nur nach Herstellerempfehlungen entwickeln, noch nie Probleme damit hatten, und daher die Eintesterei für sinnlos halten. Ich behaupte, die hatten bisher einfach nur Glück - oder sie geben sich damit zufrieden, dass überhaupt irgendwas auf dem Foto drauf ist und das Motiv wiedererkannt werden kann. Weit verbreitet ist heute auch eine hybride Arbeitsweise, bei der nur noch der Film altmodisch analog ist, dann wird gescannt und digital weitergearbeitet. Dichtekurven und Kontraste kann man in der Bildverarbeitung in deutlich weiteren Grenzen zurechtschieben als dies bei rein analoger Vergrößerung in der Dunkelkammer möglich ist. Das ist aber ein anderes Thema, auf das ich hier nicht eingehen möchte. Bei reinrassiger analoger Fotografie sollte man wissen, dass der Negativkontrast an die Bauart des →Vergrößerers und an die verwendete Fotopapier-Sorte angepasst werden muss. Die Hersteller-Datenblätter geben meist einen Kompromiss an. Die Dunkelkammerarbeit gelingt natürlich viel besser, wenn man seine Verfahrenskette für die individuelle Ausstattung optimiert. Bei der endgültigen Bildqualität sollte man sich nicht mit ständigen Kompromissen zufriedengeben.
Viele alte Hasen tasten sich bei einer neuen und noch unbekannten Film-Entwickler-Kombination dank jahrelanger Erfahrung von Film zu Film gefühlsmäßig an ihr Optimum heran. Dabei hat man aber das unvermeidliche Risiko, dass die ersten 2-3 Filme noch nicht optimal gelingen und im schlimmsten Fall vermurkst sind. Weil diese alten Hasen ihr erprobtes Material nicht ständig wechseln, ist das ein bewährtes Eintest-Verfahren ohne technischen Schnickschnack. Das geht so:
- Wenn man beim Vergrößern überwiegend Gradation 0-1-2 verwendet, Entwicklungszeit auf 80% verkürzen.
- Wenn man beim Vergrößern überwiegend Gradation 2-3-4 verwendet, Entwicklungszeit auf 120% verlängern.
- Wenn die Schatten im Film keine Konturen zeigen, ISO-Empfindlichkeit des Films halbieren.
- Wenn die Schatten okay sind, aber das Papier sehr lange Belichtungszeiten braucht, Filmempfindlichkeit in kleinen Schritten erhöhen.
Dann gibt es noch die Anhänger der Densitometer-Fraktion, die grundsätzlich zuerst testen und dann erst fotografieren, und von den anderen oft mitleidig belächelt werden. Ich gebe zu, dass ich mich zu dieser letztgenannten Gruppe zähle, weil es nach meiner Überzeugung der schnellste Weg zu technisch perfekten Negativen ist.
Das Eintesten kann mit wenig Aufwand erledigt werden und es ist ein einmaliger Vorgang, den man nicht ständig wiederholen muss. Aber nur dadurch habe ich die Gewissheit, dass jeder Film optimal aus der Entwicklungsdose kommt. Weil man danach verstanden hat, wie Schwarzweißfilm funktioniert, ist auch dieser Lerneffekt nicht zu unterschätzen. Um die Prozesse zwischendurch gelegentlich zu überprüfen, habe ich immer wieder mal einen KB-Film mit noch 6 oder 12 Restbildern in der Kamera. Damit ich den endlich entwickeln kann, verknipse ich den mit einer Reihe Testaufnahmen zur →gamma-Kontrolle. Einen systematischen Filmtest mit unbekanntem Material mache ich selbst nur noch alle paar Jahre, wenn ich das Bedürfnis habe, mal wieder einen Film oder Entwickler auszuprobieren - und danach lande ich reumütig wieder bei meinen altbewährten Materialien. Meine Erfahrungen beim Eintesten habe ich in einer hoffentlich leicht verständlichen Beschreibung zusammengefasst, und dazu braucht man nicht unbedingt ein Profi-Densitometer, siehe →„Densitometrisches Eintesten von SW-Filmen“.
Dass man nicht nur seinen Film, sondern für die Arbeit mit einem →Laborbelichtungsmesser auch sein →Fotopapier eintesten sollte, steht weiter unten.
Was ist eigentlich das „Zonensystem“?
Das Zonensystem wurde Ende der 1930er Jahre von dem amerikanischen Landschaftsfotografen Ansel Adams entwickelt und dann 1948 in seinem Buch “The Negative” beschrieben. Die verfügbaren Materialien waren zu dieser Zeit natürlich nicht mit den heute erhältlichen vergleichbar. Die Filme hatten eine ausgeprägt S-förmige Kennlinie mit knappem Belichtungsspielraum und für die Vergrößerung im Labor hatte man nicht die Bandbreite an Papiergradationen, die heute selbstverständlich ist. Für ein richtig gutes Foto war eine äußerst exakte Belichtung notwendig, kombiniert mit einer exakten Entwicklung. Unabhängig vom Kontrast der aufgenommenen Szene musste der Grauwertumfang des Negativs perfekt zum Kopierumfang des verfügbaren Fotopapiers passen. Der ehrenwerte Herr Adams musste also mit seiner schweren Großformat-Studiokamera und seinen Materialien eine ganze Weile herumexperimentieren, hat dann in seinem Buch aufgeschrieben, wie so etwas geht, und diese systematische Kontraststeuerung das „Zonensystem“ genannt.
Bevor Sie jetzt weiterlesen und in dieses Thema einsteigen wollen: Man braucht bei den heute verfügbaren Film- und Papierqualitäten dieses Zonensystem eigentlich nicht mehr. Aber jeder fortgeschrittene Fotograf sollte es trotzdem kennen, weil vor allem Begriffe rund um die Belichtungsmessung damit kurz und prägnant beschrieben werden können. Daher beziehe auch ich mich an vielen Stellen dieser Foto-Seiten auf diese von Adams definierten Zonen.
Adams hat die Graustufen eines Schwarzweißabzugs zwischen Tiefschwarz und Papierweiß mit römischen Ziffern in Zonen von 0 bis X eingeteilt. Zone I unterscheidet sich gerade von Tiefschwarz, d.h. man kann Konturen bei Betrachtung in hellem Licht nur leicht angedeutet erkennen. Zone II enthält die erste gut erkennbare Schattenzeichnung. Eine Belichtung nach Belichtungsmesser ergibt das mittlere Grau der Zone V. Zone VIII ist ein helles Grau mit noch deutlichen Abstufungen, und Zone IX ist fast weiß und fast ohne Zeichnung.
0 | I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | X |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0 | I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | X |
6 Blendenstufen Kontrastumfang |
Nach diesem System sind die Graustufen von Zone II bis Zone VIII optimal nutzbar. Darunter spricht man von abgesoffenen Schatten, darüber von ausgefressenen Lichtern.
Tipp: Wenn Ihr Monitor richtig eingestellt ist, sollten Sie in den Zonenfeldern I und IX gerade noch andeutungsweise eine schwarze bzw. weiße Zonen-Nummer lesen können (funktioniert nicht in der pdf-Version). Die Ziffern II und VIII sollten bereits deutlich lesbar sein.
Grundsätzlich gilt: Das Zonensystem in seiner ursprünglichen Anwendung ging davon aus, dass man alle Negative auf Papier ein und derselben mittleren Gradation kopiert, eben weil es in den 1930ern nicht die heute übliche Gradationsauswahl zwischen weich und hart gab!
Bei sogenannter Normal- oder N‑Entwicklung des Films und Abzug auf Papier mittlerer Gradation entsprechen diese Zonen II-VIII einem Kontrastumfang des Motivs von 6 →EV (bzw. 6 Blendenstufen). Bei höherem Motivkontrast muss man durch angepasste Entwicklung die Negativkontraste auf einen geringeren →gamma-Wert zusammenquetschen (N−1 bei 7 Stufen Kontrastumfang), bei geringerem Motivkontrast auseinanderziehen (N+1 bei 5 Stufen Kontrastumfang des Motivs). Das heißt, Belichtung und Entwicklung jeder einzelnen Aufnahme sollte für eine optimale Vergrößerung angepasst werden an den vorhandenen →Kontrastumfang des Motivs. Das ist natürlich nur mit Spot-Belichtungsmesser, Planfilm und Großformatkamera möglich. Leider gibt es keine allgemein gültigen Faktoren, mit denen man eine bewährte Zeit für eine N-Entwicklung auf N−1 oder N+1 umrechnen kann. Jeder Entwickler und jeder Film reagiert etwas anders. Als Basis für eigene Versuche gilt für N−1 ca. 20% weniger Zeit, für N+1 20-25% mehr Zeit oder alternativ eine Temperaturerhöhung um 2°.
Ich spare mir jetzt hier weitere Details dazu. Neben den Original-Büchern von A.Adams, die eine gut sortierte öffentliche Bibliothek haben sollte, gibt es auch im Internet ’zig Beschreibungen. Mein Tipp wäre eine kurze Erklärung (pdf) von Harald Furche aus dem alten Schwarzweiss-Magazin, oder eine deutlich ausführlichere Abhandlung von W.Munter: „Einführung in das Zonensystem“ (ein derzeit leider vergriffener Sonderdruck der Firma Gossen, auch erschienen in der Zeitschrift „international photo technik“, Ausgaben 3/81 und 2/82).
Moderne Filme (nicht nur die →Flachkristaller), verarbeitet in modernen Entwicklern, sind seit Adams’ Zeiten sehr viel toleranter geworden und haben meist eine ausreichend lange lineare Kennlinie. Dank Gradationswandelpapier haben wir aus einer Schachtel alle Gradationen von 00 bis 5 stufenlos. Eigentlich ist die analoge Fotografie aufgrund Ihrer Fehlertoleranz das ideale Anfänger-Medium. Das war damals noch ganz anders. Anfänger und Amateure haben die technischen Unzulänglichkeiten versteckt, weil sie nur Kontakte vom 6×9-Negativ gemacht haben. Ein damaliges Negativ richtig vergrößerungsfähig zu bekommen, war eine handwerkliche Herausforderung.
Heute kann das jeder schaffen! Dazu habe ich folgende Empfehlungen:
Typische Fotopapier-Daten entnehme ich hier dem Datenblatt von Ilford Multigrade V RC.
Andere Papiere haben eine vergleichbare Gradationsspreizung.
Den Film entwickle ich immer so, wie es sich durch →Eintesten
ergeben hat, d.h. nutzbare Schattenzeichnung ab Zone II und Gradation ca. 2 bei normalem Motivkontrast.
Dann sollten gute Abzüge mit folgenden Einstellungen gelingen.
- Motivkontrast 4 Blendenstufen: Papiergradation 4
- Motivkontrast 5 Blendenstufen: Papiergradation 2,75
- Motivkontrast 6 Blendenstufen: Papiergradation 2
- Motivkontrast 7 Blendenstufen: ½ Blende überbelichten, Papiergradation 1,25
- Motivkontrast 8 Blendenstufen: 1 Blende überbelichten, Papiergradation 0,5
Die genannten Überbelichtungen gelten relativ zu einer üblichen integralen Belichtungsmessung oder auch einer Lichtmessung mit Handbelichtungsmesser. Besser wäre natürlich eine Spotmessung auf die bildwichtigen Schatten, die man dann in Zone II legt. Handwerkliche Probleme kann es im Fotolabor allenfalls noch bei Vergrößerung auf die harten Gradationen 4-5 geben, weil man hier Belichtungsunterschiede von 1/12 Blendenstufe im direkten Vergleich der Lichter deutlich erkennt. Man muss also mit dem perfekt kalibrierten Laborbelichtungsmesser genau messen, oder Probestreifen in sehr kleinen Belichtungsschritten machen. Weiche Gradationen sind hier gutmütiger, so dass ich(!) eher Gradation 1,5 als normal ansehe. Es gibt auch noch andere Gründe, warum ich den →idealen gamma-Wert etwas höher wähle und lieber im Y-Bereich der Farbfilterung arbeite.
Die Wundermittel, mit denen die alten Handwerker den Kontrast gesteuert haben, funktionieren immer noch, egal ob mit modernem oder altmodischem Material. Es ist sogar äußerst lehrreich, das auch mal alles selbst auszuprobieren. Jeder fortgeschrittene Schwarzweiß-Fotograf sollte das Zonensystem verstanden haben. Die seit Ansel Adams geltende Regel „Belichte auf die Schatten - entwickle auf die Lichter“ ist zwar nicht falsch, man sollte sich aber nicht allzu sklavisch an perfekter Schattenzeichnung orientieren. Der mit dem ersten Blick auf ein Foto erfasste Bildinhalt ist meistens auf das beschränkt, was in den Lichtern dargestellt ist.
Die konkreten Empfehlungen von St.Ansel gelten für das fotografische Material der 30er-Jahre. Ich behaupte daher: Wenn man mit dem heute verfügbaren Qualitätsmaterial noch darauf angewiesen ist, mit Zonensystem und/oder →Vorbelichtung tief in die Trickkiste zu greifen, wird nach meiner eigenen Erfahrung auch kein besseres Bild daraus entstehen. Ausnahmen bestätigen diese Regel, siehe das nachfolgende Kapitel.
Ich behaupte aber auch: nicht alle Hobbyfotografen sind begnadete Fotokünstler.
Viele sind - wie auch ich - schlicht begeistert von dieser Technik
und der Arbeit in ihrem Schwarzweiß-Labor. Auch wenn ich persönlich nichts davon halte,
kann unter diesem Blickwinkel die praktische Anwendung des Zonensystems
sogar heute noch angebracht sein.
Davon abgesehen: Diese individuelle Optimierung jeder einzelnen Aufnahme ist
natürlich nur sinnvoll bei Planfilm in Großformatkameras.
Und wer vor diesem Aufwand nicht zurückschreckt, für den ist
dann auch die konsequente Anwendung des Zonensystems inklusive
Spotbelichtungsmessung nicht mehr ganz so abwegig.
Was bewirkt eine Vorbelichtung des Films?
Wer mit Roll- oder Kleinbildfilm alle Aufnahmen auf einem Film gemeinsam entwickeln muss, kann das →Zonensystem in seiner strengen Anwendung ohnehin vergessen. Damit ist die Fotografie im Grenzbereich sehr hoher oder niedriger Kontraste ein ständiger Kompromiss. Falls der Motivkontrast zu gering ist, habe ich leider keinen Tipp, außer den gesamten Film länger und kontrastreicher zu entwickeln. Wenn aber der Kontrast eines unwiderstehlichen Motivs für den Film und die dafür vorgesehene Entwicklung zu hoch ist, kann man mit Vorbelichtung einzelne Aufnahmen gezielt weicher bekommen. Typische, sehr kontrastreiche Szenen sind Schneelandschaften oder Strand in greller Sonne und auch so gut wie alle Nachtaufnahmen.
Wer seinen Film eingetestet hat, weiß, wie viel Licht für eine gerade erkennbare minimale Graustufe erforderlich ist (Zone I). Mit dieser Belichtung muss eine diffuse Vorbelichtung erfolgen. Diffus heißt: ohne Konturen, mit möglichst offener Blende und unscharfem Fokus einfach auf den blauen Himmel oder eine andere einheitlich helle Fläche zielen, Belichtung messen und den Film, der später wie gewohnt auf normalen Kontrast entwickelt werden soll, jetzt mit 4 Stufen (bzw. Zonen) Unterbelichtung vorbelichten. Anschließend wird das gewünschte Motiv wie gewohnt auf das gleiche Negativ aufgenommen, d.h. wir machen eine Doppelbelichtung! Ob diese Vorbelichtung vor oder nach der eigentlichen Aufnahme erfolgt, ist egal.
Was soll das jetzt?
Für eine normale Belichtung gilt bei konstant gehaltener Blende zum Beispiel
der nachfolgend dargestellte Zusammenhang zwischen Zone und Belichtungszeit.
Zone V (im Beispiel dieser Tabelle bei 1/60 = 0,017 s) entspricht hierbei einer Belichtung nach
Anzeige des Belichtungsmessers (integrale Objektmessung oder besser Lichtmessung).
Die unteren zwei Zeilen der Tabelle gelten für eine Vorbelichtung von 1/1000 s,
d.h. mit einer der Zone I entsprechenden Lichtmenge.
Zone | I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bel.-zeit t in s (Beli: 1/60s) |
1/1000= 0,001s |
1/500= 0,002s |
1/250= 0,004s |
1/125= 0,008s |
1/60≈ 0,016s |
1/30≈ 0,031s |
1/15≈ 0,063 |
1/8= 0,125s |
1/4= 0,250s |
logarithm. Bel. Δ log(t) |
0 | 0,30 | 0,60 | 0,90 | 1,20 | 1,50 | 1,80 | 2,10 | 2,40 |
Vorbel. 1/1000s + Belichtg. lt. Beli |
0,002s | 0,003s | 0,005s | 0,009s | 0,017s | 0,032s | 0,064s | 0,126s | 0,251s |
Δ log(t) mit Vorbel. 0,001s |
0,30 | 0,48 | 0,70 | 0,95 | 1,23 | 1,53 | 1,81 | 2,10 | 2,40 |
Anmerkung: Es ist von Vorteil, bei Filmbelichtung logarithmisch zu denken. Die Auswirkung der Vorbelichtung erkennt man daher besonders gut bei Vergleich der beiden Tabellenzeilen mit den logarithmischen Werten. 1 Zone bzw. 1 Belichtungsstufe in obiger Tabelle entspricht dem Faktor 2 und log(2)=0,3.
Bei einer Vorbelichtung mit einer der Zone I entsprechenden Lichtmenge erhält JEDE Zone dieses Licht zusätzlich. Zone I erhält die doppelte Belichtung, wird also überbelichtet und damit auf Stufe II angehoben. Die Dichtekurve des Films wird im Bereich der Schatten also nach oben gebogen, und dadurch wird die Schattenzeichnung sichtbar verbessert. Ohne Vorbelichtung wären diese Schatten „abgesoffen“. Zone V in meinem Beispiel mit nominell 1/60 ≈ 0,016s erhält zusätzlich ebenfalls 0,001s mehr, was vernachlässigbar ist. Diese Differenz ist wahrscheinlich geringer als die Wiederholgenauigkeit des Verschlusses. Das gilt erst recht für die noch längeren Zeiten. Die Mitteltöne und Lichter bleiben trotz Vorbelichtung also unverändert erhalten.
Der Film wirkt durch diesen Trick insgesamt weicher. Der verringerte Gesamtkontrast erleichtert in folgenden Fällen hoffentlich eine gute Vergrößerung:
- Bei Bildern mit extremen Lichtern kann man jetzt um eine Stufe unterbelichten und möglicherweise die Lichter noch retten, ohne dass die Schatten absaufen. Der Film verhält sich so, als hätte er eine erhöhte Empfindlichkeit und das ohne Push-Entwicklung. Adox nennt das bei seinem HR-50 dann folgerichtig auch “Speed Boost”. Da sich dahinter ein hart arbeitender Dokumentenfilm verbirgt, kann dieser die erhöhte Empfindlichkeit und den weicheren Kontrast dringend gebrauchen.
- Bei Filmen, die gepusht werden sollen, kann man noch ein wenig Schattendetails herauskitzeln. Überstrahlte Lichter sind damit nicht zu retten.
Falls eine solche Vorbelichtung noch nicht ausreicht, hohe Kontraste zu bändigen, bleibt nur die Möglichkeit, mit angepasster Entwicklung die Dichtekurve flach zu biegen: entweder durch „Pullen“ oder mit Hilfe eines →Ausgleichsentwicklers, der nur die Lichterzonen nach unten holt. Dieser Einfluss der Entwicklung wirkt sich natürlich auf den gesamten Film aus und nicht nur auf einzelne Aufnahmen.
Was man für eine solche Vorbelichtung zwingend braucht, ist eine Kamera, die Doppelbelichtungen zulässt und den Filmtransport vom Aufziehen des Verschlusses trennt. Bei den alten Canons ist das nur bei der EF, A1 oder T90 vorgesehen, meine EOS-Gehäuse beherrschen das alle. Und nicht zu vergessen: die alte Rolleiflex kann das auch. Bei vielen anderen Kleinbildkameras ohne motorischen Filmtransport kann man sich so behelfen:
- den losen Filmwickel in der Patrone mit der Rückspulkurbel leicht spannen;
- a) Kurbel festhalten, b) Rückspulentriegelung drücken und gedrückt halten, c) Verschluss spannen - und das alles gleichzeitig: eine leicht artistische Übung mit am besten drei Händen;
- Doppelbelichtung machen;
- Wenn der Rückspulknopf beim nächsten Filmtransport wieder zurückspringt, wird wahrscheinlich keine volle Bildlänge weitertransportiert, sondern vielleicht nur 2/3. Diese Aufnahme daher „leer“ belichten. Beim nächsten Filmtransport stimmt dann wieder alles, außer das Zählwerk.
Bei moderneren Gehäusen mit motorischem Filmtransport kann man sich wie folgt behelfen: Filmanfangsposition vor dem Schließen des Rückdeckels mit Folienstift markieren und den gesamten Film mit genau dieser Anfangsposition ein zweites Mal durchziehen. Diese Methode ist lediglich dann nicht ganz einfach, wenn die Kamera beim Zurückspulen den Filmanfang ganz in die Patrone einzieht. Hier hilft ein sogenannter „Filmrückholer“ oder „Film-Picker“, mit dem man bei Tageslicht die Filmlasche wieder herauszaubern kann.
Bevor ich selbst mit Vorbelichtung herumspiele, genügt es fast immer, mit Hilfe von Spotmessung auf die Schatten zu belichten (die kommen um drei Blenden unterbelichtet in Zone II) und später weich abzuziehen. Der Überbelichtungsspielraum moderner Filme und der Kopierumfang moderner Gradationswandelpapiere lassen hier einiges zu.
Wie funktioniert „Pushen“? - oder „Der Pushpfusch“
„Pushen“ bedeutet, aus einem Film eine höhere Filmempfindlichkeit herauszuholen, als er eigentlich hat. Dazu wird der Film zunächst bewusst unterbelichtet, und durch eine angepasste Entwicklung soll das dann wieder ausgeglichen werden. In den Beipackzetteln mancher Filme oder Entwickler ist ja auch beschrieben, wie man durch Verlängern der Entwicklungszeit locker eine vierfache Empfindlichkeit herausholen kann. Mal ehrlich, jeder hätte doch gerne ein paar PS mehr unter der Haube, und das ohne Aufpreis! Vor allem Anfänger achten allzu sehr auf hohe Filmempfindlichkeit und sind der Meinung, viel hilft viel. Leider ist das blanker Unfug, der durch Protz-Marketing mancher Film- und Entwicklerhersteller auch noch gefördert wird!
Jede übliche Film-Entwickler-Kombination hat eine bestimmte typische Filmempfindlichkeit, und eine verlängerte Entwicklung kann nicht viel daran ändern. Diese Empfindlichkeit eines Schwarzweißfilms ist frei nach ISO-Norm ungefähr so definiert, dass bei Entwicklung auf einen Kontrast von →gamma=0,70 (gemessen mit Transmissions-Densitometer nach ISO 5-2 im linearen Bereich der Kurve) die um 4 Blendenstufen unterbelichteten Schattenzonen im Negativ zwar schon eine geringe Dichte aufweisen, sich aber kaum vom meist graublau gefärbten Filmträger abheben. Sie sind kontrastarm und ohne Details (Empfindlichkeitspunkt der Dichtekurve bei D=0,1). Negativstellen mit 3 Blendenstufen Unterbelichtung sollten dann bereits Details mit sauberer Tonwerttrennung aufweisen (für die Spezialisten mit Densitometer: mindestens D=0,2). Diese so ermittelte Filmempfindlichkeit ist häufig niedriger als die vom Hersteller angegebene Nenn-Empfindlichkeit.
Die Filmempfindlichkeit nach DIN ISO 6 ist in den Details etwas anders definiert; die exakte Einhaltung aller dort beschriebenen Schritte ist im Heimlabor aber kaum möglich. Die in ISO 6 verlangte Nennung aller Verfahrensparameter wird in den Datenblättern so gut wie immer weggelassen. Daher ist die bloße Angabe einer ISO-Empfindlichkeit genau genommen wertlos und eigentlich auch nicht so wichtig. Für den SW-Fotografen ist dagegen wichtig, die wahre Empfindlichkeit unter seinen individuellen Entwicklungsparametern zu kennen. Daher sollte man diese Parameter auch nicht ständig ändern, sondern nach einem →Eintesten als persönlichen Standard festschreiben. Geänderte Parameter (z.B. anderer Entwickler, anderer Kipprhythmus) können eine andere Empfindlichkeit ergeben.
So, jetzt endlich zum Pushen:
Natürlich kann man eine höhere ISO-Zahl einstellen und den Film bewusst unterbelichten.
Bei Standardentwicklung wird ein mittlerer Grauton (z.B. Hautfarbe) dann auf dem unterbelichteten Negativ zu hell,
und in den Schatten ist gar keine Zeichnung mehr vorhanden.
Das muss jetzt durch Pushen, d.h. durch verlängerte Entwicklung ausgeglichen werden.
Dafür verwendet man natürlich auch Entwickler, welche die Filmempfindlichkeit gut ausnutzen.
Also in diesem Fall Finger weg von Feinkorn- und Schärfe-optimierten Entwicklern!
Es ist nun leider eine Tatsache, dass jeder Film eine Mindestlichtmenge
braucht, damit überhaupt latente Silberkeime entstehen. Da kann man entwickeln, wie man will:
bei Unterbelichtung kommt in den Schatten nichts. Nur dort, wo schon eine Mindestbelichtung erfolgt ist,
kann durch stärkere Entwicklung die Filmschwärzung erhöht werden. Der auf dem Negativ
zu helle Hautton erreicht dann wieder eine mittlere Dichte, und man kann von einem solchen
Negativ zumindest die bildwichtigen Mitteltöne wieder auf’s Papier bringen. Leider wirkt
eine verlängerte Entwicklung auch auf die Lichterpartien, die dann im Negativ viel zu dicht werden
und auf dem Abzug rein weiß kommen. D.h. Schatten sind ohne Zeichnung tiefschwarz, die Lichter
sind ohne Zeichnung rein weiß, nur die Mitteltöne passen einigermaßen. Auch ein Abzug
mit weicher Gradation kann hier nicht retten, was auf dem Negativ einfach nicht drauf ist.
Ein “fineprint” wird das so nie! Das Ganze ist ein Notbehelf, wenn man vor der Wahl steht,
entweder ein gepushtes, extrem kontrastreiches Negativ zu erhalten - oder gar keines.
Wie so etwas in einer densitometrischen Dichtekurve aussieht, habe ich versucht,
in folgendem Bild darzustellen.
Die durchgezogene Linie 1 zeigt die typische Dichtekurve eines normal belichteten und entwickelten Negativs.
Der Belichtungsumfang, erkennbar am weitgehend geradlinigen Teil der Kurve,
beträgt in diesem Beispiel 8 Blendenstufen (-3…+5).
Durch Unterbelichtung (hier um 2 Blendenstufen) wird diese Dichtekurve nach
rechts verschoben (Linie 2) und das ganze Negativ wird dadurch recht dünn.
Durch verlängerte Pushentwicklung wird die Kurve steiler und die Mitteltöne werden wieder auf das
ideale Niveau angehoben (Linie 3). Allerdings wird der Negativkontrast größer und der Belichtungsspielraum kleiner,
ablesbar am weitgehend geraden mittleren Teil der Dichtekurve, der hier nur noch etwa 4,5 Blendenstufen umfasst (-1,5…+3).
Pushen bewirkt im Prinzip also keine Empfindlichkeitssteigerung, sondern eine Kontraststeigerung.
Wenn man will, kann man das als Gestaltungsmittel einsetzen. Nur leider setzen
viele Anfänger das Pushen dann ein, wenn sie wegen wenig Licht gerne eine höhere
Empfindlichkeit hätten. Genau dann hat man aber oft eine Situation mit extremen
→Motivkontrasten,
wie z.B. bei Nacht- oder Bühnenaufnahmen. Diese Kontraste werden durch Pushen noch
verstärkt, und das kann nicht immer gut gehen. Für ein technisch perfektes Bild müsste man
den Film bei solchen Motiven „pullen“, d.h. mit reduzierter Filmempfindlichkeit überbelichten und
dann mit verkürzter Entwicklungszeit auf einen idealen Kontrast bringen,
bei dem problemlose Vergrößerungen gelingen. Da technische Perfektion natürlich
nicht das alleinige Merkmal für ein gutes Foto ist, hat eine bewusst angewandte Push-Entwicklung
durchaus ihre Berechtigung in den Grenzbereichen der analogen Fotografie bei wenig Licht.
Wenn man als Ziel ein technisch perfektes Bild hat, ist Pushen ein hervorragendes Verfahren für Fotos bei geringem Motivkontrast, genauso wie Pullen für sehr hohen Motivkontrast. Die anzupassende Filmempfindlichkeit ist hierbei ein lästiger Nebeneffekt, der natürlich auch beachtet werden muss. Noch einmal zur Wiederholung: Pushen und Pullen sind in Wirklichkeit gezielt angewandte Kontraststeuerungen! Wer diese Verfahren nur zur Manipulation der Filmempfindlichkeit einsetzt, muss dann eben mit den Schwierigkeiten eines völlig danebenliegenden Negativkontrasts sehen, wie er zurechtkommt.
So nebenbei ist jetzt auch die immer wieder gestellte Frage beantwortet, was besser ist: einen feinkörnigen 100er Film um 2 Stufen zu pushen oder gleich einen 400er zu nehmen. Ich ziehe da auf jeden Fall den 400er vor, da mich ein wenig mehr Korn selten stört. Dafür erspare ich mir den Laborfrust, von einem extrem kontrastreichen gepushten Negativ einen halbwegs brauchbaren Abzug zu machen. Bei der Entscheidung 400er oder 1600-3200er tendiere ich dagegen zum mäßig gepushten 400er. Der Grund dafür ist ganz einfach: Empfindlichkeiten ab ISO-800 brauche ich so selten, dass ich für diese Ausnahmen keinen Spezialfilm auf Lager legen möchte. Und ich behaupte jetzt mal ganz provokant: ISO-3200 oder noch mehr braucht sowieso kaum einer. Wo kein Licht ist, gibt’s auch nichts zu knipsen! Daher sind für mich aufwändige Spezialbehandlungen in Zweibad-Entwicklern nicht relevant, bei denen aus einem 400er angeblich bis zu 12500(!) ISO herausgeholt werden können. Das sind zweifellos interessante Experimente, als Nachtsichtgerät sind aktuelle Digitalkameras jedoch besser geeignet.
Welches Fotopapier ist zu empfehlen?
Gleich mal vorweg: Meine persönlichen Erfahrungen beschränken sich auf Ilford Multigrade und Adox MCP. Letzteres wurde leider wieder eingestellt, angeblich wegen nicht mehr verfügbarer Rohstoffe, siehe diesen Beitrag #9 im Photrio-Forum. Neben Harman Technology (mit den Marken Ilford und Kentmere) gibt es noch Foma (Tschechien), sowie hier schwer erhältliche Ware von Oriental New Seagull (aus Japan, aber wieder von Harman produziert?) oder fest graduierte Papiere von Slavich (Russland). Mehr kenne ich nicht. In Europa scheint es demnach leider nur noch zwei Hersteller zu geben. Händler, die unter eigenem Namen vermarkten wie z.B. Adox, Bergger aus Frankreich oder Fotospeed aus England sind wohl Kunden bei Harman, deren Beschichtungsanlagen auch im Fremdauftrag laufen. Wann die seit 2011 stillstehende Ilford/Cibachrome-Beschichtungsmaschine im schweizerischen Marly die Serienproduktion von Adox-Papieren aufnehmen wird, ist noch offen. Geplant war mal 2020.
Was man so hört oder liest, scheint es hierzulande kaum schlechte Papiere zu geben. Daher spielt die Marke zunächst eine untergeordnete Rolle. Man muss sich lediglich zwischen unterschiedlichen Technologien entscheiden.
Baryt- oder PE-Papier?
Qualitätsfetischisten schwören auf Baryt-Papiere wegen der optimalen Archivfestigkeit
und der angeblich größeren Brillanz. Der Nachteil von Baryt-Papieren liegt in der
mühsameren Verarbeitung. Wie das geht, hat z.B.
Otto Beyer
beschrieben. Aber wenn ich anderswo lese, welche Probleme man mit der
Trocknung von Baryt-Papieren
haben kann, wirkt das auf mich nur abschreckend!
Für meine Ansprüche reicht die Brillanz von PE-Papieren aus,
und meine Bilder müssen auch nicht 150 Jahre alt werden.
Daher meine persönliche Empfehlung für Anfänger:
PE- bzw. RC-Papier mit Kunststoff-versiegelter Papierunterlage,
die sich nicht mit Chemikalien vollsaugen kann. Die Prints baumeln dann
nach kurzer →Wässerung an der Wäscheleine und gut isses!
Feste Gradationsstufen oder Variokontrast?
Meine Empfehlung lautet ganz klar: Variokontrast oder Multigrade oder wie immer
die Hersteller das nennen. Bei diesen VC-Papieren kann der Kontrast in weiten
Grenzen über die Farbfilterung eingestellt werden. Wie das funktioniert,
habe ich in einem eigenen Kapitel zum →Variokontrastpapier beschrieben.
Der Aufwand der Farbfilterung ist gering, und man benötigt bei optimaler Flexibilität je
Papierformat nur eine einzige Schachtel. Diesen gewaltigen Vorteil muss man sich
möglicherweise mit kleinen Problemen bei der Scharfstellung erkaufen,
siehe dazu meine Ausführung zur →UV-Empfindlichkeit.
VC-Papiere haben sich eindeutig im Markt durchgesetzt. Papiere in festen Gradationsstufen
führen eher ein Nischenleben und werden nur noch in begrenztem Umfang angeboten.
Meine Empfehlung, sich bei Film und Entwickler erstmal auf eine (1!) bewährte Kombination zu konzentrieren, bevor man alles mögliche durchprobiert, gilt erst recht für Fotopapier. Eine neue Papiersorte sauber einzutesten und sich damit intuitive Erfahrung anzueignen, ist viel aufwändiger als bei Film.
Welchen Entwickler nehme ich für mein Fotopapier?
Bitte nicht auf die Idee kommen, die Papiere in Filmentwickler zu baden, weil man den sowieso gerade da hat. Im Prinzip würde das sogar funktionieren, z.B. mit fett angesetztem Rodinal 1+7, aber das wird erstens teuer und zweitens oxidiert Filmentwickler in der offenen Schale viel zu schnell. Andersrum geht es im Prinzip auch, d.h. man kann Filme in Ilford PQ Universal, Calbe E102 oder Spur UFP baden. Diese Brühen werden als Universalentwickler angeboten, d.h. sie sind auch vorgesehen zur Schalenentwicklung von Planfilmen, und bei diesen haben Schärfe und Feinkörnigkeit eine eher geringe Priorität. Für KB und Rollfilm rate ich davon ab, ohne es jemals ausprobiert zu haben. Ich möchte im Hobbylabor nicht mit wirtschaftlich optimierten Prozessen arbeiten, sondern mein Schwerpunkt liegt eher auf bestmöglicher Qualität der Negative.
Filmentwickler arbeiten stark verdünnt und langsam, und der Entwicklungsprozess wird bei Erreichen des gewünschten Kontrastes (→ γ-Wert) vorzeitig und gezielt abgebrochen. Filmentwickler oxidieren bei Kontakt mit Luft auch recht schnell und verlieren ihre Aktivität. Im Gegensatz dazu sind Papierentwickler deutlich robustere Mixturen. Sie sind neben langer Haltbarkeit in der offenen Schale darauf optimiert, in kurzer Zeit eine möglichst hohe Schwärzung zu erreichen, siehe auch mein Kapitel zur notwendigen →Mindest-Entwicklungszeit für Papier.
Welche Marke man verwendet, ist in erster Näherung egal - jede tut es! Die meisten kommen als Flüssigkonzentrat und werden zum Gebrauch nach Anleitung verdünnt. Als Pulverentwickler ist lediglich Adox Adotol-Konstant wegen der guten Haltbarkeit des Ansatzes und der kurzen Entwicklungszeiten erwähnenswert. Für Spezialeffekte, oder wenn man das allerletzte Quäntchen an Qualität noch herausholen will, gibt es von Moersch-Photochemie neben hervorragenden Standardentwicklern auch die passenden Spezial-Angebote.
Den Papierentwickler kann man nach einem Fotolaborabend wieder in eine Flasche zurück gießen und demnächst weiter verwenden, im Grunde so lange, bis er nicht mehr funktioniert und kein sattes Schwarz mehr liefert. Seine Farbe ändert sich bis dahin in pissgelb (Adotol-Konstant bleibt klar), und durch Verschleppung in das →Stoppbad wird er immer weniger, sodass man ihn intuitiv eher zu früh ersetzt. Da er nicht viel kostet, ist das auch okay.
Noch ein Tipp: In nur teilweise gefüllten Flaschen wird das Entwicklerkonzentrat durch Luftsauerstoff oxidiert, was man an zunehmender Gelbverfärbung erkennt. Daher empfehle ich, das Konzentrat in kleinere Glasfläschchen umzufüllen (Aponorm-Flaschen aus der Apotheke) und zusätzlich größere Hohlräume mit Schutzgas (Tetenal „Protectan“) zu füllen. Ich lese immer wieder Klagen über die hohen Kosten von Protectan, wo doch nichts Anderes als billiges Feuerzeuggas drin ist. Wenn man sparen will oder muss, sollte man aber anderswo anfangen. Die 400ml-Tetenal-Sprühdose entspricht etwa einem halben Kubikmeter Gas, das reicht für viele Hobbyjahre. Bei Feuerzeuggas bräuchte man zum Zapfen erst eine Bastellösung, und dann wird man sich ständig über die Fummelei damit ärgern. Eine fummelfreie Lösung ist dagegen, den Sprühkopf einer leeren Protectan-Dose auf eine große Dose Feuerzeuggas aufzusetzen.
Und noch ein Tipp: Papierentwickler kann mit zunehmender Ausnutzung und damit ansteigendem Bromidanteil einen leicht wärmeren Bildton erzeugen. Durch kontinuierliches Regenerieren erreicht man, dass z.B. alle Prints für eine größere Serie denselben Farbton haben. Bei Papierentwicklern funktioniert dieses Regenerieren prima und ganz einfach. Wenn der Papierentwickler lt. Strichliste die Hälfte seiner Ausnutzung erreicht hat, einfach die halbe Menge frischen Entwickler ansetzen, mit dem alten auf das Nennvolumen auffüllen und den Rest der alten Brühe entsorgen. Auf diese Weise wird auch kontinuierlich der Entwicklerverlust durch Verschleppung in das Stoppbad ausgeglichen.
Wie lange muss Fotopapier entwickelt werden?
Papier wird grundsätzlich ausentwickelt, bis die Maximalschwärze erreicht ist. Auf der Papier- und/oder Entwicklerpackung ist wahrscheinlich eine Zeitempfehlung angegeben, aber wie auch bei Filmen regiert jede Papiersorte und jeder Papierentwickler anders. Bei Ilford Multigrade IV RC ist man mit 90s auf der sicheren Seite (beim neuen MG V eher 120s), Adox MCP brauchte 1 Minute länger, und bei Baryt-Papieren muss man sich irgendwann entscheiden, bevor der Grauschleier kommt. Diese genannten Zeiten gelten für Standard-Entwickler, die aus Flüssigkonzentrat angesetzt werden (z.B. Adox Neutol NE, Amaloco 6006). Deutlich schneller arbeitet dagegen der aus Pulver angerührte „Adotol konstant“. Man muss das für die eigene Papier-Entwickler-Kombination am besten selbst ausprobieren. Dazu genügen kleine total überbelichtete Papierschnipsel, die man auf der Rückseite entsprechend beschriftet und dann 60, 90, 120, … Sekunden lang entwickelt, bei Baryt auch noch länger. Nach dem Trocknen und dem Vergleich unter gutem Licht kennt man die minimale Entwicklungszeit. Um auf der sicheren Seite zu liegen, falls der Entwickler z.B. im Winter mal etwas kühler ist, noch eine halbe Minute zugeben und gut ist’s. PE-Papier versehentlich mal doppelt so lange im Entwickler zu lassen, wird nicht schaden. Baryt-Papier ist sensibler und saugt sich bei zu langer Verweildauer übermäßig mit Chemikalien voll, die man wieder mühsam herauswässern muss. Erst wenn man das Papier so richtig quält, kommt ein Grauschleier. Ob diese Grenze überhaupt relevant ist, kann man gleich mittesten, indem die Schnipsel nur auf einer Hälfte belichtet werden. Dann hat man im Idealfall rein-weiß neben tief-schwarz.
Wer nicht testen mag: Als grober Anhaltswert für die Entwicklungszeit wird oft die 6-fache Bildspurzeit genannt. Nicht alle Papiere reagieren gleich, aber das sollte in allen Fällen ausreichen. Bildspurzeit ist die Zeit, nach der sich auf dem Papier in der Entwicklerschale gerade die ersten Schattenkonturen zeigen.
Wie lange kann man SW-Papier lagern?
Im Gegensatz zu Film ist auf den Papierschachteln kein Haltbarkeitsdatum aufgedruckt. Aus der Chargennummer kann manchmal das Herstell- oder Verpackungsdatum abgeleitet werden, womit man aber auch nicht viel anfangen kann. Für überlagertes Papier gilt das gleiche wie bei Film: Kontrast und Empfindlichkeit lassen nach, der Grundschleier nimmt zu. Und wenn man neben Filmen auch noch die Papiervorräte im Kühlschrank lagern möchte (was gut wäre), braucht man irgendwann einen eigenen Hobby-Kühlschrank oder es gibt Ärger zu Hause. Daher gilt hier meine gleiche dringende Empfehlung wie schon bei Film, Verbrauchsmaterial nicht längere Zeit auf Lager zu legen, sondern bei Bedarf wieder frisch zu bestellen.
Ilford Multigrade IV ist nach meiner Erfahrung wenig sensibel und hält etliche Jahre durch. Ich habe noch einige Reste von Sonderformaten, die schon über 10 Jahre bei Raumtemperatur in meinem Laborschrank lagern, d.h. auch bis zu 30° im Sommer. Alterungserscheinungen kann ich bisher keine feststellen. Ich empfehle solche Lagerzeiten aber nicht zur Nachahmung. Ob das neue Multigrade V, das seit Anfang 2020 das alte MGIV ersetzt, auch so tolerant ist, werden wir erst nach etlichen Jahren wissen. Selbstverständlich ist das nicht. Vor allem beim original Agfa MCP Papier hat man immer wieder gehört, dass es je nach Charge schon nach etwa 2 Jahren Probleme gab (Grauschleier und weniger Kontrast).
Ich brauche noch einen Vergrößerer - aber welchen?
Dank Digitalboom kann man gebrauchte Vergrößerungsgeräte heute sehr günstig erwerben, solange nicht der Name Leitz drauf steht. Leider wird der Markt auch überschwemmt von uralten verstaubten Dachbodenfunden, bei denen die Erben oft irrtümlich glauben, sie könnten da etwas Wertvolles zu Geld machen.
An aktuellen Herstellern gibt es nach meinem Kenntnisstand in Europa nur noch Dunco, Kaiser und Kienzle. Weltweit gibt es dann noch LPL aus Japan, sowie die Beseler-Geräte aus USA und Lucky-Vergrößerer aus Japan (hergestellt von Fujimoto, vertrieben von Kenko), allesamt aber ohne aktuellen Vertrieb nach Deutschland. LPL und vor allem Kienzle haben den Ruf, sehr robuste Profigeräte zu sein. Bei nicht mehr produzierten (z.B. Durst, Krokus, Meopta, Liesegang) oder hierzulande seltenen Marken sollte man unbedingt darauf achten, dass beim Gebrauchtkauf das komplette Zubehör dabei ist, da sich die Suche nach Ersatzteilen und speziellem Zubehör schwierig gestalten kann. Für größere Formate gab es dann noch die selten anzutreffenden Marken Ahel, DeVere, Homrich, Linhof, Omega, Teufel, sowie den Durst Laborator. Die Aufstellung solcher monströsen Vergrößerer kann aber einen Gebäude-Umbau zur Folge haben!
Herkömmliche Vergrößerer gibt es in zwei prinzipiell unterschiedlichen Bauformen:
a) Kondensorgeräte mit 230V Opallampe und Kondensor (eine dicke schwere Glaslinse)
oder gar Doppel-Kondensor sind meist Überbleibsel aus der Zeit,
als man mit ausschließlich fest graduierten SW-Papieren gearbeitet hat.
Bei Verwendung mit VC-Papieren muss man Folienfilter zur Gradationssteuerung
in eine Filterschublade einlegen, was eine ziemliche Fummelei ist.
Die Folienfilter bleichen mit der Zeit aus und man muss alle paar Jahre
Ersatz besorgen. Solche Kondensorgeräte arbeiten kontrastreich (mit Doppelkondensor sehr kontrastreich).
Die Negative sollten daher auf einen eher kleinen →gamma-Wert
von etwa 0,50‑0,60 entwickelt werden.
Für Farbvergrößerungen sind diese Geräte wegen Helligkeits- und
damit auch Farbschwankungen der Glühbirne schlecht geeignet.
b) Diffusorgeräte mit Halogenlampe, Mischkammer (oft nichts anderes als eine
weiße Styroporschachtel) und Farb- oder VC-Filtermodul wären meine Empfehlung.
Diese projizieren das Negativ mit weniger Kontrast, daher werden die Filme auf einen
eher hohen →gamma-Wert von etwa 0,70‑0,80 entwickelt.
Die eingebauten dichroitischen Glasfilter bleichen nicht aus und halten ewig.
Für Farbvergrößerungen sollten diese Geräte mit einem spannungsstabilisierten
Netzteil verwendet werden, für SW genügt ein einfaches Netzteil.
c) Dann gibt es noch Zwitterkonstruktionen (z.B. von Kaiser oder Dunco) mit
Halogenlampe, Mischkammer und Kondensor. Diese gehören von der Arbeitsweise her
zur Gruppe b) und projizieren die Negative mit mittlerem Kontrast. Daher
sollten auch die Negative einen mittleren →gamma-Wert von etwa 0,60‑0,70 aufweisen.
d) Wer etwas mehr Geld investieren kann, sollte einen Blick auf die
LED Kaltlichtquellen von Heiland werfen.
Es werden für nahezu alle Vergrößerer Umbausätze angeboten. Das LED-Modul ersetzt
komplett das alte Beleuchtungsteil samt VC- oder YMC-Filtereinheit. Eine vorhandene Mischbox bleibt meist erhalten.
Die genannten gamma-Werte gelten bei Messung mit einem Densitometer nach ISO 5-2 direkt am Film. Empfehlenswert und einfacher ist die Ersatzmessung mit einem Laborbelichtungsmesser auf dem Grundbrett des Vergrößerers und mit den Testnegativen in der Bildbühne. Diese Messung berücksichtigt die individuelle Kontrastwiedergabe des Vergrößerers. Unabhängig von der Vergrößererbauart sollte dieser gamma-Wert dann bei etwa 0,65 liegen, passend für Gradation 2 von Ilford Multigrade IV. Das neue Ilford Multigrade V arbeitet härter, dafür sollte man alle genannten Dichtewerte um etwa 0,1 reduzieren. Bei der Entwicklung der SW-Filme auf einen bestimmten Negativkontrast muss man sich also entscheiden, mit welcher Vergrößerer-Bauart und mit welchem Fotopapier man später arbeiten wird. Man kann sich auch als Kompromiss auf einen mittleren Kontrast einigen. Ilford-Entwicklungszeiten gelten z.B. für einen mittleren gamma-Wert 0,62. Dann ist aber die spätere Laborarbeit mit einem reinen Mischkammer- oder Kondensor-Vergrößerer ebenfalls ein Kompromiss und nicht optimal.
Da man sowieso mit Variokontrast-Papier arbeiten wird, empfiehlt sich gleich der Kauf eines Vergrößerers mit eingebautem VC-Mischkopf. Damit wird mit einem Drehknopf direkt und stufenlos die gewünschte Gradationsfilterung eingestellt. Ein CMY-Farbmischkopf ist in der Handhabung umständlicher, tut es aber auch. Man hat dann später die Option auf Farbvergrößerungen, falls man dazu mal Lust verspürt. Diese ist bei mir bisher ausgeblieben, Farbe mache ich digital und selten. In den Datenblättern der Fotopapiere findet man normalerweise Tabellen, welche Yellow-Magenta-Filterung einer bestimmten Papiergradation entspricht. Der Cyan-Filter wird hierfür nicht gebraucht.
Auch wenn man zunächst ausschließlich mit Kleinbildfilm arbeitet, sollte man den Kauf eines Vergrößerers für Mittelformat 6×6 in Erwägung ziehen. Irgendwann wird der Wunsch danach kommen - versprochen! Spätestens ab 6×9 wird es dann für ein Universalgerät schon arg groß, schwer und unhandlich. Das gilt nicht nur für den Vergrößerer, sondern auch für die meisten Kameras. Wer also von Kleinbild über Rollfilm bis Großformat alles haben will, braucht dafür auch Platz für mehrere (große!) Vergrößerer.
Welches Vergrößerungsobjektiv brauche ich?
Zum Vergrößern von 6×6 Negativen braucht man ein 80mm-Objektiv oder ein 60er Weitwinkel, mit denen man problemlos auch Kleinbildnegative vergrößern kann. Besser für Kleinbild geeignet ist ein 50mm-Objektiv, weil es stärkere Ausschnittvergrößerungen zulässt und meist auch lichtstärker ist. Standard beim Objektivanschluss für Brennweiten im Bereich 50 bis 105mm ist ein M39-„Leica“-Gewinde. Eine Warnung an Bastler: Dieses Gewinde ist kein metrisches Feingewinde M39×1, sondern ein M39×26tpi (threads per inch)!
Bei den weit verbreiteten Objektiven von Rodenstock und Schneider-Kreuznach gibt es parallel zur Normalausführung auch die „Apo“-Versionen, die für das gesamte sichtbare RGB-Farbspektrum korrigiert sind. Da Schwarzweißpapiere rotes Licht sowieso nicht sehen, sind diese deutlich teureren apochromatisch korrigierten Objektive nur bei Farbvergrößerungen von Vorteil.
An Vergrößerungsobjektiven hatte ich ursprünglich Rodagon 2,8/50 und 4,0/80. Weil ich viel Gutes darüber gelesen hatte, habe ich mir für Mittelformat-Ausschnittvergrößerungen noch das 5,6/60-WA-Componon von Schneider-Kneuznach besorgt und festgestellt, dass dieses absolut offenblend-tauglich ist (was man bei Lichtstärke 5,6 auch gut brauchen kann). Damit ist es meinen Rodagonen haushoch überlegen. Bei offener Blende überstrahlt vor allem mein Rodagon 4/80 dermaßen, dass ich sogar zum Scharfstellen immer um 1 Stufe abblende. Zum Vergrößern gut brauchbar sind beide Rodagone, wenn man 2 Stufen abblendet. Das sollte man ohnehin immer machen. Leichte Fokusfehler oder Ungenauigkeiten bei der parallelen Justierung des Vergrößererkopfes werden so durch größere Schärfentiefe ausgeglichen.
Aufgrund dieser Erfahrung habe ich von Schneider-Kneuznach noch das Componon-S 2,8/50 und 4/80 dazugekauft. Sowas gibt es heutzutage ja zum Bruchteil des ehemaligen Neupreises. Die Scharfstellung bei offener Blende gelingt mir damit deutlich besser, und für ausreichend randscharfe Vergrößerungen genügt diesen beiden Exemplaren ein Abblenden um eine Stufe.
Zu Vergrößerungsobjektiven von Meopta, Minolta, Nikon, Vivitar oder Leica kann ich leider nichts sagen. Wenn man aber einen Bogen um alte 3- und 4-Linser macht, haben alle Vergrößerungs-Objektive eine ausreichende Schärfeleistung. Noch eine Warnung: Alte Rodagone aus den 1970er-Jahren mit Zebra-Fassung neigen zu Problemen bei der Verkittung der Frontlinsen („Delamination“), da muss man beim Kauf aufpassen.
Brauche ich zum Vergrößerungsgerät einen Scharfsteller?
Es gibt zwei unterschiedliche Bauarten: Solche mit Spiegel und Mattscheibe, auf die man durch eine 4…6-fache Vergrößerungslupe mit beiden Augen draufschauen kann und Kornscharfsteller mit Okular (ohne Mattscheibe). Bei den Kornscharfstellern wird auf ein Luftbild des Filmkorns scharfgestellt. Genauer gesagt fokussiert man sein Auge auf ein Fadenkreuz im Strahlengang und sollte in derselben Fokusebene auch das über den Vergrößerer scharfgestellte Filmkorn sehen.
Einfache Kornscharfsteller (z.B. Kenro Focus Scope = LPL, ähnlich Paterson) funktionieren gut in Bildmitte, der recht teure Peak I aufgrund des großen Spiegels überall. Was ich bei Kornscharfstellern nicht mag ist, dass ich, Auge am Okular, über das Grundbrett gebeugt, mit nach oben ausgestrecktem Arm an der Scharfstellung drehen muss. Eine ergonomische Lösung ist das sicher nicht. Probleme hat man damit auch bei sehr feinkörnigen Filmen (z.B. TMax100) und mäßigen Vergrößerungsmaßstäben: ohne Korn kann man nicht drauf scharfstellen! Lediglich bei flauen Nebelbildern ohne ausreichend kontrastreiche Konturen ist ein Kornscharfsteller eindeutig im Vorteil.
Achtung: Ich bin nicht der Einzige, der die Kornscharfsteller nicht so recht mag. Auch Thomas Wollstein warnt vor deren Tücken. Wenn Sie die Anschaffung eines Kornscharfstellers planen, sollten Sie vorher dessen Anmerkungen gelesen und verstanden haben.
Seit geraumer Zeit verwende ich erfolgreich einen Magna-Sight mit Mattscheibe und 6-fach Lupe, also eine ähnliche Bauart wie das Kaiser-Teil, nur in besserer Ausführung. Damit ist ganz angenehm zu arbeiten, weil ich mein Auge nicht aufs Okular drücken muss. Voraussetzung ist allerdings, dass das Negativ detailreiche Strukturen aufweist, auf die man fokussieren kann. Mit einem gekauften Testnegativ kann ich damit auch wunderbar die Justierung der Bildbühne meines Vergrößerers überprüfen, indem ich eine gleichmäßige Schärfe in allen vier Ecken des projizierten Bildes anstrebe.
Ein 30 Jahre altes Kaiser-Ding habe ich auch, halte es wegen der viel zu groben Mattscheibe aber für wertlos. Es sei denn die haben da mittlerweile eine bessere Mattscheibe eingebaut.
Zur Überprüfung meiner Scharfsteller habe ich mit Fokussierung per freiem Auge und mit Leselupe verglichen. D.h. ich suche mir eine kontrastreiche Stelle, drehe 2-3-mal an der Scharfstellung hin und her und einige mich dann auf eine mittlere Einstellung. Das hat bisher immer mit der Scharfstellung des Magnasight oder des Peak I übereingestimmt. Die Schärfe wird bei offener Blende eingestellt, für die Belichtung wird dann ohnehin noch abgeblendet, und die →Schärfentiefe in der Größenordnung etlicher Millimeter sorgt für den Rest. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass es bei VC-Papier massive Fokusprobleme durch → UV-Licht-Anteile geben kann, kommen berechtigte Zweifel an diesem Zubehör auf. Eigentlich braucht man also bei noch guten Augen gar keinen Scharfsteller, trotzdem hat jeder (mindestens) einen. Wichtiger ist z.B. bei meinem Dunco für Kleinbildvergrößerungen ein Feineinstelltrieb für die Scharfstellung am Vergrößererkopf.
Welche Schärfentiefe habe ich beim Vergrößern?
Hier eine Beispielrechnung für mein 50er Vergrößerungsobjektiv bei Blende 5,6 (Componon-S mit tatsächlicher Brennweite 52,8mm lt. Datenblatt). Die Öffnungsweite der Blende hat einen Durchmesser von D = 52,8/5,6 = 9,4 mm. Wenn ich ein Bild aus einem Betrachtungsabstand anschaue, der der Bilddiagonale entspricht, kann das menschliche Auge entlang dieser Bilddiagonale 1500 Punkte auflösen, was etwa einer Winkelauflösung von 2' entspricht. Mehr Schärfe braucht man nicht. Mit diesem anerkannten Grenzwert werden übrigens auch die Schärfentiefe-Gravuren an den Kameraobjektiven ermittelt. (Tipp: für ausreichend scharfe Ausschnittvergrößerungen muss der Schärfentiefebereich bei der Aufnahme kleiner gewählt werden!) Ein 18×24 Abzug mit Rand hat eine Bilddiagonale von etwa 285 mm. Für einen optimal scharfen Bildeindruck darf der Zerstreuungskreis beim Vergrößern also maximal Z = 285/1500 = 0,19 mm betragen. Ohne Ausschnittvergrößerung bei formatfüllender, etwa 7,5-facher Vergrößerung beträgt der Abstand des Papiers von der objektseitigen Hauptebene 450 mm.
Für einen vereinfachten Ansatz gilt nach dem Strahlensatz:
x/Z = 450/D oder x = 450×(Z/D) = 9,1 mm
Mit anderen Worten: Ich darf von der idealen Schärfeebene hier um 9,1 mm in beiden Richtungen abweichen. Bei Blende 8 wären das dann schon 13,0 mm. Längere Brennweiten haben eine geringere Schärfentiefe, z.B. liegt diese Toleranzzone bei meinem 80er Componon-S und Blende 8 bei ±8,4mm (4,5-fache Vergrößerung wieder formatfüllend auf 18×24 mit Rand). Man könnte also problemlos etwa durch einfaches Unterlegen unter den Vergrößerungsrahmen leicht stürzende Linien ausgleichen, ohne den Vergrößererkopf zu schwenken (Stichwort: Scheimpflug) oder sichtbar unscharfe Bereiche zu riskieren! Bei Ausschnittvergrößerungen nimmt die Schärfentiefe zu, bei weiterem Abblenden natürlich auch.
Vor allem bei VC-Papier ist es ein Glück, dass es diese doch ordentliche Schärfentiefe gibt. Durch „longitudinale chromatische Aberration“ wären scharfe Abzüge sonst eher ein nur mühsam beherrschbares Zufallsergebnis, siehe dazu meine Ausführungen zur →UV-Licht-Problematik.
Noch eine weitere Erkenntnis dieser Rechnereien: Gelegentlich empfehlen „Spezialisten“, ein Stück Fotopapier unter den Kornscharfsteller zu legen, um Einstellfehler durch die 0,2mm Papierdicke zu vermeiden. Jetzt wissen wir, dass das Quatsch ist!
Welche Dunkelkammerlampe brauche ich?
Es gibt für’s Schwarzweißlabor gelbgrüne, orange oder rote Dunkelkammerlampen. Welche man braucht, hängt von der spektralen Empfindlichkeit des verwendeten Papiers ab. Leider sind in dieser Eigenschaft nur fast, aber nicht wirklich alle gleich.
Grundsätzlich gilt: mit rotem Licht ist man immer auf der sicheren Seite. Gelbgrün war früher mal der Standard für Papier in festen Gradationsstufen, für Variokontrastpapier ist gelbgrün sicher untauglich. Ich arbeite überwiegend mit Ilford Multigrade RC. Dafür kann ich orange oder rot verwenden. Das orange Licht meiner Ilford SL-1 ist super-hell, sodass ich in der Dunkelkammer Zeitung lesen könnte (Orange geht nicht bei Foma VC-Papieren). Zusätzlich habe ich noch zwei rote LED-Clusterlampen mit normaler 230V-Glühbirnenfassung (gab es mal bei Conrad Electronic). Alle meine Lampen strahlen indirekt gegen die weiße Decke. So lässt sich wunderbar arbeiten.
Für den Anfang tut es als provisorische Lösung auch ein LED-Fahrradrücklicht. Im Vergleich zu richtigen Duka-Lampen ist das aber recht funzelig.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, einen Schleiertest zu machen. Vor allem Foma-Papiere sind in dieser Hinsicht sehr sensibel und was man so hört, darf dafür auch Rotlicht nicht allzu hell sein. Ein solcher Test (mit Vorbelichtung!) ist dafür dringend anzuraten! Bei normalen Abzügen ist das Papier etwa 3 Minuten lang ungeschützt der Dunkelkammerbeleuchtung ausgesetzt, und das muss es mindestens aushalten (30-60s für Einlegen und Belichtung, ca. 2 Min. in der Entwicklerschale). Inklusive Nachbelichten und Abwedeln kann das auch mal länger dauern. Das Ganze funktioniert wie folgt:
Schleiertest:
- Dunkelkammerlicht aus, jetzt ist es zappenduster!
- Ein frisches Blatt, das noch nie DuKa-Licht gesehen hat, aus der Packung nehmen, unter den Vergrößerer legen und so vorbelichten, dass es einen hellen Grauton ergeben würde (das muss man vorher an einem Schnipsel ausprobieren). Ohne diese Vorbelichtung ist ein Schleiertest unbrauchbar, und man hat nur Zeit und Papier verschwendet.
- Im Dunkeln einige Münzen auf dieses vorbelichtete Blatt legen, dann erst die typische Dunkelkammerbeleuchtung einschalten und damit mindestens 3 (oder besser gleich 5) Minuten „belichten“.
- Papier normal entwickeln, fixieren, wässern, trocknen.
Im Idealfall ist das Papier durch die Vorbelichtung einheitlich leicht grau und man kann nicht erkennen, wo die Münzen gelegen haben. Wenn sich diese Stellen als hellere Kreise abzeichnen, hat man ein Problem und muss dringend die Dunkelkammerbeleuchtung ändern bzw. reduzieren.
Wie dunkel muss meine Dunkelkammer sein?
Schon ziemlich dunkel, weil das Fotopapier überwiegend auf blaue Lichtanteile anspricht, und die dominieren bei Tageslicht, das durch eventuelle Ritzen durchtritt. Wenn man sein Fotolabor in der Dämmerung oder danach aufbaut, ist eine ausreichende Abdunkelung viel einfacher. Für einen Schnelltest reicht es aus, in der Dunkelkammer einfach alle Lichter auszuschalten. Wenn an Fensterritzen und Türspalten kein Lichteinfall zu sehen ist, ist es auf jeden Fall in Ordnung, und es ist nicht notwendig, auch noch das Schlüsselloch in der Tür abzudecken. Auch kleinere undichte Stellen am eingeschalteten Vergrößerungsgerät sind vernachlässigbar.
Was sich bei mir bewährt hat: Ich habe einige Quadratmeter dünne schwarze Folie geschnorrt, wie sie von Erdbeerbauern zur Beetabdeckung verwendet wird. Diese Folie ist super-lichtdicht. Ich habe sie trotzdem doppelt genommen, nur damit sie mechanisch robuster wird und ich nicht so vorsichtig damit umgehen muss. Die Folie habe ich so zugeschnitten, dass sie etwa 2cm über den Fensterausschnitt hinausragt. Rundherum habe ich sie dann mit Tesa-Krepp eingefasst. Zur Abdunkelung klebe ich diese Folie nur an den vier Ecken mit kurzen Klebestreifen an den Fensterrahmen. Bei Nichtgebrauch liegt diese Folie zusammengefaltet im Schrank bei dem anderen Laborkram. Bei dickerer Teichfolie aus dem Baumarkt genügt eine einfache Lage, sie lässt sich aber nicht so flexibel zusammenfalten und verstauen.
Tagsüber ist diese Methode leider völlig untauglich und die verbleibenden Ritzen sind viel zu groß. Ab der Dämmerung und danach reicht das aber locker aus. Trotz Straßenlaterne an der gegenüberliegenden Hauswand hat diese Verdunkelung noch jeden Schleiertest überstanden. Bei zweifelhafter Verdunkelung ist ein solcher →Schleiertest dringend anzuraten!
Was ist bei Ausstellungsbildern zu beachten?
Ich gehe davon aus, dass die Bilder von Hobbyfotografen nicht jahrelang von einer Ausstellung zur nächsten wandern, sondern zu 95% in Pappschachteln dunkel gelagert werden. Wenn man beim Fixieren und Wässern nicht übel geschlampt hat, sollten diese Bilder ohne weitere Maßnahmen die erforderlichen Jahrzehnte überdauern. Bei Bildern (egal ob Baryt oder PE), die in irgendwelchen Rahmen längere Zeit dem Tageslicht ausgesetzt sind, gibt es folgende Tipps:
• Obligatorisch für SW-Abzüge an der Wand ist eine Bildsilber-Stabilisierung entweder durch eine abschließende Tonung (Details bei moersch-photochemie) oder noch besser durch ein Schlussbad in Agfa Sistan, das es seit der Agfa-Pleite nicht mehr im Original gibt. Wenn man „sistan“ sucht, findet man aber fast überall ein Ersatz- oder Nachfolgeprodukt, das offensichtlich wegen Markenrechten einen anderen Namen haben muss (z.B. Adox ADOSTAB, Compard AG STAB). Ohne diese Stabilisierung zeigt vor allem Foma PE-Papier an Licht und unter Glas recht schnell Aussilberungen. Mit Sistan kann man übrigens auch Filme für eine Langzeitarchivierung fit machen. Solche Negative kann man dann vererben. Wahrscheinlich können die Erben aber nichts damit anfangen und werden eines Tages die Negativsammlung in den Müll schmeißen :-(
• Bilderrahmen kauft man nicht in Knuts Möbelhaus und auch nicht im 1-Euro-Shop, sondern zusammen mit einem Passepartout aus säurefreiem Karton im Fachhandel, der gratis oder für einen kleinen Aufpreis auch eine fix-und-fertige, staubfreie Rahmung als Dienstleistung anbietet. Im Versand erhält man hochwertige Rahmen und Passepartouts z.B. bei soobsoo, Halbe oder Max Aab.
Wie funktioniert Variokontrastpapier?
Hier ein einfaches Erklärungsmodell, in Wirklichkeit ist’s sicher etwas komplizierter: Variokontrastpapier besteht im Prinzip aus einer Mischung zweier Emulsionen. Jede Emulsion reagiert ohne weitere Maßnahmen nur auf das energiereiche blaue Licht. Die Reaktion einer Emulsion auf andere Lichtfarben wird durch Behandlung der Kristalle mit bestimmten Farbstoffen gesteuert. Durch diese gezielte Sensibilisierung werden die Silberhalogenid-Körnchen überhaupt erst für grünes Licht empfindlich und reagieren gleichermaßen auf blaue und grüne Belichtung. Jede der eingesetzten Emulsionen hat ihre eigene, typische Dichtekurve. In der nachfolgenden Abbildung sind die Steigungen und Maximaldichten der beiden Emulsionen identisch dargestellt, was nicht notwendig ist und in der praktischen Umsetzung eher nicht der Fall sein wird. Die Gesamtschwärzung ergibt sich aus der Überlagerung der Dichtekurven.

schwarze Linie = blau+grün: überlagerte Dichtekurve
Bei blauem Licht reagiert die gesamte Mischung mit gleicher Empfindlichkeit und ergibt dadurch eine schnelle Schwärzung und einen harten Kontrast, siehe das linke Diagramm. Für grünes Licht (rechtes Diagramm) weisen die beiden Emulsionen eine unterschiedliche Lichtempfindlichkeit auf. Zunächst reagiert nur der stärker grün-sensibilisierte Emulsionsanteil, der Rest hat bei dieser Lichtfarbe eine geringere Empfindlichkeit. Der niedriger empfindliche Emulsionsanteil trägt daher erst nach einer gewissen Mindestbelichtung zur Gesamtschwärzung bei. Dadurch ergibt sich insgesamt ein weicher Kontrast. Mit blau-grünem Mischlicht kann man jede beliebige Zwischenstufe erreichen (mittleres Diagramm). Wie man auch erkennen kann, wird bei ausreichender Belichtung unabhängig von der Gradationsfilterung immer dieselbe Maximaldichte erreicht. Die Schwierigkeit ist, den Überlappungsbereich dieser Kurven für alle Gradationen so zu gestalten, dass sich immer ein kontinuierlich ansteigender, möglichst linearer Verlauf der Gesamtdichte ergibt. Um diese Ziele optimal anzunähern, besteht Ilford Multigrade aus einer Mischung von drei verschiedenen Emulsionen. Für andere Papiere kenne ich leider keine Informationen der Hersteller. Bei festgraduierten Papieren gibt es dieses Problem natürlich nicht, dafür aber reichlich andere.
Für Interessierte: Darkroom Automation (amerikan. Hersteller eines Labor-Belichtungsmessers) hat interessante Überlegungen zu “Variable Contrast Papers and Local Gamma” auf seiner Internetseite (pdf, natürlich in Englisch).
Und wie funktioniert das jetzt im Vergrößerer?
Die Halogenlampe des Vergrößerers strahlt ein weißes Licht aus, das sich aus etwa gleichen Anteilen Rot+Grün+Blau zusammensetzt. Mit einem Magentafilter wird dem weißen Licht die Komplementärfarbe Grün entzogen (Weiß−Grün=Magenta nach den Regeln der subtraktiven Farbmischung), blaue und rote Lichtanteile gehen ungehindert durch (Blau+Rot=Magenta bei additiver Farbmischung). Alle Emulsionsbestandteile sind für Rot völlig unempfindlich, rotes Licht ist daher unschädlich. Der jetzt noch vorhandene blaue Anteil ergibt wie oben beschrieben einen harten Kontrast. Mit einem Gelbfilter wird dem weißen Licht nur das komplementäre Blau entzogen, rote und grüne Anteile (=Gelb bei additiver Farbmischung) gehen ungehindert durch. Der grüne (und unschädliche rote) Anteil führt wie oben beschrieben zu einem weichen Kontrast.
Was für die Papierbelichtung gar nicht notwendig ist, ist der rote Lichtanteil, den man auch weglassen könnte. Es gibt einige Vergrößerer, die statt Yellow und Magenta direkt mit grünem und blauem Licht arbeiten. Der große Vorteil der Y-M-Filterung ist das deutlich hellere und für das menschliche Auge besser erkennbare Projektionsbild. Ein im CMY-Farbmischkopf noch zusätzlich vorhandener Cyan-Filter ist für den hier gewünschten Effekt überflüssig und wird bei speziellen VC-Mischköpfen gleich weggelassen. Bei diesen wird mit nur einem Drehknopf gleichzeitig und stufenlos Gelb raus- und Magenta reingeschwenkt.
Schärfeproblem mit VC-Papieren?
Wie schon geschrieben, empfehle ich eindeutig solche VC-Papiere. Ich möchte hier aber einen kleinen Nachteil gegenüber Papier mit fester Gradation nicht verschweigen [Quelle: Ctein (2011), Post Exposure]: Bei harter Gradation mit M-Filterung können VC-Papiere ein Schärfeproblem haben. Für technisch Interessierte habe ich das nachfolgend ausführlich zusammengefasst. Papier in festen Gradationsstufen hat dafür (u.a.) den Nachteil, dass es als Nischenprodukt nur noch in eingeschränkter Auswahl verfügbar ist.
Etliche VC-Papiere (z.B. die von Ilford) weisen eine ausgeprägte Empfindlichkeit
für Wellenlängen im beginnenden UV-Bereich unter 400 nm auf
(siehe die in den Datenblättern abgedruckten Diagramme zur spektralen Empfindlichkeit).
Die Papierhersteller machen das absichtlich,
um mit Y-M-Filterung eine möglichst breite Kontrastspreizung zu erreichen.
Leider ist kein derzeit erhältliches Objektiv für die Kombination aus sichtbarem und UV-Licht korrigiert.
Lt. Rodenstock ist das nicht möglich, zumindest nicht mit vertretbarem Aufwand.
Das Problem ist, dass die Schärfeebene der UV-Licht-Anteile um
etliche mm von der Schärfeebene des sichtbaren Lichts abweicht.
Die Techniker nennen das LCA = longitudinale chromatische Aberration.
Wenn wir den Vergrößerer mit sichtbarem Licht (rot+grün+blau) scharf stellen,
nutzen wir nicht den gleichen Teil des Spektrums, den das Fotopapier sieht
(grün+blau+UV). Das Fotopapier überlagert dem gewünschten scharfen Bild aus grün und blau
daher ein unscharfes Bild aus UV-Licht. Vermeiden könnte man das durch:
• VC-Papier, das nicht auf UV reagiert; dies trifft nur annähernd auf
die VC-Papiere von Foma zu, die dafür nicht bei Orange-Licht verarbeitet werden dürfen,
sondern nur bei Rotlicht; mit Foma-Papieren ist daher ein →Schleiertest dringend anzuraten;
• Halogenlampen, die kein UV-Licht abstrahlen (gibt es nicht);
• LED-Flächenleuchten, das Non-plus-ultra, aber nicht ganz billig bei
Heiland electronic;
• oder durch einen 420nm-UV-Sperrfilter im Strahlengang; einige
Farb-Vergrößerer haben solche Filter fest eingebaut. Solche Filter mildern das Problem etwas,
aber beseitigen es nicht vollständig. Leider sperren UV-Filter nicht schlagartig
alle Wellenlängen unter dieser Grenze, sondern haben einen mehr oder weniger großen
Wellenlängenbereich, in dem ihre Wirkung kontinuierlich zunehmend einsetzt.
Bei betroffenen Papieren ist mit den genannten Maßnahmen die ganz harte Gradation 5 möglicherweise nicht mehr erreichbar, eben weil der UV-Anteil fehlt. Weil man Grad.5 sowieso kaum braucht, ist das leicht zu verschmerzen. Nach dem →Eintesten der Papiere sind alle diese Auswirkungen auf Kontrast und Belichtungszeit natürlich korrekt berücksichtigt.
Eigentlich gibt es für dieses physikalische Problem keine wirklich zufriedenstellende Lösung. Aber so schlimm, wie man jetzt befürchten könnte, ist es trotzdem nicht. Vielleicht sind Sie gar nicht betroffen? Machen Sie einen Test: Erstellen Sie eine starke Ausschnittvergrößerung eines Testnegativs oder eines Negativs mit gut fokussierbarem Filmkorn oder feinen Konturen (z.B. Kirchturmuhr), einmal mit Y-Filterung (weich) und einmal mit M-Filterung (hart). Wenn beide Abzüge bei Vergleich mit einer Lupe gleichermaßen scharfe Konturen zeigen, dann sind Sie fein raus! Das liegt dann an einer glücklichen Kombination Lampe - Filter - Objektiv - Papiersorte. Und selbst wenn Sie betroffen sind: Wie scharf wollen Sie’s haben? Man betrachtet einen Papierabzug nicht mit der Lupe, zählt dort die Linien/mm oder sucht die Körner. Bei normaler Betrachtung hat mir(!) die Schärfe immer noch ausgereicht. Selbstverständlich ist das jetzt keine Entschuldigung für handwerklich schlechte und deshalb unscharfe Bilder!
Gelegentlich liest man, dass moderne Objektive ohnehin kein UV-Licht mehr durchlassen. Für Zooms mit 15 Linsen mag das richtig sein, für meine Vergrößerungsobjektive mit „nur“ 6 Linsen gilt das definitiv nicht. Daher ist der uralte Tipp, bei Aufnahmen im Gebirge einen UV-Sperrfilter zu verwenden, vielleicht gar nicht so verkehrt, zumindest für Schärfefanatiker. Ich habe mit meinem Dunco-Vergrößerer mit VC-Modul inkl. eingebautem IR+UV-Schutzfilter, 50mm Componon-S und Ilford Multigrade IV einmal folgende Versuchsreihe gemacht: maximale Auszugshöhe mit ca. 13-facher Vergrößerung, optimale Scharfstellung auf das Filmkorn bei Blende 2,8 und Y-Filter. Zur Auswertung der Testabzüge habe ich eine gute 8-fach-Lupe verwendet. Die nachfolgenden Ergebnisse sollen das Problem beispielhaft demonstrieren, sie gelten NUR für diese beschriebene Konstellation.
Ein Abzug mit reiner Y-Filterung (d.h. ohne blau und UV) bei Offenblende 2,8 war erwartungsgemäß direkt scharf. Ein Abzug mit reiner M-Filterung (d.h. inkl. blau und UV) war leicht unscharf und gelang erst zufriedenstellend, nachdem ich unter den Kornscharfsteller 32mm Papierstapel gelegt hatte. Die für mich sichtbare Schärfeebene liegt also 32mm näher am Objektiv als die Schärfeebene des UV+Blau-Mischlichts, das das Papier sieht! Eigentlich würde das jeder Physiker genau andersherum erwarten. Die Ursache dafür liegt bei der achromatischen Korrektur des Objektivs, das mit einer einfachen Sammellinse aus der Schulphysik wenig gemeinsam hat. Bei der mittleren Gradation 2 muss der Papierstapel nur noch 18mm hoch sein. Der Fokusfehler ist also größer als die Abschätzung der Schärfentiefe für diesen Fall (ca. ±8mm) Ich konnte das kaum glauben und habe die Testreihe bei der folgenden Laborsitzung noch einmal wiederholt - mit dem gleichen Ergebnis! Ein mit Blumendraht zusätzlich in den Strahlengang eingehängter UV-Schutzfilter hat bei Grad.5 etwa 1/4 Blendenstufe mehr Belichtung erfordert, brachte aber keine erkennbare Schärfeverbesserung.
Jetzt die Entwarnung: Die hier besprochene Unschärfe ist wohl auch nicht schlimmer als die eines nicht exakt ausgerichteten Vergrößerers. Für knackscharfe Abzüge müsste man sich um beides kümmern. Es ist gut, das zu wissen. Mit bloßem Auge genau betrachtet, waren meine Testabzüge nur mühsam in eine eindeutige Schärfereihenfolge einzusortieren. Für die normale Fotolabor-Praxis ist dieser Effekt daher nicht so tragisch wie es scheint, und ich kann diese Ergebnisse eigentlich immer ignorieren. Mir bleibt auch gar nichts Anderes übrig, da es zu viele sich überlagernde Einflüsse gibt. Eine exakte Schärfekorrektur wäre u.a. abhängig vom Vergrößerungsmaßstab, der eingestellten Blende und der Gradationsfilterung.
Von diesem Test unter Extrembedingungen einmal abgesehen: Ich vergrößere keine Testnegative, mache so gut wie nie 13-fache Vergrößerungen und blende für mehr →Schärfentiefe mindestens um 2 Stufen ab. Und natürlich habe ich meine Filme so eingetestet, dass ich Gradation 4-5 nicht wirklich brauche (genauso wenig wie 00 und 0).
Was ist das Splitgrade-Verfahren?
Bevor Sie hier einsteigen, lesen Sie bitte zuerst das vorherige Kapitel über die grundsätzliche Funktionsweise von →Variokontrastpapier! Dann wissen wir jetzt, dass VC-Papier aus verschiedenen Emulsionen besteht, die mit unterschiedlicher Y-M-Filterung getrennt auf Belichtung ansprechen. Über die Filterung ergibt sich eine stufenlos einstellbare Gradation von 00 bis 5.
In konventioneller Arbeitsweise wählt man zunächst eine dem Negativkontrast angepasste Gradation. Die Belichtung des Fotopapiers erfolgt dann mit entsprechend eingestelltem Y-M-Mischlicht in einem Arbeitsgang, d.h. mit Gradationsfilter im Strahlengang, Farb- oder VC-Mischkopf. Der Heiland-Splitgrade®-Controller arbeitet anders: Man fuchtelt mit dem Sensor ein bisschen auf der Grundplatte herum, und der Controller ermittelt dabei die hellste und die dunkelste Stelle. Vollautomatisch gesteuert erfolgt dann zeitlich nacheinander eine reine Gelb-/Magenta-Doppelbelichtung. Mit einer modernen LED Kaltlichtquelle kann diese Doppelbelichtung direkt mit grün (= yellow minus rot) und blau (= magenta minus rot) erfolgen, weil das Papier rote Lichtanteile ohnehin nicht sieht. Für das endgültige Ergebnis ist es auf jeden Fall ohne Bedeutung, ob die unterschiedlichen Emulsionen gleichzeitig oder nacheinander belichtet werden.
Ohne einen modernen →Laborbelichtungsmesser kommt man wohl am einfachsten zu einem guten Abzug, wenn man diese zweifache Belichtung nach dem Splitgrade-Verfahren manuell simuliert. Sogar die Entscheidung für eine bestimmte Gradationsnummer bleibt einem dabei erspart!
Dieses manuelle Splitgrade völlig ohne Elektronik geht so:
Man ermittelt auf Probestreifen die Belichtung, bei der sich mit stärkstem Gelbfilter
(weich, Grad.00) bildwichtige Lichter gerade vom weißen Untergrund abheben.
Dazu verwendet man zunächst grobe Abstufungen, z.B. mit Faktor 2 bei den Belichtungszeiten.
Nach einer ersten Eingrenzung sollte man genauer in 1/3-Stufen arbeiten.
Da sich die Blende natürlich nicht in 1/3-Stufen verstellen lässt, variiert man die Zeit: mal 1,26 oder geteilt durch 1,26.
Dann ermittelt man die Belichtung, bei der sich mit stärkstem Magentafilter (hart, Grad.5)
die bildwichtigen Schatten gerade noch vom tiefsten Schwarz unterscheiden.
Weil ein harter Abzug eben viel härter auf Belichtungsunterschiede reagiert,
muss man eine feinere Abstufung wählen, z.B. 1/6-Stufen mit Belichtungszeiten mal 1,12 oder geteilt durch 1,12.
Aus dem kompletten Filtersatz werden nur Filter 00 und 5 benötigt.
Die Zeiten für die Gelb- und die Magenta-Belichtung kann man vorab getrennt eintesten,
da sie sich bei mittlerem Negativkontrast theoretisch(!) nur wenig gegenseitig beeinflussen.
Eine Doppelbelichtung mit diesen so ermittelten Einstellungen sollte
also bei Negativen mit mittlerem Kontrast (Grad.≈2) schon fast einen perfekten Abzug ergeben,
was in der Praxis nicht ganz zutrifft. Die Y-Belichtung wirkt leider doch ein bisschen auf die Schatten,
genauso wie die M-Belichtung auf die Lichter. Da hilft nur, mit Erfahrung einzugreifen.
Nach meiner Erfahrung muss man beide Belichtungszeiten etwas reduzieren (Y−40%, M−20%).
Bei in der Tendenz eher harten oder eher weichen Negativen geht es einfacher. Es kommt aber auf die Reihenfolge an:
• Bei Negativen mit geringem Kontrast (erforderliche Gradation 3…5):
zunächst die Magenta-Belichtung für tiefe Schatten ermitteln,
und nach dieser Erstbelichtung die erforderliche Zweitbelichtung
für die Lichter (Yellowfilter Nr.00) wieder mit Probestreifen bestimmen.
Im Vergleich zu einer mittleren Gradation fällt die Y-Belichtung kürzer aus
und beeinflusst die Schatten so gut wie gar nicht mehr.
Für einen ganz harten Abzug (Grad.5) entfällt die Y-Belichtung schließlich komplett.
• Bei Negativen mit hohem Kontrast (erforderliche Grad. 00…1):
genau umgekehrt, d.h. zunächst die Yellow-Belichtung für fast weiße Lichter ermitteln
und nach dieser Erstbelichtung die erforderliche Zweitbelichtung
für die Schatten (Magentafilter Nr.5) mit Probestreifen bestimmen.
Für einen ganz weichen Abzug (Grad.00) entfällt die M-Belichtung komplett.
Ein erforderliches Abwedeln oder Nachbelichten in den Schatten erfolgt ausschließlich mit M-Filter und umgekehrt: Erforderliche Optimierungen der Lichter erfolgen ausschließlich mit Y-Filter.
Alle Grauabstufungen zwischen weiß und schwarz ergeben sich bei diesem Verfahren automatisch. Welcher Gradation das letztendlich entspricht, muss man hier gar nicht wissen.
Kurze Zusammenfassung der verschiedenen Arbeitsweisen:
Vorteil des (manuellen) Splitgrade-Verfahrens:
• nur wenige kleine Probestreifen, die zur Beurteilung nicht erst
getrocknet werden müssen (kein “dry down” Effekt für die Beurteilung von reinem Weiß oder Schwarz);
• einfaches Abwedeln und Nachbelichten in Lichtern oder Schatten;
• keine Kalibrierung von Gradationsstufen für das gesamte Filterset.
Vorteile der einmaligen Belichtung mit Mischkopf oder Gradationsfiltern:
• einfacher bei Bildern ohne reines Weiß und dunkles Schwarz;
• direkte Kontrolle der bildwichtigen Mitteltöne;
• einfaches Abwedeln und Nachbelichten in Mitteltönen.
Vorteil eines modernen →Laborbelichtungsmessers:
• Probestreifen nur zum Eintesten neuer Papiersorten oder -chargen;
• bei richtiger Kalibrierung hat man einen konkurrenzlos schnellen Positivprozess
und so gut wie keinen Ausschuss mehr.
Brauche ich einen Laborbelichtungsmesser?
Tja, das ist eine Frage der persönlichen Arbeitsweise. Auf jeden Fall muss beim Vergrößern die Belichtungszeit deutlich genauer eingestellt werden als bei der Filmbelichtung. Das Fotopapier hat keinen Belichtungsspielraum, sondern Belichtung und Gradationsfilterung müssen auf den Punkt genau sitzen. Um das zu erreichen, gibt es grob eingeteilt drei Möglichkeiten:
a) Man misst überhaupt nicht!
Beim Vergrößern erstellt man nur beliebig wiederholbare Abzüge vom Original-Negativ. Daher ist eine Arbeitsweise, die beim ersten Versuch ein möglichst optimales und vorhersehbares Ergebnis liefert, hier nicht ganz so wichtig. Man kann sich auch jedes Mal durch Ausprobieren mit mehreren Probestreifen ans Optimum herantasten. Dieses Verfahren ist zeitaufwändig, weil jeder Probestreifen entwickelt, fixiert, gewässert und getrocknet werden muss (wegen des “dry down” Effekts: nasse Prints erscheinen kontrastreicher). Eine genaue Beurteilung erfolgt dann am besten unter hellem Tageslicht. Wenn man keinen Laborbelichtungsmesser hat, hat man keine andere Wahl. Aber mit ausreichend Erfahrung und systematischem Vorgehen kommt man damit ans Ziel. Uwe Pilz hat anschaulich beschrieben, wie diese Probestreifen-Methode in der Praxis funktioniert. Da man auf viel Erfahrung angewiesen ist, taugt diese Methode leider nur für Hardcore-Laboranten, die regelmäßig im Labor stehen und in der Lage sind, ihre langfristig angesammelte Erfahrung in intuitives Gefühl für Belichtungszeit und Filterung umzusetzen. Wer nur alle paar Wochen mal in die Dunkelkammer geht, braucht eine hohe Frustrationsschwelle. Weil die Probestreifen hierbei nicht zu klein sein sollten, braucht man neben viel Zeit auch viel teures Fotopapier.
Schneller ans Ziel kommt man nach meiner Meinung mit einem manuellen →Splitgrade-Verfahren. Für die im Idealfall nur zwei kleinen Probestreifen gibt es ein einfaches systematisches Verfahren. Auch bei nur gelegentlichen Dunkelkammer-Abenden sollte man damit zurechtkommen.
Egal wie man es dreht, Probestreifen brauchen vor allem Zeit. Es hat daher schon seinen Reiz, mit Hilfe eines Laborbelichtungsmessers im Positiv-Prozess ähnlich schnell und zielgenau zu arbeiten, wie man das bei der Filmbelichtung gewohnt ist. Ganz so einfach ist es leider nicht, weil auch moderne Laborbelichtungsmesser in einem mühsamen Verfahren genau kalibriert werden müssen. Über Einsparungen beim Papierverbrauch wird sich diese Investition im Laufe der Jahre dennoch amortisieren, sofern eine solche Überlegung bei einem Hobby überhaupt relevant ist.
b) Man setzt moderne Messtechnik ein!
Unter modern verstehe ich so etwas wie den RHD Analyser, meine persönliche Preis-Leistungs-Empfehlung. Wenn man einmal verstanden hat, wie dieses Gerät arbeitet, möchte man sich gar nicht mehr vorstellen, wie lange man vorher ohne eine solche Hilfe fummeln musste. Auf jeden Fall muss man das Gerät genau auf seinen individuellen Prozess kalibrieren, das heißt man muss nicht nur seine Filme, sondern auch sein →Papier eintesten. Wenn die Kalibrierung sitzt und man die ersten Erfahrungen damit gesammelt hat, kann man sich auf Anhieb über 95% optimale Abzüge freuen. Bei den restlichen 5% weiß man danach entweder, dass man die falschen Punkte angemessen hat (also selbst schuld), oder wo man noch zusätzlich nachbelichten/abwedeln sollte, oder dass das Negativ vermurkst ist und keine weitere Mühe lohnt.
Wer nicht selbst kalibrieren mag, für den gibt es noch das Komfortgerät Heiland Splitgrade®-Controller. Der Hersteller liefert hier per Software-Update die Kalibrierdaten für gängige Papiersorten. Weil die Hardware auch von Heiland kommt, sollte man hier nach dem Auspacken gleich loslegen können.
Der RHD Analyser arbeitet mit einmaliger Belichtung und Mischkopf oder abgestuften Gradationsfiltern. Der Heiland Splitgrade®-Controller arbeitet (wie der Name schon sagt) mit einem automatisierten →Splitgrade-Verfahren. Beide genannten Systeme sind ausgereift und empfehlenswert. Ein eventuell nötiges Nachbelichten wird von beiden genannten Geräten natürlich unterstützt. Den RHD Analyser gibt es mit deutschem Service übrigens auch bei Heiland. Andere vergleichbare Lösungen scheint es auf dem Markt nicht zu geben.
c) Man hat zur Messung irgendeinen einfachen Laborbelichtungsmesser!
Darunter verstehe ich so etwas wie die alten Kunze-Geräte (wie etwa MP104, MC505), den Hauck MSA II oder den weit verbreiteten Hauck- bzw. Kaiser-Trialux. Geräte dieser Art sind alle technisch überholt. Sie merken sich leider nur einen Kalibrierpunkt je Papiersorte und können exakte Werte daher nur für die Gradation liefern, für die man den Indexwert kalibriert hat. Bei abweichenden Gradationen bekommt man nur eine Belichtungszeit etwa in der Nähe eines idealen Abzugs. Wenn man nicht mit den Original Ilford-Einlegefiltern arbeitet, können diese Abweichungen durchaus im Bereich ±½ Blende liegen. Für die Belichtung von Filmen wäre diese Toleranz noch in Ordnung, bei Fotopapier muss man dagegen Belichtung und(!) Gradation auf den Punkt genau treffen. Den Rest muss man daher wieder mit Probestreifen erledigen, oder man arbeitet mit einer Korrekturtabelle für die verschiedenen Gradationsstufen. Weil sich vor allem das Kontrastverhalten von einer Fertigungscharge zur nächsten ändert, ist das eine nicht zumutbare und stumpfsinnige Arbeit. Das steht in keiner Anleitung, und ich habe als jugendlicher Laboranfänger lange gebraucht, bis ich das kapiert habe. Einfacher wird die Arbeit z.B. mit dem Trialux durch das manuelle →Splitgrade-Verfahren (Details siehe dort). Dann genügt die Kalibrierung von lediglich zwei Indexwerten für jeweils max. Y- und M-Filterung. Damit man die Indexwerte nicht ständig verstellen muss, kann man anstelle des zweiten Wertes auch mit einer definiert eingestellten Dichteblende am Vergrößerer arbeiten. Fummelig und fehleranfällig bleibt es aber.
Folgende Uraltgeräte fallen nicht in die Kategorie „einfacher Laborbelichtungsmesser“, sondern sind für ausreichend genaue Messungen ungeeignet und gehören in den Elektronik-Sondermüll: z.B. Jobo Comparator, Jobotronic, Kaiser Automatic Timer cps, Philips PDT021. Ich kenne außer dem PDT021 keines dieser Geräte persönlich, diese pauschale Einschätzung war aber auch das Resultat etlicher Diskussionen im legendären Phototec-Forum.
Wie kann ich mein Fotopapier eintesten?
Dieser Abschnitt beschreibt am Beispiel des RHD Analysers, wie man einen →Laborbelichtungsmesser auf eine vorliegende Kombination Fotopapier + Papierentwickler eintestet. Die zu bestimmenden Papier-Empfindlichkeiten und tatsächlichen Kontrastumfänge für alle Gradationen werden im Gerät gespeichert und man hat dann im Idealfall ein “point-and-shoot”-Schwarzweißlabor. Wer keinen modernen Laborbelichtungsmesser hat, braucht nichts einzutesten, muss aber bei wirklich jedem einzelnen Bild mit Probestreifen arbeiten, was durchaus eine entspannende, befriedigende Tätigkeit sein kann, die zu einem perfekten Ergebnis führt.
Vorüberlegungen
Für Film besagt eine bekannte Faustregel: Belichte auf die Schatten und entwickle auf einen Kontrast, damit auch die Lichter passen. Beim Papier ist es im Prinzip genau das Gleiche, nur andersrum: Man muss die Belichtung so hintrimmen, dass die Stellen geringster Schwärzung sich gerade vom Hintergrund abheben. Das heißt: auf die Lichter belichten und die Gradation so wählen, damit auch die Schatten passen.
Die Orientierung an den Lichtern ist deswegen günstiger, weil der Empfindlichkeitsunterschied der verschiedenen Gradationen in den Schatten viel größer ausfallen würde. Man erkennt das an den Dichtekurven z.B. im Multigrade-Datenblatt. Der Empfindlichkeitspunkt von Papieren bei Verwendung von Einlegefiltern liegt bei D=0,6 (zum Vergleich: D=0,1 bei Film). Die Dichte 0,6 müsste demnach bei allen Gradationen mit derselben Belichtung erzeugt werden können. Aber welcher Hobbyfotograf hat schon ein Reflexions-Densitometer, sodass er mit diesem Wert etwas anfangen könnte?
Ein weiterer, nicht minder wichtiger Grund für die Kalibrierung auf die Lichter ist, dass das menschliche Auge bereits geringfügig unterschiedliche Dichten im Bereich der Lichter gut wahrnehmen kann. Belichtungsunterschiede von 1/12 Blendenstufe sind da im direkten Vergleich sichtbar, je härter die Gradation, um so deutlicher. In den Schattenbereichen dagegen kann das Auge messtechnisch deutliche Dichteunterschiede kaum erkennen.
Diese von mir favorisierte Kalibrierung auf die Lichter ist zumindest bei Vergrößerern mit Einlegefiltern oder VC-Mischkopf die einzig sinnvolle. Man könnte theoretisch die Messung auch umdrehen, den Belichtungsmesser auf die Schatten kalibrieren und die Lichter über die Gradation steuern. Bei Vergrößerern mit YMC-Farbmischkopf scheint zu gelten, dass infolge nicht konstanter Filterdichten bei Gradationsänderungen die Schatten (dunkle Stellen auf dem Papier) etwa gleich dicht bleiben. Dort kann man also eine Kalibrierung auf die Schatten versuchen, falls dies von der Auswertelogik des Laborbelichtungsmessers unterstützt wird. Ansonsten gilt: Egal, wie man misst, ob man die hellste Stelle, die dunkelste Stelle oder einen Mittelwert daraus zugrunde legt: Für die Kalibrierung bei unterschiedlichen Gradationsfilterungen braucht man sowieso Korrekturwerte, entweder als Tabelle auf einem Blatt Papier, das man neben dem Vergrößerer an die Wand pinnt, oder abgespeichert in einem modernen Laborbelichtungsmesser.
Die Kalibrierung beginnt (ohne Negativ und für jede Gradation getrennt) mit der Ermittlung einer Belichtungszeit, bei der sich auf dem Abzug ein leichtes Grau ergibt, das sich so eben vom unbelichteten Papierhintergrund abhebt (genau: Dichte 0,04). Mein RHD Analyser hat hierzu einen bequemen Probestreifen-Modus. Diese Belichtung ist jetzt die Basis für die Empfindlichkeitseinstellung des Laborbelichtungsmessers. Wahrscheinlich ergibt sich für jede Gradation eine mehr oder weniger abweichende Empfindlichkeit. Die Messung mit dem Sensor erfolgt dabei grundsätzlich ohne Filter, erst zur Belichtung wird der Gradationsfilter eingelegt bzw. reingedreht.
Erst jetzt folgt in einem zweiten Schritt die Kalibrierung des Kontrastumfangs, wieder getrennt für jede Gradation. Am besten und schnellsten geht das mit einem guten gekauften Graustufen-Negativ oder Graustufenkeil, z.B. von Stouffer oder Danes. Eine Kontakt-Belichtung enthält leider nicht den →Callier-Effekt, d.h. die durchaus gravierenden Einflüsse des Beleuchtungssystems (Kondensor oder Mischkammer) auf den Kontrast. Ich favorisiere daher die normale Vergrößerung des Graustufen-Negativs. Bitte zögern Sie nicht, den Graustufenkeil zu zerschneiden und wieder vorsichtig so zusammenzumontieren, damit er in die Bildbühne des Vergrößerers passt. Wichtig ist auch, dass zur Vermeidung von Streulicht die transparenten Bereiche des Negativs mit einer Maske abgedeckt werden. Für die folgenden Testbelichtungen genügt ein kleines Papierformat 9×12 (=18×24 zweimal halbiert). Die Belichtungsmessung erfolgt mit der im vorangegangenen Schritt ermittelten Empfindlichkeitseinstellung auf das dunkelste Graustufenfeld, also auf die Lichter. Die Begutachtung der Probeabzüge erfolgt erst nach dem Trocknen unter ordentlichem Licht. Welchen Kontrastumfang der Abzug hat, erkennt man durch Abzählen der Graustufen vom ersten leicht angegrauten Feld (Dichte DT=0,04), auf das gemessen wurde, bis zum dunkelsten Feld, das sich noch erkennbar von maximaler Schwärze abhebt (genau: Dichte DS = 90% der Maximaldichte). Diese Eckwerte DT (wie “toe”) und DS (wie “shoulder”) sind in ISO 6846 auch nach meiner Erfahrung sinnvoll festgelegt. Üblicherweise haben die Graustufenkeile eine Dichteabstufung von 0,15 (= ½ Blendenstufe in logarithmischem Maßstab). Wenn man z.B. genau 7 Felder abzählt, ergibt das einen Dichteumfang von 7×0,15=1,05. Dieser Dichteumfang mal 100 entspricht dem ISO-R-Wert aus dem Datenblatt des Fotopapiers. Ob der Stufensprung 0,15 des verwendeten Stufenkeils tatsächlich zutrifft, sollte man durch Messung mit dem Laborbelichtungsmesser überprüfen und den von diesem Sollwert abweichenden Faktor verwenden.
Damit ist das Eintesten erledigt, und man hat für jede Gradationseinstellung 00 bis 5 des verwendeten Fotopapiers in Kombination mit dem verwendeten Entwickler die echte Empfindlichkeit und den dazugehörigen tatsächlichen Dichteumfang. Beides kann von den Nennwerten der Datenblätter deutlich abweichen. Die Empfindlichkeitsunterschiede können durchaus im Bereich ±½ Blende liegen, sind also keinesfalls vernachlässigbar. Zumindest sind bei einer Papiersorte diese Empfindlichkeiten weitgehend chargenunabhängig. Dagegen kann der tatsächliche Kontrastumfang von einer Papiercharge zur nächsten stärker streuen.
Man hat jetzt das Problem, dass in den Laborbelichtungsmesser für jede Papier-Entwickler-Kombination 7 unterschiedliche Empfindlichkeitswerte samt Dichteumfang eingespeichert werden müssen. Wer einen RHD Analyser hat, ist jetzt wieder fein raus, der schafft das für 8 Papiersorten und interpoliert halbe Gradationsschritte automatisch. Viele ältere Belichtungsmesser können sich leider nur einen Wert merken. Da bleibt also nichts anderes übrig, als mit einer Korrekturtabelle zu arbeiten, nach der man die gemessene Zeit korrigiert oder die Lichtmenge mit der Dichteblende am Vergrößerer anpasst. Die Raststufen des Vergrößerungsobjektivs sind für solche Feinkorrekturen viel zu grob.
Nach dieser mühseligen Testerei mit Graustufenvergleichen wird es Zeit, einen richtigen Abzug zu machen, idealerweise von einem Negativ, das sowohl Lichter als auch Schatten mit noch sichtbaren Strukturen aufweist, z.B. ein Porträt mit weißem Hemd und dunklem Strickpulli. Mit einem solchen Motiv erhält man nebenbei auch einen Zielwert für einen schönen Hautton. Das Negativ wird an den hellsten und dunkelsten Stellen gemessen, die jeweils noch Struktur aufweisen sollen. Die dunkelste Stelle ergibt die Belichtung, die hellste bestimmt die erforderliche Gradation. Der Abzug wird nach dem Trocknen bei gutem Licht beurteilt und mit den Graustufenbildern verglichen. Beim RHD Analyser wird auch ein Stück Fotopapier mitgeliefert, das Vergleichsfelder mit den Dichten 0,04 und 90% Dmax enthält. Diese rein visuellen Helligkeitsvergleiche sind mühsam und fehleranfällig. Bei Bedarf muss man die Kalibrierung daher noch geringfügig anpassen, und fertig ist das “point and shoot”-Schwarzweißlabor.
Ein Reflexions-Densitometer ist bei der Auswertung der Graustufenabzüge eine große Hilfe.
Damit entfällt der fehleranfällige visuelle Vergleich.
Nach Auswertung in Excel kann das dann so wie in folgender Abbildung aussehen.
Papier: Ilford Multigrade V RC
Entwickler: Adox Neutol NE
Filter: Dunco VC-Kopf mit zusätzlichem UV-Filter
Die Kurven für eine andere Papiersorte oder einen anderen Entwickler können im Detail anders aussehen
und erfordern nach jedem Wechsel eine erneute Eintestprozedur.
Daher gilt hier genauso wie bei Film und Filmentwickler, eine eingetestete und bewährte Kombination nicht ohne Not zu ändern.
Auch Filtersatz bzw. Filterkopf zeigen hier ihren Einfluss, aber die werden wohl eher selten gewechselt.

Nach 25 Jahren Multigrade IV ist das hier die fünfte Generation.
Die Kurven sehen schon ganz gut aus, deutlich glatter als bei der alten Version.
Man erkennt immer noch Verbesserungspotential, doch das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.
Gradationen 00 und 0 sind (unter den oben genannten Bedingungen) in der
Lichterwiedergabe fast identisch und unterscheiden sich vor allem in der Schattenzeichnung.
Der nur noch leicht angedeutete Kurvenknick ist eine unvermeidbare Übergangsstelle
der aus mehreren Emulsionsbestandteilen kombinierten Dichtekurve.
Bei den härteren Gradationen gibt es mehr Überlappung, da fällt das nicht so auf.
Näheres dazu siehe hier: →Wie funktioniert Variokontrastpapier?
Wie genau muss ich die Entwicklertemperatur einhalten?
Bei der Entwicklung von Papier ist das kein Thema. Wenn man nicht gerade mit Wintermantel und Pudelmütze in der kältesten Kellerecke arbeitet, dürfte die Dunkelkammer immer eine übliche Raumtemperatur haben und das reicht. Bei höherer Temperatur im Sommer geht es eben etwas schneller. Eine genaue Einhaltung von Zeit und Temperatur ist bei Papier ziemlich egal, da es immer(!) vollständig ausentwickelt wird. Im Zweifelsfall kann man die Zeiten →im Entwickler und →im Fixierbad verlängern, nur zu kurz wäre nicht gut. Schalenthermometer im SW-Labor sind also überflüssig!
Bei Film sieht das anders aus. Der Grad der Entwicklung hängt dort von der Aktivität des Entwicklers, der Zeit, dem Bewegungsrhythmus und eben der Temperatur ab. Ein Grad Temperaturänderung hat bereits Auswirkungen, die einer Zeitänderung von etwa 10% entsprechen, und das sieht man dem Film an. Bei einem Thermometer mit Grad-Skala kann man maximal noch halbe Grad abschätzen und das auch nur, wenn man ihm Zeit lässt. Wenn man sich jetzt die Mühe macht, seine →Film-Entwickler-Kombinationen genau einzutesten und auf einen definierten →gamma-Wert zu entwickeln, ist ein solches einfaches Thermometer zu ungenau.
Das Problem ist die absolute Messgenauigkeit. Wenn ein einfaches Thermometer 20°C anzeigt, weiß man nie, ob das in Wirklichkeit 18 oder 22° sind. Das ist alles noch kein Problem, wenn man immer dasselbe Thermometer nimmt und seine Prozesse damit sauber eintestet. Ein Problem bekommt man erst dann, wenn es einmal runterfällt und ersetzt werden muss. Alle mühsam eingetesteten Entwicklungszeiten müssen mit einem neuen Thermometer dann überprüft werden.
Besser geht es so (konventionelle Methode): Man besorgt gleich 2 gute(!) Thermometer und notiert sich Vergleichsmessungen im relevanten Bereich von 18-24°C. Dass beide innerhalb ihrer Ablesegenauigkeit die gleiche Temperatur anzeigen, wäre ein glücklicher Zufall. Eines der beiden wird als Referenz sorgfältig aufbewahrt, das andere wird benutzt. Ein eventuelles Ersatzthermometer kann man dann mit der Referenz überprüfen und eine Korrekturtabelle erstellen.
Noch besser (mein Vorschlag): Man kann natürlich auch ein elektronisches Thermometer verwenden, das nicht nur auf 0,1° anzeigt, sondern auch entsprechend genau kalibriert ist. Letzteres ist bei Thermometern für den Schweinebraten und Schnäppchen aus den Elektronik-Wühltischen sicher nicht der Fall (Genauigkeit lt. Datenblatt eines teuren Bratenthermometers von einem Edelhersteller: ±2°)! Ein gutes elektronisches Thermometer hat außerdem den bequemen Vorteil einer sehr schnell reagierenden und gut lesbaren Anzeige. Weil es absolut genau anzeigt, braucht man kein Referenzthermometer als Reserve. Ich empfehle daher eindeutig ein hochwertiges elektronisches Thermometer. Im Fotohandel gebräuchlich ist z.B. das ab Werk individuell kalibrierte Greisinger GTH175PT (ohne Schnickschnack, kein Speicher, kein Microprozessor, einfach einschalten und es zeigt die Temperatur an). Zwei höherwertige konventionelle Thermometer sind in der Anschaffung wahrscheinlich teurer.
Die Temperatur genau und reproduzierbar zu messen, ist leider nicht immer ausreichend. Die Temperatur muss während der Entwicklungszeit auch noch konstant eingehalten werden. Bei sommerlichen Temperaturen ist das gar nicht so einfach. Z.B. steigt bei 27° Raumtemperatur innerhalb 12 Minuten Entwicklungszeit die Entwicklertemperatur von 20° auf 22° an, die über die Zeit gemittelte Temperatur beträgt 21,5°C. Daher müsste bei diesem Beispiel zur Kompensation die Zeit auf etwa 10,5 Minuten gekürzt werden - oder man füllt den Entwickler mit einer Temperatur von 18° ein und kommt damit auf eine gemittelte Temperatur von 20° ohne Zeitkorrektur. Da der Temperaturausgleich nicht linear erfolgt, gelten die Zahlenwerte nur für das genannte Beispiel!
Ich habe da mal ein paar Messreihen gemacht und ein bisschen mit Wärmekapazität, Wärmeleitung und Wärmeübergang herumgerechnet. Seitdem macht diese Korrekturrechnungen jetzt mein 35 Jahre alter Sharp PC-1500 Pocketcomputer, der immer piepst, wenn ich kippen oder auskippen muss. Alternativ kann man im Hochsommer die Filmentwicklungsdose auch in ein 20°-Wasserbad stellen und auf diese Weise die Temperatur ungefähr konstant halten. Immer daran denken: Eine Temperaturabweichung um 1°C sieht man dem Film am Kontrast (gamma-Wert) an! 1°C müsste mit etwa 10% Zeitänderung kompensiert werden, und das ist nicht vernachlässigbar.
Welches Fixierbad brauche ich für Film oder Papier?
Was ich generell nicht mehr empfehle, sind die selbst angesetzten Pulverfixierer, die sehr langsam arbeiten. Heute üblich sind saure (und leicht sauer riechende), neutrale oder alkalische (geruchsfreie) Expressfixierbäder als bequeme Konzentrate. Nur bei Kombination mit bestimmten Filmentwicklern (Pyrogallol-Varianten und Moersch Tanol) sollte man die sauren Fixierer vermeiden, sonst gilt: Egal - jedes Fixierbad tut es sowohl für Film als auch Papier, auch das Fixierbad für den C41 Farbnegativprozess (Achtung: nicht das Tetenal-Bleichfixierbad!). Dieses alkalische C41-Fix funktioniert uneingeschränkt bei allen SW-Materialien. Im gewerblichen Handel ist dieses C41-Fix richtig günstig. Umgekehrt kann man nicht mit jedem SW-Fixierbad C41-Filme fixieren! Wichtig ist nur, dass für Film und Papier getrennte Lösungen angesetzt werden. Am besten macht man für jeden Fixierbadansatz eine Strichliste und ersetzt dann das gebrauchte Fixierbad lieber zu früh als zu spät durch frisches. Bei Filmen mache ich z.B. für einen konventionellen Film einen Strich, für einen Flachkristallfilm 2 Striche. Was maximal geht, steht auf dem Fixierbadetikett. Ich empfehle nur eine Ausnutzung bis zu 2/3. Wer es ganz genau wissen will, ob das Fixierbad noch taugt, kann das mit der “Kodak Fixer Test Solution FT-1” überprüfen. Dieser Test zeigt bei mir in der Regel bereits eine Erschöpfung des Fixierbads an, bevor meine Strichliste die Sollmenge lt. Herstellerdatenblatt erreicht hat. Das Originalrezept ist auf den wenigen verbliebenen Kodak-Seiten leider nicht mehr zu finden, eine ähnliche Anleitung gibt es aber bei Stefan Heymann.
In welcher Verdünnung man die Fixierbäder ansetzen sollte, schreibt kein Hersteller genau vor.
Spezialisten empfehlen für die Filmfixierung einen eher fetten Ansatz (1+4),
vor allem beim Fixieren von Flachkristallfilmen.
Ich habe jahrelang für Film und Papier den sparsamen Kompromiss 1+7 verwendet
und hatte damit erstmals Probleme mit einem Kodak TriX (kein Flachkristall-Film!),
bei dem sich ein wolkiger rosa Grundschleier erst in Fixierbadverdünnung 1+4 aufgelöst hat.
Seitdem nehme auch ich bei Filmen immer diesen fetten Ansatz.
(Nachtrag: Diese rosa Färbung ist typisch für Kodak-Filme und
sollte bei der Wässerung herausgespült werden. Wenn das nicht vollständig gelingt,
ist das normalerweise ein Indiz dafür, dass das Fixierbad neu angesetzt werden sollte.
Die rosa Farbe an sich ist nichts Schlimmes, sie verschwindet mit UV-Licht, wenn
man die trockenen Filme einige Stunden ans Fenster hängt.)
Wie lange muss ich / darf ich fixieren?
Für Filme gibt es da eine klare Regel für die Mindestfixierzeit:
Doppelte Klärzeit für konventionelle Filme, dreifache Klärzeit für Flachkristallfilme.
Etwas länger kann nie schaden.
Zur Bestimmung der Klärzeit wirft man ein Schnipsel unentwickelten Film (z.B. die sowieso abgeschnittene Zunge des KB-Films) in einen fetten 1+4 Fixierbadansatz und misst die Zeit bis er gerade klar ist. Genauer funktioniert dieser alte Trick: Ein Schnipsel Film 1/3 eintauchen, nach 20-30 Sekunden das zweite Drittel. Oder: einen Tropfen Fixierer auf die abgeschnittene Filmlasche, nach etwa 30s diese Lasche ganz ins Fix eintauchen. Klärzeit ist die Zeit, ab der die Grenze nicht mehr sichtbar ist. Flachkristaller brauchen hierzu deutlich länger. Ein FP4 ist bei mir nach 30s klar, der Flachkristallfilm Delta400 braucht mit 140s (=2:20) am längsten. Der fette 1+4 Ansatz für Filme fixiert übrigens nicht nur schneller, sondern vor allem sicherer! Die Anzahl der Filme kann man damit erhöhen, die Kosten sind also nicht höher als beim Sparansatz 1+7!
Bei Papier kann man die Klärzeit nicht so einfach feststellen. Die Herstellerempfehlungen liegen hoffentlich auf der sicheren Seite, und es sollte damit keine Probleme geben. Weil Fixierbad nicht teuer ist, empfehle ich für Hobbylaboranten, die Ergiebigkeit lt. Datenblatt nicht voll auszureizen, und im Zweifelsfall lieber früher neu anzusetzen.
Ein definierter und immer genau eingehaltener Kipp- oder Bewegungsrhythmus ist beim Fixieren nicht so wichtig. Weil Bewegung nicht schaden kann, erfolgt bei mir das Kippen der Film-Entwicklungsdose „frei Schnauze“ circa 1-2 mal je Minute. Papiere in der Fixiererschale werden mit der Zange gelegentlich wieder untergetaucht, damit sie immer vollständig benetzt sind.
Wie lange darf man fixieren?
Fixierbäder enthalten als Desoxidationsmittel Kaliumdisulfit oder Natriumsulfit.
Vor allem das letztere wirkt auf die schon entwickelten Silberkörner leicht ätzend und löst diese wieder an
(Funktionsprinzip vieler Feinkornentwickler).
Damit dieser Effekt sichtbar wird, muss man es aber ordentlich übertreiben.
Wenn man die Fixierzeit nicht gleich auf eine halbe Stunde ausdehnt,
ist ein bisschen länger auf keinen Fall schädlich. Bei Film oder PE-Papier ist man damit sogar
auf der sicheren Seite und erreicht auch mit weniger Bewegung ein vollständiges Ausfixieren.
Bei Barytpapieren gelten andere Regeln: Der Papierfilz saugt sich übermäßig mit Fixierer voll
und erschwert den ohnehin schon mühsamen nachfolgenden Wässerungsprozess.
Eine gute Idee ist auf jeden Fall die Zweibad-Fixierung: Man fixiert nacheinander in zwei gleichartigen Fixierbädern. Wenn das erste Bad lt. Strichliste oder Fixierbadtest verbraucht ist, wird es durch Bad 2 ersetzt und Bad 2 wird frisch angesetzt, usw. Damit kann eigentlich gar nichts mehr schiefgehen, und das ohne Mehrkosten. Dafür braucht man lediglich im Labor Platz für eine 4.Schale (Entwickler - Stoppbad - Fix1 - Fix2).
Ist ein Stoppbad notwendig?
Bei der Filmverarbeitung kommt es darauf an, welches Fixierbad man verwendet. Es gibt saure (leicht nach Essig riechende), neutrale oder alkalische (geruchlose) Fixierbäder, die alle den Fixierprozess gleichermaßen gut erledigen. Nach Meinung vieler Fotolaboranten ist bei sauren Fixierbädern eine Zwischenwässerung nach der Filmentwicklung ausreichend. Bei allen anderen Fixierbädern ist dagegen ein saures Stoppbad anzuraten. Meine Empfehlung (und die von Ilford) ist daher, für normale SW-Filme grundsätzlich ein saures Stoppbad zu verwenden, weil es nie schaden kann. Ob eine Filmentwicklung durch ein Stoppbad in 15 Sekunden gestoppt wird (lt. Steve Anchell’s Darkroom Cookbook) oder durch eine kurze Wässerung in 30 Sekunden, geht in den Streuungen des gesamten Prozesses unter. Die Pro- und Kontra-Diskussionen über ein saures Stoppbad in allen(!) Fotolaborforen sind daher sinnlos, weil es einfach keine wirklich stichhaltigen Begründungen dafür oder dagegen gibt, außer dass man es so gelernt und immer schon so gemacht hat.
Lediglich in zwei mir bekannten Ausnahmen sollte man auf ein saures Stoppbad verzichten
und mit Wasser zwischenspülen:
• bei den extrem dünnen Emulsionen der hochauflösenden Dokumentenfilme:
Mit saurem Stoppbad riskiert man pinholes. Ein “pinhole” muss man sich so vorstellen,
dass entstehende CO2-Bläschen kleine Löcher in die Emulsion reißen. Ich sehe das aber eher als
historisches Problem an, das auch durch ungenügende Härtung der Gelatine verursacht wurde.
Bei normalen Emulsionen ist das seit Jahrzehnten kein Thema mehr.
• bei Pyro-Entwicklern: die Anbieter dieser Entwickler raten davon ab,
weil die Säure den “stain” auflösen könnte. Daher kombiniert man diese Entwickler am besten
mit neutralen oder alkalischen Fixierbädern oder dem Fixierer aus dem C41 Farbnegativprozess.
Auch dort würde Säure den eingelagerten Farbstoffen schaden.
Bei der Papierverarbeitung ist gemäß alter Agfa-Empfehlung ein saures Stoppbad grundsätzlich immer anzuraten, um zu vermeiden, dass allzu viel basischer Entwickler ins Fixierbad verschleppt wird und dieses zusätzlich belastet. Ein schnelles Abstoppen des Entwicklungsprozesses ist hier nicht relevant, weil Papier grundsätzlich ausentwickelt wird. Auf eine bestimmte Verweildauer der Blätter im Stoppbad habe ich noch nie geachtet. Ich tauche die Bilder nur vollständig unter und schwenke ca. 10 Sekunden lang ein wenig hin und her, um den basischen Entwickler zu neutralisieren und oberflächlich abzuspülen.
Als Stoppbad gibt es Konzentrate zu kaufen, die meist einen Indikator enthalten, dessen Farbe bei Erschöpfung umschlägt. Das ist gut gemeint, aber bei Laborbeleuchtung kann man diesen zarten Farbumschlag in der Schale nicht sehen. Daher kippe ich das Stoppbad nach jeder Laborsitzung in den Ausguss. Sparen kann ich anderswo sinnvoller. Ein solches Stoppbad kostet gebrauchsfertig verdünnt so etwa 50 ct./Liter! Was auch funktioniert, ist auf 2% verdünnte Essig-Essenz (80ml 25%-ig + 920ml Wasser) oder Zitronensäurepulver aus dem Drogeriemarkt (20g = 1 gehäufter Esslöffel pro Liter). Das Essigsäure-Stoppbad stinkt natürlich nach Essig. Auch Zitronensäure ist für geruchsempfindliche Nasen wenig geeignet. Mein leider nur anfänglich geruchloses Zitronensäure-Stoppbad fängt schon nach wenigen Blatt Papier an, ätzend nach Schwefeldioxid zu stinken, was Asthmatikern wohl nicht gefallen wird. Bei gekauften Stoppbad-Konzentraten habe ich das noch nicht festgestellt. Die tun da irgendwas rein, was das Schwefeldioxid bindet oder gar nicht entstehen lässt. Also mir persönlich ist das den geringen Aufpreis wert.
Wie lange muss ich wässern?
Für Filme hat sich allgemein die folgende von Ilford entwickelte Methode bewährt:
1. Dose einmal mit klarem Leitungswasser durchspülen,
2. Dose mit Wasser füllen, 5x kippen, leeren,
3. Dose mit Wasser füllen, 10x kippen, leeren,
4. Dose mit Wasser füllen, 20x kippen, leeren,
5. Dose letztmals mit frischem Wasser füllen, einige Tropfen Netzmittel dazu - fertig!
Unter ständig fließendem Wasserstrahl zu wässern ist erstens Verschwendung und
zweitens nicht so wirkungsvoll wie der dreimalige vollständige Wasserwechsel.
Wichtig ist bei der Ilford-Methode lediglich, dass die Dose beim Wasserwechsel
möglichst gut entleert wird.
Mit einer etwas höheren (d.h. handwarmen) Temperatur kann man die Wässerung noch verbessern bzw. beschleunigen. Bei 25°C statt 15°C kann die Zeit auf 75% gekürzt werden. Wichtiger als die Temperatur ist aber eine kontinuierliche Bewegung, um Konzentrationsunterschiede an der Filmoberfläche ständig auszugleichen. Das ist auch der Grund für das ständige Kippen bei der Ilford-Wässerungsmethode. Die Anzahl der Kippvorgänge entspricht etwa der Zeit, die nötig ist, bis die Fixierer-Konzentrationen in der Gelatine und im Wasser sich halbwegs angeglichen haben. Ob man jetzt tatsächlich die Dose kippt oder das Wasser sonstwie kräftig durcheinanderwirbelt, spielt keine Rolle.
Mangels eigener Erfahrung sage ich hier mal lieber nichts zur Wässerung oder gar Trocknung von Baryt-Papieren. Als jugendlicher, begeisterter Fotofan habe ich mich nur allzu lange damit herumgeärgert (meine persönliche Meinung). Andere wiederum schwören darauf, und für sie kommt nichts anderes als Baryt in Frage.
Bei PE-Papieren gibt es unterschiedlichste Empfehlungen. Nur bei Ilford gibt es klare Anleitungen: ein 15 Sekunden langes Abspülen unter fließendem Wasser (mind. 5°C). Bei Wässerung in der Schale oder einer Entwicklungstrommel mit relativ wenig Wasser genügen lt. Ilford bei ständiger Bewegung 3x je 15s mit zweimaligem Wasserwechsel. In der Praxis ist es aber mühselig, jedes Bild einzeln zu wässern. Eine übermäßig lange Nasszeit sollte man auch vermeiden, da sich der Papierfilz sonst von der Schnittkante her vollsaugt, was nach dem Trocknen für schlechte Planlage sorgt. Daher sammle ich einige Bilder im Spülbecken bzw. in einer Wässerungswanne mit reichlich Wasser. Danach wird es bei mir ohnehin Zeit für eine kleine Pause, um den kleinen Laborraum durchzulüften. Vor allem die Ausdünstungen des Stoppbads sorgen für schlechte Luft. Das Wasser im Spülbecken wird jetzt 2x gewechselt, und dann kommen die Bilder mit Wäscheklammern an die Trockenleine. Ein abschließendes Netzmittelbad ist bei Papieren nicht notwendig.
Wie reinige ich den Belag in der Entwicklerschale?
Diese immer wieder gestellte Frage verstehe ich nicht. Es ist wohl typisch deutsch, dass immer alles sauber sein muss. Bitte bedenken Sie, dass durch ständiges Putzen viele Sachen schneller verschleißen und kaputtgehen als durch normalen Gebrauch. Natürlich entsteht im Lauf der Jahre an den Spiralen der Filmentwicklungsdosen und in der Entwicklerschale der Dunkelkammer ein schwarzer Silberniederschlag. Der sitzt aber ziemlich fest. Was bei normalem Spülen mit klarem Wasser und vorsichtigem Gebrauch einer Spülbürste nicht abgeht, darf dranbleiben. Man nennt das Patina, und das zeugt davon, dass dieses Zubehör einem erfahrenen, alten Hasen gehört.
Wer jetzt immer noch meint, er müsste da mal sauber machen: Eine Fotochemikalie, die dafür vorgesehen ist, metallisches Silber in lösliche Silbersalzverbindungen zu überführen, ist das Bleichbad aus dem Farbprozess.
Jetzt im Ernst: Es ist eine anerkannte Erfahrung, dass der Film beim Einspulen leichter
in alte Spiralen reinflutscht als in neuwertige saubere. So soll es doch sein!
Und die Entwicklerschale? In der Dunkelkammer ist es dunkel, da sieht man den
Belag sowieso nicht. Davon abgesehen: Wir kippen schon genug Chemie in den Gully,
da sollten wir nicht auch noch scharfe Reinigungsmittel oder giftiges Bleichbad
hinterherkippen, wenn das nicht unbedingt nötig ist
(siehe dazu auch den nächsten Abschnitt).
Wie gesundheitsschädlich ist Fotochemie?
Das einzige, was im Fotolabor wirklich giftig ist, sind Filmentwickler auf der Basis von Brenzcatechin oder Pyrogallol. Wenn man diese vermeidet, ist der Rest relativ harmlos. Auch Zitronensäure im Zwischenbad ist prinzipiell ätzend! Zu einem gewerblichen Entkalker, der „nur“ Zitronensäure enthält, gibt es z.B. ein 9-seitiges Sicherheitsdatenblatt. Der ansonsten gefährlichste (weil angeblich krebsfördernde) Stoff in vielen Entwicklern ist Hydrochinon, das vor Kurzem noch in Hautcremes zum Bleichen von Pigmentflecken verwendet wurde. So schlimm scheint das also auch nicht zu sein, und dass man davon nicht naschen soll, ist hoffentlich klar.
Generationen von Fotolaboranten haben ihre Bilder mit bloßen Fingern in den Schalen bewegt, ohne Schutzanzug, Schutzbrille und Einmalhandschuhe. Und passiert ist: nix! Wer mit seinen Entwicklerbädern so um sich spritzt, dass er eine Schutzbrille braucht, sollte sich ein anderes Hobby suchen. Jetzt gibt es natürlich zu bedauernde Zeitgenossen, die gegen alles Mögliche allergisch reagieren. Das merken die aber sehr schnell und fassen dann die Bilder eben ausschließlich mit Laborzangen an. Das mache ich natürlich auch, aber ich gerate jetzt nicht in Panik, wenn ich mal einen Tropfen abbekomme. Für solche Zwecke habe ich ein Waschbecken zum Abspülen in der Nähe oder eine Rolle Küchenpapier zum Abtupfen, und gut isses.
Ein Arbeitsschritt, bei dem ich vorsichtig bin, ist lediglich das Ansetzen von Pulverentwicklern zur Stammlösung. Damit man möglicherweise entstehenden Staub nicht einatmet, kann man das auf dem luftigen Balkon machen, oder die Behälteröffnung mit einem feuchten Tuch etwas abdecken.
Chemie in Pulver- und flüssiger Form ist bei sorgfältiger Handhabung problemlos. Aber die leicht ätzenden Ausdünstungen aus sauren Stoppbädern können empfindlichen Personen Schwierigkeiten bereiten (meint auch der anerkannte Fachbuchautor Steve Anchell in seinem Darkroom Cookbook). Hier empfehle ich Stoppbad-Konzentrate aus dem Fotolaborhandel. Die tun da noch irgendwas rein, um das zu verhindern, und ich habe nie etwas Unangenehmes gerochen.
Ein Problem für Asthmatiker oder auch für geruchsempfindliche Nasen können die Ausdünstungen eines sauren Stoppbads darstellen. In diesem Fall empfehle ich, nicht nur einfach Zitronen- oder Essigsäure, sondern ein käufliches Stoppbadkonzentrat zu verwenden. Die tun da noch was rein, und das ist dann wirklich geruchsfrei.
Achtung: Das hier Geschriebene ist keine amtliche Empfehlung, sondern meine Meinung und basiert auf meiner Erfahrung. Wer Schutzausrüstung möchte, soll sie gerne verwenden. Aber für deutlich gefährlicher als normale Fotolaborarbeit halte ich den Laserdrucker am Arbeitsplatz, das Einatmen von Stadtluft, die Bewegung im öffentlichen Verkehr, den Verzehr von Fleisch aus Bratpfanne oder Grill, sowie das Trinken von Limonade oder Alkohol - Prost :-)
Wohin mit den verbrauchten Chemikalien?
Wenn ich mir vorstelle, was aus vielen Haushalten und Kleingewerbe alles an übler Chemie in den Kläranlagen landet (Pinselreiniger, Farbreste, Haarkosmetik mit und ohne Silikon, ...) kommt es auf das bisschen Fotochemie nicht mehr drauf an. Das sagen aber alle anderen auch, die immer noch jeden Samstag ihr Auto-Waschwasser in den Gully vor der Garage laufen lassen. Es muss daher jeder selber entscheiden.
Wenn man die in Plastikkanistern gesammelte Chemie zur lokalen Sondermüllabgabestelle bringt, schreibt man am besten gleich die EAK-Schlüsselnummern des europ. Abfallkatalogs drauf. Diese Schlüsselnummern sind zwar für gewerbliche Anlieferer vorgesehen, aber ein geschulter Mitarbeiter sollte etwas damit anfangen können. Die Anlieferung von Kleinmengen erfolgt in Plastikkanistern, die üblicherweise auch dort bleiben.
Nach Aussage von einschlägigen Chemie-Experten gilt für Hobby-Laboranten bei den üblichen geringen Mengen:
• verbrauchtes Stoppbad: ab in den Gully,
• verbrauchter Farb- oder SW-Entwickler: EAK 090101 - oder bei Kleinmengen ab in den Gully.
Entwickler ist nach kurzer Strecke im Abwasserkanal sowieso abgeranzt und unschädlich.
Nicht umsonst brauchen wir etliche Tricks, um ihn vor allzu schneller Oxidation zu schützen.
• verbrauchtes Fixierbad: Sondermüll EAK 090104. Die enthaltenen Silberverbindungen
killen zuverlässig Bakterien, bei entsprechender Konzentration auch die in der Kläranlage.
Üblicherweise kommt das Fixierbad von der Sammelstelle in eine Silberrückgewinnung,
wenn eine nennenswerte Menge aus gewerblichen Laboren, Industrie oder Kliniken zusammenkommt
(falls dort noch mit Röntgenfilm gearbeitet wird).
Für die paar Liter, die wir als Amateure dort abgeben, kriegen wir aber nix!
• verbrauchter Selen-Toner: Sondermüll EAK 090104 (lt. Moersch Sicherheitsdatenblatt),
wird also spätestens in der Sammelstelle mit dem Fixierer zusammengekippt,
• verbrauchtes Bleich- und Bleichfixierbad: Sondermüll EAK 090105
Bei Abgabe am Schadstoffmobil wird das je nach Land/Gemeinde unterschiedlich gehandhabt. Oft wird einfach alles zusammengekippt und kommt in die Hochtemperaturverbrennung.
Das chemische oder elektrolytische Fällen von Silber aus verbrauchten Fixierbädern ist für Amateure uninteressant, außer man hat richtig viel Durchsatz und kennt einen Juwelier mit Schmelztiegel. Der entstehende schwarze Silberschlamm macht eine Riesensauerei, und das chemische Fällen stinkt dazu noch bestialisch!
Was ist bei Ansatz und Lagerung von Pulver-Entwicklern zu beachten?
Etliche altbewährte Filmentwickler (ID-11, D76, Xtol, A49, Microphen, ...) gibt es nur in Form von Pulvertüten zum Selbstanrühren. Im Gegensatz zu vielen Flüssigkonzentraten ist die Haltbarkeit in noch verschlossenen Tüten deutlich länger, aber nicht alle Hersteller versprechen hier eine unbegrenzte Haltbarkeit. Man sollte vor dem Ansetzen auf Verklumpungen oder Verfärbungen achten. Eine Schwachstelle sind sicher auch die Schweißnähte der Plastiktüten.
Ich rate grundsätzlich davon ab, Chemie ebenso wie Filme oder Fotopapier in größeren Mengen auf Vorrat zu kaufen. Die persönliche Arbeitsweise oder das angestrebte Ergebnis können sich mit der Zeit ändern. Dazu kommt möglicherweise noch die Experimentierlust. Für all das sind aufzubrauchende und eventuell schon angegammelte Lagerbestände sehr behindernd.
Das Auflösen der Pülverchen funktioniert normalerweise ohne Probleme laut Gebrauchsanweisung. In Fotolaborforen (nur dort!) wird dazu oft die Verwendung von demineralisiertem Wasser aus dem nächsten Baumarkt empfohlen. Dieses Gerücht schreibt einer vom anderen ab. Nach meiner (und anderer) Meinung ist jeder fertig konfektionierte Entwickler für Ansatz in Leitungswasser geeignet, außer in der Anleitung ist explizit etwas anderes gefordert. Ilford empfiehlt für den Entwickleransatz eine Wasserhärte von 100-300 ppm Calciumcarbonat. Erst bei einer extremen Wasserhärte von deutlich über 300 ppm oder 3 mmol/l raten sie zu enthärtetem Wasser. Da solches demineralisiertes Wasser im Gegensatz zu Leitungswasser mit Keimen verseucht sein kann (auf keinen Fall trinken!), riskiert man eine Schimmelzucht in seinen Entwicklerflaschen. Die bei der Herstellung verwendeten Ionenaustauscher sind bei mangelnder Wartung ideale Brutstätten für dieses Zeug! Mit Augsburger Leitungswasser angesetzt (mit 2,4 mmol/l an der Grenze zwischen mittel und hart), waren meine Entwickler bisher immer einwandfrei. Mit Baumarkt-Wasser angesetzt, hatte ich schon mehrfach nach wenigen Wochen Lagerzeit weißliche Schimmelfäden, die im Entwickler herumgeschwommen sind. Ein zusätzlich entkeimtes „destillatgleiches“ Wasser oder gar richtig destilliertes Wasser hätte dieses Problem nicht, ist aber kaum zu kriegen.
Wichtig ist, danach den frisch angesetzten Entwickler in gasdichten Flaschen vor Oxidation zu schützen. Ungeeignet für die Lagerung sind die Plastikflaschen, in denen Fixierbad- und Entwicklerkonzentrate ausgeliefert werden. Diese bestehen meist aus HDPE und sind NICHT ausreichend gasdicht. Solche Flaschen taugen lediglich zur Lagerung von Fixierbad, das nicht Sauerstoff-empfindlich ist. Zur Lagerung von Entwickler wären gasdichte PET-Getränkeflaschen theoretisch geeignet. Aber die Verwendung von Lebensmittelflaschen für Chemikalien ist absolut tabu.
Die optimale Lagerung für Entwickler ist in braunen Glasflaschen, die es unter der Bezeichnung „Aponorm-Flasche“ in verschiedenen Größen für wirklich wenig Geld in jeder Apotheke gibt. Zuerst fülle ich den frisch angesetzten Entwickler in 8 Fläschchen mit 100ml Nenngröße, über die Füllmarke hinaus bis 1cm unter den Rand. Dies entspricht etwa 120ml. Die schädliche Sauerstoffmenge ist nur gering, mit Schutzgas fange ich da erst gar nicht an. Der Rest der Entwickler-Vorratslösung lagert in vollen Literflaschen. Eine 120ml-Entwicklerportion wird zum späteren Gebrauch dann mit temperiertem Leitungswasser verdünnt auf 250ml. Man hat damit ausreichend genau die Verdünnung 1+1 als Einmalentwickler für 1 KB-Film in der 1500er-JOBO-Dose. Wenn nach einigen Filmen alle Fläschchen leer sind, wird die nächste Literflasche umgefüllt.
Auf diese Weise halten sich die Stammlösungen lt. Herstellerangaben ½ Jahr. Bestätigen kann ich 1 Jahr Haltbarkeit für Xtol, und das bei Ansatz mit Leitungswasser und Lagerung bei Raumtemperatur. Um auf Nummer sicher zu gehen und weil Xtol (oder auch D-76) so billig ist, würde ich die Reste nach 1 Jahr ins Klo kippen und neu ansetzen. Bei A49 werden dagegen für die Haltbarkeit der Stammlösung nur 6 Wochen angegeben. Ein 5‑Liter-Ansatz ist daher eher etwas für Großverbraucher. Wahrscheinlich liegt aber auch diese Empfehlung deutlich auf der sicheren Seite.
ACHTUNG: Glasflaschen nie bis zum Rand voll machen! Durch Wärmedehnung bei sommerlichen Temperaturen könnten diese sonst platzen, was eine Riesensauerei gäbe.
Um einen einzelnen 120er Rollfilm zu entwickeln, verdünne ich ein Fläschchen Entwickler mit 290ml Wasser und habe dann eine ausreichende Gesamtmenge von 410 ml als Ansatz 1+2,4. Im Vergleich zur bewährten Entwicklungszeit für den Ansatz 1+1 verlängere ich die Entwicklungszeit um den Faktor 1,5 (gilt für Xtol). Vorsicht: Kodak warnt davor, den Xtol-Ansatz nach einem halben Jahr noch in Verdünnungen höher als 1:1 zu verwenden (Stichwort: →sudden death). Bei mir hat Xtol bisher jedoch immer problemlos entwickelt.
Noch ein wichtiger Hinweis in diesem Zusammenhang: Die in vielen Gebrauchsanweisungen beschriebene unverdünnte Verwendung der Entwickler-Stammlösung mit anschließendem Zurückgießen in die Vorratsflasche ist für Hobbylaboranten auf keinen Fall zu empfehlen! Warum es trotzdem in den Datenblättern zu finden ist, kommt wohl von der Arbeitsweise der Großlabore, die einen kontinuierlich regenerierten Entwickler im Tank haben und eigentlich nie komplett neu ansetzen. Die gelegentliche Entwicklung von einzelnen Filmen mit Hilfe dubioser Verlängerungsfaktoren kann im Hobbylabor niemals reproduzierbare Ergebnisse bringen. Vorzuziehen ist grundsätzlich die Verwendung solcher Stammlösungen als Einmalentwickler z.B. in der Verdünnung 1+1. Ausgenommen von dieser Warnung sind natürlich die völlig anders arbeitenden Zweibadentwickler, wie z.B. Diafine oder Moersch MZB.
Wie lange halten Entwicklerkonzentrate?
Eine praktische Alternative zu Pulverentwicklern sind Entwicklerkonzentrate,
die nicht mühsam angerührt, sondern nur gemäß Gebrauchsanweisung mit Wasser verdünnt werden müssen.
Über die Haltbarkeit von solchen Konzentraten gibt es sehr widersprüchliche Meinungen.
Die Original-Rezepturen von Rodinal (gibt es nicht mehr seit der Agfa-Pleite 2005) und
HC-110 (geänderte Rezeptur seit 2019) waren Konzentrate mit anerkannt langer Lebensdauer.
Ilford traut einer ungeöffneten(!) Flasche Ilfotec-HC sogar eine unbegrenzte Lebensdauer zu.
Mirko (Analog-Spezialist und Geschäftsführer bei Fotoimpex) hat die Zusammenhänge schön dargestellt,
bitte hier klicken: Haltbarkeit von Entwicklerkonzentraten
Welches Stativ soll ich kaufen?
Ein Einbein-Stativ sieht so professionell nach Reporter aus, bringt aber nicht viel - und ist auch nicht besser als die Rolleiflex auf meinem Bauch-Stativ als Bohnensack-Ersatz :-), d.h. ich rate eindeutig davon ab. Zum Fotografieren ist sowas die Schlepperei nicht wert. Gegen die Wackelei mit einer Filmkamera mag so ein Einbein vielleicht helfen. Reporter benutzen das Einbein nur deswegen, damit ihnen beim stundenlangen Halten ihrer Profikameras samt Paparazzi-Objektiv nicht die Arme lahm werden.
Wenn man meint, ein richtiges Foto-Stativ zu brauchen, muss man gleich ordentlich klotzen und anschließend auch immer ordentlich schleppen. Möglichst geringes Gewicht und gleichzeitig möglichst große Steifigkeit sind nun mal physikalische Gegensätze, gegen die keinerlei Marketing hilft. Ein Stativ meines Vertrauens wäre ein solides Holzstativ mit optimalen Dämpfungseigenschaften (z.B. von Berlebach, Wolf, ...), und das muss dann auch noch auf einem festen Untergrund stehen. Das massivste, was ich bisher gesehen habe, sind wohl die amerikanischen Ries-Stative. Eigene Erfahrungen damit habe ich natürlich nicht. Auch der aus Carbon-Fasermaterial hergestellten Stativ-Edelklasse traue ich gute Eigenschaften zu. Die sind zwar besonders leicht (was schlecht ist für die Eignung als Stativ), dafür aber auch extrem steif (was wieder gut ist).
Ein Standard-Dreibein zum Amateur-Preis ist gut für Gruppenbilder mit Blitz und Selbstauslöser. Solche Stative taugen ansonsten nur für nahezu erschütterungsfreie Zentralverschluss-Kameras oder eingeschränkt für KB-Spiegelreflexkameras in Kombination mit Spiegelvorauslösung. Beim Verschluss einer Kiev 60 würde auch eine optionale Spiegelvorauslösung nicht viel helfen.
Bei Langzeitaufnahmen (d.h. länger als 1/60 s) habe ich schon einige Enttäuschungen erlebt. Sicher ist man erst bei Belichtungszeiten von mindestens 1s, weil dann die Vibrationen aus Spiegel- und Verschlussablauf ausschwingen können und ihren Störeinfluss hoffentlich nur während eines kleinen Teils der Gesamtbelichtungszeit ausüben. Ich empfehle daher, mit einem billigen Stativ den Zeitenbereich 1/2 bis 1/30s grundsätzlich zu vermeiden. Wozu aber auch ein einfaches Dreibein allemal gut ist, ist die Bildgestaltung. Das macht dann den Unterschied zwischen Knipsen und Fotografieren. So betrachtet bin ich fast ausschließlich ein Knipser und kein Fotograf.
Ich selbst habe: Manfrotto 680B Einbeinstativ und das Manfrotto 055PROB Dreibeinstativ mit Kugelkopf 468RC2 oder 3D-Neiger 460MG. Leider kann ich mich immer noch nicht entscheiden, ob mir Kugelkopf oder 3D-Neiger lieber ist. Mit Kugelkopf bin ich eindeutig schneller, mit 3D-Neiger kann ich den Ausschnitt um die drei räumlichen Drehachsen herum präziser einstellen.
Wo bekomme ich Ersatz für die Quecksilberbatterien?
Das hat jetzt nichts mit Schwarzweiß und analoger Fotografie zu tun. Aber wer schwarzweiß knipst, steht im Verdacht, dass er seine Uralt-Kameras oder -Belichtungsmesser immer noch benutzt, und dann hat er wahrscheinlich dieses Problem. In absehbarer Zeit wird sich dieses Problem jedoch in Luft auflösen. Der typische Belichtungsmesser bis etwa 1975 bestand aus der Kombination von reaktionsträger CdS-Messzelle und 1,35V-Quecksilber-Knopfzelle. Vor allem bei wenig Licht hat das Zeigerinstrument laaaange gebraucht, bis ein stabiler Wert angezeigt wurde. Schon allein aus diesem Grund rate ich vom Kauf solcher alten Geräte ab, außer man möchte sie in eine Sammlervitrine legen. Spätere Entwicklungen hatten SBC Silizium-Messzellen und einen dazu notwendigen Messverstärker, der dank Einführung von Microprozessoren zu kostengünstigen Belichtungsmessern und reaktionsschnellen Belichtungsautomatiken geführt hat. Alle meine CdS-Messzellen aus japanischer Fertigung (ich hatte 5 davon) sind mittlerweile aus Altersgründen ausgefallen. Meine einzige noch zuverlässige CdS-Zelle ist in der Rollei 35S. Die habe ich allerdings bei einem ohnehin nötigen Service auf 1,55V umrüsten lassen. Damit brauche ich auch keinen Quecky-Ersatz mehr.
Die Quecksilberzelle PX625 (oder die seltenere PX675) hatte die Eigenschaft, während ihrer langen Lebensdauer konstant 1,35V abzugeben. Ohne aufwändige Spannungsregelung oder Brückenschaltung konnte man damit billigst präzise Belichtungsmesser herstellen. Sogar den Batterietestknopf konnte man einsparen. Der Belichtungsmesser hat funktioniert - oder mit leerer Batterie ziemlich plötzlich nicht mehr.
Ich habe hier mehrere Möglichkeiten für einen Ersatz der alten Queckies zusammengefasst. Damit funktionierten diese Belichtungsmesser wieder wie sie sollen, nur bei wenigen Ausnahmen musste ich wegen altersbedingter Dejustierung die einzustellende Filmempfindlichkeit um 1-2 DIN korrigieren. Eine darüber hinausgehende Abweichung deutet vermutlich schon das nahende Ende der CdS-Messzelle an.
Lösung a) Es gibt günstige Alkali-Knopfzellen PX625A oder V625U, die in den Abmessungen mit der PX625 identisch sind. Auch die im Außendurchmesser kleinere, aber häufiger anzutreffende LR44 tut es (kombiniert mit einem gebogenen Ring aus Elektronik-Basteldraht, der nur als mechanischer Adapter zur Durchmesser-Anpassung dient). Diese Alkalizellen haben eine Anfangsspannung von 1,5V, die während der Lebensdauer kontinuierlich abfällt. Falls die Kamera eine Spannungsregelung oder Brückenschaltung aufweist (z.B. Pentax Spotmatik, Canon EF, Rollei 35SE/TE, sowie diverse Prakticas) ist die genaue Spannung egal, und wir haben mit einer Alkali-Zelle, die lediglich in den Abmessungen passen muss, einen perfekten und kostengünstigen Ersatz. Als Ersatz für die PX400 (blauen Kunststoffring weiter verwenden!) in der Spotmatik benötigt man die in den Abmessungen kompatible Uhrenbatterie SR45 (=V394). Ob der Belichtungsmesser auch mit der etwas höheren Spannung richtig anzeigt, stellt man am besten durch Vergleichsmessungen mit einem vertrauenswürdigen Referenzgerät fest (keine Digitalkamera, da manche Hersteller eine eigenwillige Interpretation der ISO-Empfindlichkeit haben). Die meisten alten Kameras haben keine Brückenschaltung und werden infolge dieser Überspannung falsch anzeigen. Das trifft leider auch auf ehemals hochwertige Profigeräte zu (wie z.B. Canon F1, Leicaflex SL, Leica M5, Gossen Lunasix). Der Messfehler ist über den Messbereich nicht konstant und kann daher auch nicht durch eine geänderte ISO-Einstellung kompensiert werden. Bei der Canon FTb lag dieser Messfehler mit frischer Alkali-Knopfzelle je nach Helligkeit zwischen 1 bis 2,5 Blendenstufen Unterbelichtung. Das wäre auch für ansonsten sehr tolerante SW-Filme zu viel.
Lösung b) In jedem Drogeriemarkt gibt es in der 6er-Blisterpackung Hörgerätebatterien Typ 675 (oder PR44). Technisch sind das Zink-Luft-Zellen, die durch Abziehen einer Schutzfolie aktiviert werden müssen, damit durch kleine Luftlöcher Sauerstoff eindringt. Bis zum Lebensdauerende bleibt die Spannung von 1,4V dann ziemlich konstant. Die geringe Spannungsdifferenz zu den 1,35V der alten Quecksilberbatterien ist noch vernachlässigbar. Diese Batterien sind billig und daher ein idealer Ersatz für PX625 und PX675. Damit die 675er besser ins Batteriefach für die etwas größere PX625 passt, verwende ich als Adapter zur Durchmesser-Anpassung einen gebogenen Ring aus 4cm Elektronik-Basteldraht mit PVC-Isolierung oder einen entsprechenden Abschnitt von einem kleinen Plastik-Kabelbinder.
Leider gibt es einen kleinen Nachteil: Egal ob man Strom abnimmt oder nicht, nach der Aktivierung beginnt der chemische Zerfall der Hörgerätebatterie, und die Lebensdauer ist mit ca. 4-6 Monaten ziemlich kurz. Also muss man immer eine Ersatzbatterie dabei haben oder am besten schon vor dem Urlaub eine neue einlegen. Wichtig ist auch: Diese Batterie braucht Luftsauerstoff. In luftdicht abgeschlossenen Batteriefächern kann es da Probleme geben. Manche alten Kameras haben im Münzschlitz des Batteriefachdeckels bereits ein kleines Löchlein. Falls nicht, muss man beherzt zu Bohrmaschine und 1-2mm-Bohrer greifen.
Lösung c) Es gibt Silberoxidzellen SR44, nicht zu verwechseln mit den oben unter a) genannten gleich großen Alkalizellen LR44. Diese SR44 haben eine ähnliche Charakteristik wie die alten Quecksilberzellen: konstante Spannung über eine sehr lange Lebensdauer. Leider ist die Spannung mit 1,55V zu hoch, und wir haben in Kameras ohne Brückenschaltung damit wieder einen Messfehler. Mit Hilfe einer kleinen Schottky-Diode BAT83 wird die Spannung auf die erforderlichen 1,35V reduziert. Die Diode muss in Durchlassrichtung eingelötet werden, sodass deren Kathode (die mit Farbring markierte Seite) im Stromkreis zum Minuspol der Batterie weist, bzw. die Anode zum Pluspol. Bitte nicht dadurch verwirren lassen, dass die mit dem Voltmeter gemessene Leerlaufspannung immer noch ca. 1,5V beträgt! Beim typischen Strombedarf dieser alten Belichtungsmesser von etwa 75µA passt es dann genau. Von Frans de Gruijter gibt es eine Bastelanleitung (pdf) für diesen Adapter. Die benötigten Kleinteile habe ich mir problemlos von ihm zuschicken lassen. Außer einem Elektronik-Lötkolben und etwas Feinmechanikerwerkzeug braucht man dazu noch Geduld und eine ruhige Hand.
Solche Diodenadapter setzen die Spannung von den 1,55V der SR44-Zelle nur ungefähr auf die 1,35V der alten Queckies herab. Die exakte Spannung hängt ab von der aktuellen Temperatur und dem Strombedarf der Kamera, der lichtabhängig und damit auch nicht konstant ist. Die Adapter funktionieren auf jeden Fall so gut, dass der Belichtungsmesser im besten Fall gar keine, und wenn, dann eine ausreichend konstante Abweichung hat, die man mit der ISO-Einstellung korrigieren kann. Mit einer SR44 ohne diesen Adapter wäre die Abweichung über den Messbereich auf jeden Fall nicht konstant!
Lösung d) Vielleicht muss das gute Stück ohnehin mal zum Service in eine Fachwerkstatt. Bei dieser Gelegenheit kann man viele alten Kameras mit einem internen Justier-Potentiometer auf SR44 mit 1,55V umstellen lassen. Danach hat man einen sauber justierten und über den ganzen Messbereich wieder zuverlässigen Belichtungsmesser. Mein Lieblings-Kameraschrauber hat dafür einen Aufpreis von 5 € (in Worten: fünf) verlangt. Lediglich wenn der Hersteller den Abgleich mit fest verlöteten Widerständen gemacht hat, wird die Umstellung aufwändig und lohnt sich wahrscheinlich nicht.
Man kann als geschickter Feinmechaniker eventuell auch selbst etwas machen, sogar ganz ohne Kenntnis der Kamera-Elektronik. Wenn man sich zutraut, die Kamera etwas zu zerlegen, ist hinter dem Batteriefach oft noch ausreichend Platz für die bei c) genannte Diode.
Lösung e) Es gibt im Fotohandel die schweineteure “revolutionary new WeinCell MRB625”. Das ist nichts anderes als eine geringfügig modifizierte 675er Hörgerätebatterie (weniger Luftlöcher) mit einem gestanzten Blechring als Adapter, damit sie in den Einbaumaßen mit der PX625 weitgehend identisch ist. Diese Lösung funktioniert logischerweise genauso gut wie meine Billig-Variante b). Wenn man schon mal auf die Werbung hereingefallen ist und für viel Geld eine solche MRB625 gekauft hat, kann man diesen Ring von der verbrauchten WeinCell abdrücken und anstelle des oben empfohlenen gebogenen Drahtes mit billigen Hörgerätebatterien weiterverwenden!
Hier noch ein weiteres solches Nepp-Angebot, bei dem man nur diese überflüssigen Adapterringe für richtig viel Geld kaufen kann. Diese werden beworben als „unzerbrechliche Präzisionsteile, Tausende zufriedener Kunden, ...“ :-)
Lösung f) Für diesen Tipp bedanke ich mich bei
Gervin Griesser (Fotograf und „Funkenschuster“):
Eine Alkalizelle LR44 muss in vielen Anwendungen schon ersetzt werden (z.B. in der LED-Lampe am Schlüsselbund),
wenn die verbleibende Leerlaufspannung auf 1,35-1,38 V gesunken ist.
Mit einem Voltmeter ist das leicht überprüfbar. Genau jetzt ist sie der ideale Quecky-Ersatz.
Da der Stromverbrauch dieser Belichtungsmesser äußerst gering ist, hält dieser Zustand lange an (mind. 1 Jahr).
Wenn die Kamera keinen Batterietestknopf hat, sollte man am besten alle paar Monate
mal die Spannung nachmessen. Diese Variante nutzt bei null Zusatzkosten alte Batterien noch aus,
bevor Sie endgültig in der Recycling-Box landen.
Achtung: Silberoxidzellen SR44 mit 1,35V Restspannung sind bereits so gut wie tot
und für diese Methode ungeeignet.
Gerüchte, die ich nicht bestätigen kann!
In den Hobbylabor-Foren melden sich naturgemäß auch viele Anfänger und (Noch-)Laien zu Wort. Daher findet man dort immer wieder mal angelesenes Halbwissen, das dann von Anderen munter ungeprüft abgeschrieben wird. Bei folgenden Punkten handelt es sich eindeutig um Gerüchte, d.h. da ist absolut nichts wahr daran.
a) Ilford Multigrade erreicht keine tiefen Schwärzen, nur Agfa-Papiere „knacken“
In der PE-Ausführung kann ich optimale Abzüge auf beiden Papiersorten in der halbmatten Version (pearl bzw. satin) überhaupt nicht auseinanderhalten, weder optisch noch haptisch. Beide Papiere sind hervorragend. Mangels eigener Erfahrung kann ich zu den Baryt-Ausführungen nichts sagen. Das Gerücht, dass nur Agfa-Papiere knacken, kommt wohl von Anwendern des alten Original-Agfa-Papiers, die nach der Agfa-Pleite auf Ilford-Papier umgestellt haben, ohne Belichtungszeit und Filterung anzupassen. Ilford hat jetzt nach 25 Jahren die Fertigung umgestellt auf das neue Multigrade in der 5.Generation, und schon geht es wieder los: „Das neue Papier ist zu hart, wo doch bisher immer alles okay war.“ Jede Papiersorte (genau genommen sogar jede Fertigungscharge) verhält sich eben ein bisschen anders und muss erst neu eingetestet werden. Wenn man ohne Laborbelichtungsmesser nur mit Probestreifen arbeitet, dauert es leider ein bisschen, bis man bei einem anders reagierenden Papier wieder ein intuitives Gefühl für die richtige Filterung entwickelt. Weil Ilford sein Material aber nicht ständig ändert, sondern über Jahrzehnte hinweg mit hoher Konstanz produziert, ist ein erneutes Eintesten auf jeden Fall die geringe Mühe wert.
b) Optimale Negative erhält man nur mit der vom Filmhersteller empfohlenen Chemie
Dazu sage ich nur: Auch andere Mütter haben schöne (schönere?) Töchter. Auch wenn viele davon geschwärmt haben: Was mir z.B. noch nie gefallen hat, war die Kombination Agfa APX in Agfa Rodinal. Das hat sich jetzt sowieso erledigt, beide Original-Produkte sind mit der Agfa-Pleite ausgestorben.
c) Beim Entwickler Kodak Xtol riskiert man den “sudden death”
Wahr ist: Xtol deutet seinen Tod nicht wie viele andere Entwickler durch eine gelbe bis bräunliche Verfärbung an. Das plötzliche und unsichtbare Umkippen dieses Standardentwicklers kann man als einen Geburtsfehler bei der Markteinführung 1996 betrachten. Was auch immer die eigentliche Ursache war, Kodak hat darauf reagiert, bietet die 1-Liter-Packung seitdem nicht mehr an und rät eindeutig davon ab, Entwickler-Stammlösung, die älter als 1/2 Jahr ist, in der Verdünnung 1+2 oder 1+3 zu verwenden. Wenn man das beachtet und vor Oxidation geschützt lagert, gibt es definitiv keine Haltbarkeitsprobleme im Vergleich zu Stammlösungen anderer Entwickler. Also immer daran denken: Die →Aufbewahrung des Vorrats erfolgt selbstverständlich nicht in dubiosen Plastikflaschen, sondern z.B. in Aponorm-Glasflaschen, voll mit Xtol bis knapp unter den Rand! So kann man Xtol jahrelang aufbewahren - wahrscheinlich, bei mir ist er noch nie so alt geworden. Stammlösungen, die nach einem Jahr noch herumstehen, entsorge ich, egal was drin ist. Das gilt erst recht bei einem preisgünstigen Entwickler wie Xtol. Dann kann man sich auch vor jeder Filmentwicklung den Schnipseltest mit dem Filmanschnitt sparen.
Von einem Ansatz in destilliertem oder demineralisiertem Wasser ist auch bei Kodak entgegen weit verbreiteter Meinung nicht die Rede. Ilford z.B. empfiehlt die Verwendung von enthärtetem (nicht destilliertem) Wasser erst bei einer extremen Wasserhärte deutlich über 17°dH oder 300 ppm Calciumcarbonat. Dann liest man auch manchmal, dass Eisen-Ionen im Leitungswasser schuld sein sollen. Kodak hat die anfängliche Eisen-Problematik angeblich durch Beigabe von Chelat-Bildnern bereinigt. In meinem Haus gibt es definitiv alte Eisenrohre. Ich hatte bisher gelegentlich Probleme mit Rostpartikeln im Leitungswasser, aber noch nie mit umgekipptem Xtol.
Ein Problem mit Xtol haben allenfalls Hobbyfotografen mit geringem Filmdurchsatz. Der 5-Liter-Ansatz für mind. 40 Filme mag für solche Anwender etwas viel sein. Dafür gilt mein Tipp: Nach einem Jahr den Vorrat vorsichtshalber ins Klo kippen. Auch dann sind die Entwicklerkosten je Film wahrscheinlich niedriger als mit den meisten anderen handelsüblichen Entwicklern. Mittlerweile gibt es übrigens als Ersatz für den vermurksten Xtol den Adox XT III auch als 1−Liter-Packung.
d) Alle Belichtungsmesser sind auf 18% Grau kalibriert
Okay, von Kodak gab es mal eine Graukarte, die 18% des einfallenden Lichts reflektiert hat.
Natürlich kann man damit auf die Beleuchtungsintensität schließen, genauso gut kann man
den Belichtungsmesser aber auch auf seine Hand-Innenfläche (ca. 35% Reflexion) oder auf ein weißes Blatt Papier (90%) richten.
Das ist nicht weniger willkürlich als die Messung auf die Graukarte. In all diesen Fällen muss man den Messwert korrigieren
und an den tatsächlich vorliegenden Motivkontrast anpassen.
Belichtungsmesser sind nach Norm auf eine Reflexion von 12,5-16,4% zu kalibrieren.
Das steht so nicht direkt in den Normen, kann man aber aus den Daten rückrechnen.
Die 18%-Graukarte liegt eindeutig außerhalb dieser Norm-Spezifikation.
Leider sagen nicht alle Hersteller, wie sie diesen Spielraum nutzen, auch wenn es nach Norm im Datenblatt stehen müsste.
Meine Erfahrung ist, dass alle auf ein dunkleres Grau von (je nach Hersteller) 12-14% Reflexion kalibrieren.
Sie orientieren sich damit an einer sommerlichen Freiluftszene in mittleren Breitengraden
(typisches Urlaubsmotiv mit 5,5-6 Blendenstufen Kontrastumfang).
Dass eine 18%-Graukarte nicht automatisch zu richtigen Belichtungsmessungen führt, hat übrigens auch Kodak zugegeben.
Siehe dazu meine →Anmerkungen zur Graukarte
e) Eine Lichtmessung mit dem Handbelichtungsmesser passt immer!
Dass ein Handbelichtungsmesser mit vorgeschobener Diffusor-Kalotte und Licht- statt Objektmessung eine perfekte Belichtung garantiert, steht nur in den Prospekten der Hersteller. Spätestens beim Anblick so mancher vergilbter Plastik-Kalotten sollten einem Zweifel kommen. Perfekt geeignet ist diese Lichtmessung nur zur Bestimmung des Beleuchtungskontrastes. Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinen Überlegungen zum →Handbelichtungsmesser.
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Stand: April 2021, wird gelegentlich korrigiert und bei neuen Ideen fortgesetzt.