Übersicht
• Vorwort
• Wozu überhaupt Filme eintesten?
• Auswahl von Film und Entwickler
• Vorbereitungen und Testaufnahmen
• Visuelle Auswertung des Testfilms
• Der optimale Negativkontrast
• Densitometrische Auswertung (mit Download eines Auswerteprogramms)
• Notlösung: Auswertung des Testfilms mit Handbelichtungsmesser
○ Anmerkung: Callier-Faktor
• Der zweite und dritte Testfilm
• Geht das mit einem Aufsichtsgraukeil nicht viel schneller?
• Unterschied Kleinbildfilm - Rollfilm
• Und was hat man jetzt davon?
Vorwort
Dies ist keine grundsätzliche Anleitung zur SW-Film-Entwicklung. Dazu gibt es zahlreiche andere Internet-Quellen oder Fachbücher. Die wichtigsten Links sind →hier in der SW-FAQ zu finden. Ich unterstelle daher, dass jeder, der diese Seite gesucht und gefunden hat, über die Grundlagen bereits Bescheid weiß, wie z.B. dass bei fast allen Entwicklern der Filmkontrast über die Entwicklungszeit gesteuert werden kann. Im deutschsprachigen Internet gibt es außer dieser hier natürlich auch noch andere Anleitungen zum Eintesten von SW-Filmen. Viele ausführliche Anleitungen erscheinen mir aber zu kompliziert oder schlecht zur Nachahmung geeignet, daher habe ich hier meine eigenen Erfahrungen zusammengefasst.
Das weiter unten im Abschnitt →Densitometrische Auswertung angebotene Programm zur leichteren Auswertung der Testaufnahmen stelle ich jedermann zur Verfügung, und es ist mir egal, ob es privat oder gewerblich genutzt wird. Ich übernehme aber keine Gewähr für die Richtigkeit der Ergebnisse. Wenn jemand Fehler entdeckt, bin ich natürlich für Hinweise dankbar. Wie man auch weniger wissenschaftlich durch gezieltes(!) Ausprobieren ans Ziel kommen kann, steht in dieser →Kurzanleitung zum Eintesten.
Wozu überhaupt Filme eintesten?
Es gibt Hobbyfotografen, die behaupten, sie seien nur an guten Bildern interessiert und wollten sich eigentlich nicht um die Technik kümmern. Das funktioniert leidlich gut bei KI-gesteuerter digitaler Handy-Knipserei, mit Film leider nicht immer! Analoge Fotografie kann zwar eine künstlerische Tätigkeit sein, aber sie basiert auf der Technologie des Films. Für optimale und reproduzierbare Ergebnisse im SW-Labor ist es wichtig, diese Technologie so weit verstanden zu haben, dass man sie auch unter extremen Lichtsituationen handwerklich sauber umsetzen kann. Da solche Extremsituationen eher selten sind, kommt man auch mit Vollautomatik und Entwicklung nach Herstellerangaben ziemlich weit, aber eben nicht überall hin. Darum geht es hier, und dazu ist es auch gar nicht erforderlich, diese Vorgänge in ihren physikalischen oder chemischen Details nachvollziehen zu können.
Bei einem Farbnegativfilm kann auf Eintesten verzichtet werden, da es nur darum geht, die tatsächliche Filmempfindlichkeit herauszufinden. Man legt ihn in die Kamera ein und belichtet mit der angegebenen Filmempfindlichkeit. Die Ergebnisse sind auf Anhieb immer mindestens mittelmäßig, nach einer eventuell notwendigen Reduzierung der Filmempfindlichkeit sogar optimal unter den gegebenen Umständen, die durch den Film definiert sind. Der Grund dafür sind weltweit standardisierte Entwicklungsverfahren. Abgesehen von Verfahrensfehlern kann man bei Farbfilm mit der Filmentwicklung das Ergebnis kaum beeinflussen. Nicht so bei Schwarzweißfilmen! Dort muss man die reale Filmempfindlichkeit und den durch die Entwicklung bestimmbaren Kontrast aufeinander abstimmen. Filmempfindlichkeit und Entwicklungszeit dürften danach nur zufällig den Datenblattangaben entsprechen. Daher kann es vorkommen, dass ein Film exakt nach Herstellerangaben belichtet und entwickelt wurde und man trotzdem keine brauchbare Vergrößerung davon erstellen kann. Es gibt keinen Standard-Entwickler, kein Standard-Entwicklungsverfahren, keinen Standard-Vergrößerer, kein Standard-Fotopapier und auch kein objektiv optimales Standard-Entwicklungsergebnis. Ilford ist ehrlich und warnt in seiner Entwicklungszeittabelle: “These times are intended as a guide only!”
Notwendige Geräte
Man braucht vor allem ein Densitometer, das ist im Grunde nichts anderes als ein genauer Belichtungsmesser. Mein altes Densitometer gab es gebraucht günstig aus einer Röntgenlabor-Auflösung. Solche professionellen Transmissions-Densitometer nach ISO 5‑2 haben eine eingebaute, bezüglich Messgeometrie und Farbspektrum genau definierte Lichtquelle und einen darauf abgestimmten Sensor. Nur mit einem solchen genau kalibrierten Gerät kann man absolut vergleichbare Dichtewerte direkt am Film messen. Weil Norm-Densitometer mit diffusem Licht messen, sollten deren Dichtewerte direkt auf die Arbeit mit reinen Diffusor-Vergrößerern (und nur auf diese) übertragbar sein. Der Vorteil solcher Densitometer ist sonst nur, dass man die Testnegative auch tagsüber am Schreibtisch ausmessen kann. Zum Eintesten von SW-Filmen für die spätere Vergrößerung im SW-Labor sind übliche →Laborbelichtungsmesser besser geeignet, die direkt in densitometrischen Einheiten anzeigen (Dichte D). Die gibt's leider auch nicht als Schnäppchen, und wirklich gute gebrauchte Geräte sind selten. Für den hier beschriebenen Zweck taugen aber auch einfache Geräte, die nur eine Belichtungszeitanzeige haben, wie z.B. der alte Hauck/Kaiser Trialux, der nicht einmal auf die vorgesehene Papiersorte kalibriert sein muss. Mit einem Laborbelichtungsmesser misst man auf dem Grundbrett des Vergrößerers genau das Licht, das das Fotopapier bei der Anfertigung von Vergrößerungen sieht. Unvermeidbare und typische Streulichtanteile, für die der Vergrößerer und das Objektiv verantwortlich sind, sind ebenso wie bei späteren Vergrößerungen in den gemessenen Dichtewerten enthalten. Alles, was man sonst braucht, ist ein Taschenrechner oder ein PC mit Tabellenkalkulation (Excel, LibreOffice), sowie Standardzubehör zur Filmentwicklung.
Der einzige Nachteil der nachfolgend beschriebenen Messmethode mit dem Laborbelichtungsmesser ist, dass die damit ausgewerteten Ergebnisse nur im Zusammenhang mit der individuell verwendeten Prozesskette gelten, vom Belichtungsmesser der Kamera bis zum Vergrößerungsgerät. Die Ergebnisse sind daher nicht direkt mit Dichtekurven aus Datenblättern vergleichbar, die idealerweise durch Belichtungsreihen in Profi-Sensitometern und Messung mit Profi-Densitometern ohne Streulichtverfälschungen etc. aufgezeichnet werden. Manchmal hat man aber auch den Eindruck, dass die veröffentlichten Kurven von den Marketingabteilungen optimiert wurden. Der riesige Vorteil meiner Methode ist, dass alle konstanten Störeinflüsse aus der eigenen Prozesskette in der Messung enthalten sind und nicht weiter berücksichtigt werden müssen.
Wer noch keines der genannten Geräte hat und auch kein Geld investieren will, muss sich notgedrungen durch allmähliche Variation von Belichtung und Entwicklung von Film zu Film herantasten, bis das Ergebnis passt und von einem normalen Motiv ein optimaler Abzug auf Grad.2 gelingt. Wie man auch damit systematisch eintesten kann, habe ich hier in der →SW-FAQ beschrieben. Wenn man das mit einer Film-Entwickler-Kombination einmal geschafft hat, sollte man zunächst bei diesem Material bleiben und fotografieren statt testen. Das ist die Standard-Herangehensweise von vielen erfolgreichen Fotografen.
Auswahl von Film und Entwickler
SW-Fotografie ist ein Nischenmarkt, trotzdem ist die Vielfalt verschiedener Materialien erstaunlich und für einen Anfänger verwirrend. Man muss sich also zunächst für max. zwei Filme (100er als Standard und 400er für die dunkle Jahreszeit) und vor allem für 1 (einen!) Entwickler entscheiden. In meiner SW-FAQ habe ich einige Auswahlkriterien für →Filme und →Entwickler zusammengestellt. Die Entscheidung für genau eine bewährte Kombination ist der wichtigste Tipp, den man einem Anfänger geben kann. Ein ständiges Hin- und Herprobieren auf der Suche nach der Ideallösung führt nur dazu, dass man irgendwann abgelaufene Restbestände von zahlreichen Film- und Entwicklersorten herumstehen hat und damit nur Frust ansammelt. (Ich weiß leider, wovon ich schreibe!)
Die ideale Kombination ist die, die man am besten kennt und mit der man bereits seine Erfahrungen gesammelt hat. Wenn man einmal so weit ist, dass man genau weiß, was man will, kann man immer noch etwas anderes ausprobieren. Ob die Fotos damit besser werden, ist nicht sicher.
Vorbereitungen und Testaufnahmen
Die nachfolgenden Beschreibungen gelten für Kleinbildfilm, sind aber auch mit 120er Rollfilm durchführbar. Materialverbrauch und Kosten für diesen Test werden damit natürlich höher, weil man keine teilweise belichteten Rollfilme abschneiden und entwickeln kann. Auch werden die Verschlusszeiten bei KB-Kameras genauer eingehalten als bei größeren Formaten. Dazu kommt noch, dass durch die Technik des Zentralverschlusses die wirksame Belichtungszeit von der eingestellten Blende abhängt.
Nach meiner Erfahrung bringen Kleinbild- und Rollfilm nicht immer identische Ergebnisse. Ob →Rollfilm längere Entwicklungszeiten erfordert (kürzere hatte ich noch nie), kann bereits mit zwei Testaufnahmen mit -2 und +2 EV überprüft werden. Auch damit kann man bereits den gamma-Wert ermitteln und erhält einen Anhaltswert für die reale Filmempfindlichkeit. Die Form der Dichtekurve sollte bei Entwicklung auf den gleichen Kontrast identisch sein.
Alle Testaufnahmen erfolgen bei konstant diffusem Tageslicht. An einem heiter bis wolkigen Tag mit ständig wechselnder Beleuchtung hat man keine Chance. Dann muss das Vorhaben eben verschoben werden. Wenn der Himmel nicht wolkenlos und strahlend blau ist, sollte man nach 2-3 Aufnahmen der Belichtungsreihe noch einmal mit dem Belichtungsmesser kontrollieren, ob das Licht tatsächlich konstant geblieben ist. Innerhalb einer halben Minute kann sich da schon etwas ändern, selbst wenn man es mit freiem Auge nicht wahrnimmt. Tageslicht muss es deswegen sein, weil ein SW-Film bei Kunstlicht eine abweichende Empfindlichkeit hat (typisch 1-2 DIN weniger). Von der Verwendung jeglicher Belichtungsautomatik rate ich ab, da diese eine Quelle für nicht vorhersehbare Abweichungen darstellt. Normgemäß sind bei Automatik ±⅔ EV Abweichung zulässig. (In der selben Norm steht übrigens auch, dass Diafilm auf ⅓ EV genau belichtet werden muss.) Um eine Belichtungsautomatik optimal nutzen zu können, sollte man in einem weiteren Kurztest prüfen, ob diese zum gleichen Ergebnis kommt wie die Testaufnahmen mit manueller Belichtungseinstellung.
Eine KB-Kamera, die manuelle Belichtungseinstellung erlaubt, wird mit einem 36-er Film geladen und die Nenn-Empfindlichkeit wird am Belichtungsmesser eingestellt. Stehen mehrere Kameras zur Auswahl, kommt die dran, deren Zeit- und Blendensteuerung am zuverlässigsten erscheint. Ansonsten empfehle ich, zum Eintesten alle Zeiten von 1/500 s und kürzer zu vermeiden. Bei Zentralverschlüssen ist auch 1/250 s nicht mehr vertrauenswürdig! Normalerweise werden die Blendenwerte genauer eingehalten als die Belichtungszeiten. Das Objektiv ist idealerweise eine Normalbrennweite oder ein leichtes Tele, das auf unendlich stehen muss (Autofocus aus!). Die manuell einzustellenden Blendenwerte gelten nur bei unendlich, kürzere Aufnahmeentfernungen erfordern eine Belichtungskorrektur. Zooms scheiden aus, weil die vielen Linsenelemente deutlich Licht schlucken und eine manuell eingestellte Blende 4 eher einer Lichtstärke 4,5 entspricht. Um auf jeden Fall Verfälschungen durch den Schwarzschildeffekt des Films zu vermeiden, sollten keine Belichtungszeiten länger als 1/2 Sekunde verwendet werden.
Da nicht alle Belichtungsmesser übereinstimmende Messergebnisse liefern, sollten Sie für diese Tests immer den selben Referenzbelichtungsmesser verwenden. Das kann natürlich auch der in der Kamera integrierte sein. Kameras, bei denen eine digitale Belichtungsanzeige gleich Sprünge von 1/2 Blendenstufe macht, sind dafür aber ganz schlecht geeignet. Besser sind analoge Zeigerinstrumente oder noch besser Handbelichtungsmesser mit 0,1 EV Anzeigegenauigkeit. Hierzu ist möglicherweise auch mein →Belichtungsmesser-Vergleichstest von Interesse.
Jetzt wird formatfüllend auf eine einheitlich helle und farblich neutrale Fläche die Belichtung gemessen. Das muss keine teure Graukarte sein, ich nehme z.B. immer ein Blatt Druckerpapier. Am besten ist Recycle-Papier, weil das keine bei UV-Licht wirksamen Aufheller enthält. Mit dieser Belichtungseinstellung erhalten wir ein Negativ mit mittlerem Grauwert. Ausgehend davon wird jetzt eine manuell eingestellte Belichtungsreihe mit neun formatfüllenden Aufnahmen gemacht, auf denen nichts außer diesem Blatt Papier drauf ist. Damit der Belichtungsmesser ganze (oder halbe) EV-Werte anzeigt und ich am Objektiv genau ganze (oder halbe) Blendenstufen einstellen kann, muss ich eventuell die Beleuchtung geringfügig ändern, z.B. Jalousie ein bisschen rauf oder runter. Wir beginnen mit einer Unterbelichtung um 4 EV (Blenden- oder Zeitstufen), die letzte Aufnahme ist dann 4 Stufen überbelichtet:
−4 −3 −2 −1 ±0 +1 +2 +3 +4
Im →Zonensystem von Ansel Adams sind das die Zonen I bis IX, die Zone V (±0) entspricht dabei der Belichtungsmesseranzeige. Der Kontrastumfang dieser neun Testaufnahmen beträgt 8 Blendenstufen oder 1:256, was für die alltägliche Knipserei schon extrem viel ist. Ein manueller Belichtungsabgleich eines integrierten Belichtungsmessers muss übrigens nicht unbedingt zur gleichen Belichtung führen wie eine Belichtungsautomatik. Man kann das gleich zusätzlich überprüfen, wenn man als Aufnahme Nr. "0" auf dem Bildzählwerk mit einer unkorrigierten Automatikbelichtung beginnt. Der Film wird nach den Aufnahmen zurückgespult, dabei die Zunge möglichst noch aus der Patrone herausstehen lassen. Vom Filmanfang werden inklusive Zunge 76 mm abgeschnitten und die Ecken wie gewohnt leicht abgeschrägt.
Weiter geht's in der Dunkelkammer, in der vorher an einem Tisch oder Regalbrett im Abstand 456 mm von der Kante z.B. mit Klebeband eine im Dunklen tastbare Markierung angebracht wird. Das entspricht der Länge des belichteten Films einschließlich Sicherheitsabstand. Diese Filmlänge wird mit einer Schere abgeschnitten und wie gewohnt in die Entwicklungstrommel eingespult.
Der in der Patrone verbliebene Rest des Films reicht exakt für zwei weitere gleichartige Probefilme. Mit der Schere wird zum erneuten Einlegen wieder die übliche Form der Zunge angeschnitten.
Testaufnahmen auf Planfilm
Mit Planfilm in einer Großformatkamera gibt es eine verblüffend einfache Methode. Man kann den Film mit Hilfe des Schiebers teilweise abdecken oder freigeben und streifenweise belichten. Damit verbraucht man für eine komplette Testreihe nur einen einzigen Film. Am Beispiel des verbreiteten 4×5-Zoll Formats geht es wie folgt:
Mit dem Belichtungsmesser wird zunächst die Blende ermittelt, bei der sich eine Belichtungszeit von 1/15 s ergibt (= Zone V). Das Objektiv sollte dabei mindestens um 2 Stufen abgeblendet sein, sonst werden die Messungen durch unvermeidbare Vignettierungen verfälscht (Helligkeitsabfall zum Rand hin, vor allem bei Weitwinkelobjektiven). Notfalls muss man einen sonnigen Tag abwarten, an dem die Beleuchtung der einheitlich weißen oder grauen Fläche passend ist. Weiterhin gehe ich davon aus, dass für GF-Fotografen die Zonen 0 und I nicht relevant sind, weil viele von ihnen die Schatten eher auf Zone III legen. Es genügt daher, die Belichtungsreihe mit Zone II zu beginnen. Die Negativbreite 5 Zoll oder 127 mm erlaubt 8 Aufnahmen. Die Aufnahme #1 laut folgender Tabelle erfolgt ohne Schieber. Nach jeder Belichtung wird der Schieber um 1/8 der Breite oder ca. 15 mm weiter hineingeschoben. Oder man beginnt die Belichtungsreihe in der Tabelle unten (Schieber-Position: 15 mm geöffnet) und zieht den Schieber für jede Aufnahme um weitere 15 mm heraus. Es empfiehlt sich, diese Positionen vorher mit wischfestem Folienstift auf dem Schieber zu markieren.
Nr. | Schieber-Öffnung | Bel.-zeit | Gesamtzeit | Zone |
---|---|---|---|---|
# 1 | 100 % | 1/125 | 1/125 | II |
# 2 | 87,5 % | 1/125 | 1/60 | III |
# 3 | 75 % | 1/60 | 1/30 | IV |
# 4 | 62,5 % | 1/30 | 1/15 | V |
# 5 | 50 % | 1/15 | 1/8 | VI |
# 6 | 37,5 % | 1/8 | 1/4 | VII |
# 7 | 25 % | 1/4 | 1/2 | VIII |
# 8 | 12,5 % | 1/2 | 1s | IX |
Selbstverständlich kann diese Tabelle je nach Filmformat, Filmempfindlichkeit und gewünschten Zonen angepasst werden.
Filmentwicklung
Der Film wird jetzt wie gewohnt entwickelt. Dabei auf Einhaltung aller(!) wichtigen Parameter achten. Dazu gehören vor allem die Einhaltung einer Standard-Entwicklertemperatur und der immer gleiche Kipprhythmus, z.B.:
- Ilford-Kipp: 10/60/4x, d.h. die ersten 10s Dauerkippen, danach alle 60s 4x (ca. 10s lang)
- Agfa-Kipp: 60/30/1x
- Kodak-Kipp: 5/30/5x, wobei die 5 Kippbewegungen nur 5 s dauern sollen, also sehr kräftig kippen!
- Stand-Entwicklung, bei der nach kurzem, anfänglichem Kippen überhaupt nichts mehr bewegt wird: Das soll durch Kanteneffekte mehr Schärfe bringen, aber das ist ein widerlegtes Gerücht (siehe Karl Neumeier: „Die richtige Bewegung“). Bitte erst gar nicht ausprobieren! Man hat keinen Vorteil, riskiert aber sogenannte →Bromidabläufe. Typisch dafür sind schlecht entwickelte (d.h. hellere) Streifen im Negativ, die von stark belichteten Stellen - der Schwerkraft folgend - nach unten verlaufen. Zuverlässig verhindern kann man das nur durch mehr Bewegung. Bei den bewährten Standard-Kipprhythmen ist dieser Fehler ausgeschlossen.
- Auch wichtig: Nach dem Kippen kommt bei mir immer eine abschließende Schwenkbewegung (wie mit einem guten Glas Cognac) zur Lösung von Luftblasen. Kodak empfiehlt alternativ, die Dose aus 1 inch Höhe hart auf den Tisch fallen zu lassen. Damit sich auf gar keinen Fall Luftblasen zwischen den Windungen festsetzen und einen gleichmäßigen Start der Entwicklung verhindern, ist ein kräftiges Kippen ganz zu Anfang besonders wichtig.
- Rotation in einer Jobo CPE 2 oder 3 geht natürlich auch. Diese Geräte sind eigentlich für den C41-Prozess bei 37,8°C (genauer: 100±0,25°F) gedacht. Für SW-Filme sind sie nur interessant, wenn man regelmäßig große Mengen verarbeiten muss. Dabei ist vor allem auf wechselnde Rotationsrichtung zu achten. Vom Paterson-Drehstab oder Handrotation auf dem Küchentisch rate ich ab, weil man das niemals konstant hinbekommt. Bei genauer Betrachtung bringt die Kippentwicklung das geringfügig bessere Ergebnis, siehe z.B. hier: Streifen bei Rotationsentwicklung oder wieder Karl Neumeier: „Die richtige Bewegung“.
Die Entwicklungszeit läuft bei mir immer ab dem vollständigen Einfüllen des Entwicklers. Nach Ablauf der Zeit wird der Entwickler ausgekippt. Die konstant 15 s Ausgieß- und Abtropfzeit zählen bei mir nicht mehr zur angestrebten Entwicklungszeit. Ilford empfiehlt, bereits 10 Sekunden vor Zeitablauf auszukippen und abtropfen zu lassen. Egal wie, man muss das auf jeden Fall immer gleich machen - und immer dasselbe →Thermometer verwenden, auch wenn es vielleicht falsch anzeigt. Abschließend wird die Entwicklung →gestoppt und der Film →fixiert.
Das Wichtigste bei der Entwicklung ist, diesen Prozess exakt wiederholen zu können. Dazu hat sich bei mir Folgendes bewährt:
- Ich verwende grundsätzlich nur Einmalentwickler.
- Bei Zeiten über 10 Minuten kippe ich unabhängig vom Entwickler im bequemen 60s-Rhythmus. Bei kürzeren Zeiten verwende ich einen 30s-Kipprhythmus. Zeiten unter 5 Minuten sollte man vermeiden, weil dann die Streuungen zunehmen. Es ist wichtig, einen bewährten Rhythmus bei allen Filmentwicklungen konsequent beizubehalten. Bei einem anderen Kipprhythmus muss selbstverständlich die Zeit neu eingetestet werden. Weil es zu viele Einflüsse gibt, kann man leider nicht mit einem einfachen Faktor umrechnen, der für alle Filme, Entwickler und Verdünnungen gleichermaßen gilt. Ich habe einmal gelesen, dass man durch mehr Bewegung den Detailkontrast (? was ist das?) steigern kann, ohne dass die Kurve steiler wird. Das ist eines der vielen Gerüchte rund um die Filmentwicklung, denn mit Detailkontrast kann eigentlich nichts anderes als Schärfe gemeint sein. Und dass mit häufigerem Kippen ein Film schärfer wird, soll erst mal einer nachweisen. Genauso viele unbestätigte Gerüchte behaupten auch das Gegenteil. Sicher ist aber: Wenn außer der Entwicklungszeit gleichzeitig auch noch der Kipprhythmus variiert wird, hat man eine Stellgröße zu viel und blickt bald gar nicht mehr durch.
- Der Entwicklungsprozess wird bei mir grundsätzlich mit einem →sauren Stoppbad abgebrochen, hauptsächlich weil ich das schon immer so gemacht habe. Um eine nie ganz auszuschließende Nachentwicklung in einem Wasser-Zwischenbad brauche ich mir dann keine Sorgen zu machen.
- Ich halte die Nenntemperatur (meist 20°C) während der gesamten Entwicklungszeit möglichst genau ein, was in der Praxis gar nicht so einfach ist. An heißen Sommertagen nutzt es wenig, den Entwickler auf 20° zu temperieren und dann in eine 26° warme Entwicklungsdose einzufüllen. An solchen Tagen steht die Dose notfalls in einem vortemperierten 20°-Wasserbad. Weil das eine ziemliche Pritschelei ist, sind heiße Sommertage eher ungeeignet für genaue Tests.
Für abweichende Temperaturen gibt es Korrektur-Tabellen oder -Formeln, ausgehend von der Entwicklungszeit Z20 bei 20°C:
korrigierte Zeit Z bei Temperatur T
- nach Kodak: Z = Z20 × e[−0,081 × (T − 20°)] oder
- nach Ilford-Diagramm bzw. Dr.Otto Beyer: Z = Z20 × e[− (T − 20°) / 10,827397] oder
- nach Anzinger für diejenigen ohne e-Funktion auf dem Taschenrechner:
Z = Z20 × (0,004×T×T − 0,25×T + 4,4).
Im Bereich 16-26°C sind alle diese Formeln, die eine wissenschaftliche Präzision nur vermuten lassen, gleichwertig. In Wirklichkeit bräuchten wir für jede Film-Entwickler-Kombination eine andere Formel. Wir wollen hier sicher nicht auf Sekundenbruchteile genau rechnen. Bei kleineren Temperaturabweichungen gilt schlicht und einfach folgende Näherung: ±1°C müssen durch ∓10% Entwicklungszeit kompensiert werden. Auch ich verwende zum Eintesten bei abweichenden Temperaturen eine nach obigen Formeln korrigierte Zeit. Aber ich achte vorher darauf, dass ich meine Nenntemperatur 20°C möglichst genau einstelle. Wenn eine Abweichung von nur wenigen Zehntel Grad mit einer solchen Korrekturformel ausgeglichen wird, ist diese Störgröße vernachlässigbar.
Weil es sich nur um einen Testfilm handelt, der nach dem Messen der Dichtewerte sowieso im Müll landet, trockne ich solche Filme ruck-zuck mit dem Haarfön.
Visuelle Auswertung des Testfilms
Was man mit bloßem Auge auf keinen Fall abschätzen kann, sind die Negativdichten
und der daraus zu ermittelnde →gamma-Wert des Testfilms.
Der visuelle Eindruck wird durch den Grundschleier stark verfälscht.
Filme mit höherem Grundschleier erscheinen tendenziell zu dicht (überbelichtet und/oder überentwickelt),
Filme mit klarem Träger erscheinen immer zu dünn.
Was man aber deutlich sieht: Der entwickelte Testfilm sollte neun Aufnahmen zeigen. Sie sehen nur acht Aufnahmen?
Das ist gut möglich, dann war die erste Aufnahme (−4 EV) zu knapp belichtet, um eine sichtbare Schwärzung zu erzeugen.
Oft ist die angegebene Nennempfindlichkeit etwas übertrieben,
oder Ihr Entwickler nutzt die Empfindlichkeit schlecht aus
(wie viele auf Feinkorn oder Schärfe optimierten Entwickler), oder es trifft beides zusammen zu.
Bei richtiger Belichtung müsste sich diese erste Aufnahme deutlich sichtbar
vom klaren Filmanfang oder dem Perforationsrand abheben.
Der optimale Negativkontrast
Ein ideales Negativ sollte einen Kontrast aufweisen, der optimale Abzüge mit der mittleren Papiergradation 2 ermöglicht. Ein Maß für den Kontrast ist die Steilheit der Dichtekurve im mittleren, meist gerade verlaufenden Kurventeil, mathematisch ausgedrückt durch den →gamma-Wert. Welcher gamma-Wert anzustreben ist, hängt vom verwendeten Fotopapier ab. Leider zeigen verschiedene Papiersorten bei identischer Filterung nicht den gleichen Kontrastumfang. Die Datenblätter liefern hierzu nur grobe Anhaltswerte. Dazu kommt leider noch, dass die Gradationsangaben von jedem Farbkopf-, Filter- oder Papierhersteller nach eigener Willkür definiert werden. Es gibt dafür keine Norm, die das für alle einheitlich festlegt. Für den Anfang sollten die Angaben für den ISO-R-Wert aus dem Datenblatt des Fotopapiers genügen, aber für einen optimalen Prozess kommt man nicht darum herum, irgendwann auch sein →Fotopapier einzutesten!
Für das von mir überwiegend verwendete Ilford Multigrade RC (in der aktuellen 5. Generation) benötigt man lt. Datenblatt ein gamma von 0,54, gemessen nicht mit einem Transmissions-Densitometer, sondern mit einem Laborbelichtungsmesser auf dem Grundbrett des Vergrößerers. Da diese Messung die Bauarteigenheiten des →Vergrößerers und alle individuellen Streulichteinflüsse inkl. des →Callierfaktors berücksichtigt, sollte dieser Wert allgemein für jede Dunkelkammerausstattung gelten. Solche Negative kann man dann bei einem durchschnittlichen Motivkontrast von 5½ Blendenstufen wunderbar auf eine mittlere Gradation 2 vergrößern und in beide Richtungen gibt es ausreichend Reserven durch Wahl einer anderen Papiergradation zwischen 0 und 4. Die dann noch möglichen Extrem-Gradationen 00 und 5 sind nur ein Notbehelf für vermurkste Negative.
Diesen theoretischen Zielwert γ=0,54 ermittle ich wie folgt:
Wir gehen von einem „normalen“ Motiv mit 5½ Blendenstufen Kontrastumfang aus (mein persönlicher Erfahrungswert aus Urlaubs- und Alltagsfotografie). Wenn ein sonniges Motiv helle Oberflächen im Licht und dunkle Flächen im Schatten aufweist, kann dieser Umfang locker 7 Blendenstufen oder auch mehr betragen, wie z.B. bei Strand- oder Schneeszenen. Wir müssen solche Sonderfälle schon bei der →Belichtungsmessung getrennt betrachten. Was ein durchschnittlicher Motivkontrast ist, hängt von persönlichen Vorlieben ab. Zwischen Theaterbühnen und Nebellandschaften liegen Welten.
Die von mir angenommenen 5½ Blendenstufen entsprechen rechnerisch einem Kontrast von 25,5 = 1:45 oder logarithmisch 5,5×log(2) = 1,66. Ilford Multigrade V RC-Papier kann bei mittlerer Gradation 2 einen Dichteumfang von 0,90 wiedergeben (ISO-R = 90 lt. Datenblatt, gültig für Ilford-Einlegefilter). Der Ziel-Gammawert beträgt also 0,90÷1,66 = 0,54, gemessen auf dem Grundbrett des Vergrößerers. Nur was dort ankommt, ist für die Papierbelichtung maßgebend. Mit einem Transmissionsdensitometer misst man normalerweise geringere Dichten und γ-Werte, weil dessen Beleuchtungsgeometrie ideal diffus sein sollte und sicher nicht das Streulichtverhalten wie der verwendete Vergrößerer aufweist.
Für andere Papiersorten, muss man den Zielwert anpassen.
Das alte Multigrade IV erforderte (wieder nach Messung auf dem Grundbrett) einen Zielwert von gamma = 0,66,
Mit einem Dichteumfang lt. Datenblatt für Gradation 2 bräuchte z.B.
Kentmere VC Select ein ideales Film-gamma von 0,57, Fomaspeed-Variant 0,54 und (nach eigenen Messungen) Fotoimpex EasyPrint 0,66.
Da Vergrößerungen heute überwiegend mit Diffusor-Vergrößerern und Variokontrastpapier gemacht werden,
hat Ilford beim Wechsel von Multigrade IV auf V auch die Kontrastwiedergabe des Fotopapiers geändert.
Die alte Erfahrung γ=0,7 oder noch größer für Diffusor-Vergrößerer muss daher auf γ=0,54 geändert werden.
Ein γ=0,7 (gemessen mit einem Norm-Densitometer) für die Bestimmung der ISO-Filmempfindlichkeit ist gemessen an heutigen
Fotopapieren bereits als viel zu harte →Push-Entwicklung einzustufen.
Meine Beispielrechnungen gehen von der Verwendung der original Ilford-Einlegefilter aus. Bei Mischbox- oder Diffusor-Vergrößerern kann die nach einer Skala am Drehknopf eingestellte Gradation einen anderen Dichteumfang ergeben. Eine Übereinstimmung mit den ISO‑R-Werten aus dem Datenblatt wäre reiner Zufall. Jeder Hersteller interpretiert die Gradationsstufen leider ein bisschen anders, und das auch noch unterschiedlich von einer Papiersorte zur nächsten. Dazu kommen dann noch nicht ganz vernachlässigbare Streuungen bei der Emulsionsherstellung.
Diese bisherigen Überlegungen waren reine Theorie, die gut funktioniert, wenn die fotografierten Motive ausreichend Kontrast haben. Mit Fotos an grauen Wintertagen kann man sich damit aber Probleme einhandeln. Meine Erfahrung ist, dass man mit harter Gradation problemlos die Lichter (Reflexionsdichte D=0,04) und Schatten (0,9×Dmax) aufs Papier bekommt. In solchen Fällen sind die Mitteltöne aber nur matschiges Grau. Vor allem der KB-Film schafft es nicht, bei geringem Kontrast feine Details zu differenzieren. Was auf dem Negativ nicht drauf ist, kann man unabhängig vom Verfahren nicht aufs Papier bringen. Mittel- und Großformat sind da deutlich weniger sensibel. Weil bei mir Kleinbildfilm mengenmäßig überwiegt, hat es sich daher bewährt, mit tendenziell härteren Negativen zu arbeiten und dafür etwas weicher mit mehr Y-Filterung zu vergrößern. Die Gradationsspreizung bis 00 bietet hier reichlich Reserven. Mein persönlicher gamma-Zielwert für IMG V liegt daher bei etwa 0,60 (wieder gemessen auf dem Grundbrett des Vergrößerers).
Densitometrische Auswertung des Testfilms
Idealerweise erfolgt die Vermessung des Testfilms mit einem Laborbelichtungsmesser auf dem Grundbrett des Vergrößerungsgeräts (Testnegative in der Bildbühne). In diesem Fall enthält die Messung bei ausgeschaltetem(!) Duka-Licht bereits alle Streulichteinflüsse aus der Beleuchtungseinrichtung (Kondensor und/oder Diffusor, Reflexe an Wänden usw.). Damit der Callier-Effekt (pdf) realistisch in die Messung eingeht, sollte die Messung bei der Blendeneinstellung vorgenommen werden, mit der auch das Papier belichtet wird. Ein typischer Laborbelichtungsmesser kann Dichteunterschiede ΔD=0,01 anzeigen, ein guter Handbelichtungsmesser 0,1EV=0,03ΔD, die Belichtungsmesseranzeige von Kameras dagegen oft nur 0,5EV=0,15ΔD! Die Messung mit der Belichtungsmesseranzeige auf dem LCD-Display einer solchen Spiegelreflex (ohne Kameraobjektiv, Bayonett nach oben auf dem Grundbrett) ist also recht grob. Vor allem kann man den interessanten Bereich am Fuß der Dichtekurve damit nicht ausreichend genau erfassen.
Wenn der Laborbelichtungsmesser die Dichte D über dem Grundschleier anzeigen kann, hat man es besonders einfach, siehe Gebrauchsanweisung dieses Geräts. Um Messfehler durch Vignettierung des Aufnahme- und/oder Vergrößerungsobjektivs auszuschalten, muss lediglich darauf geachtet werden, dass die Messzelle immer in der Bildmitte liegt.
Wenn der Laborbelichtungsmesser nur Zeit in Sekunden anzeigt, muss man etwas rechnen (z.B. beim Hauck/Kaiser Trialux).
Als erstes notieren wir die Zeit Za in Sekunden, die der Belichtungsmesser für den
unbelichteten Filmanfang anzeigt. Die nächsten Messungen machen wir dann für die neun Testaufnahmen
und notieren jeweils die Zeit Z in Sekunden.
Jetzt wird gerechnet. Die Dichte D über dem Grundschleier (engl.: base+fog) ergibt sich wie folgt:
D = log(Z) − log(Za)
Die so ermittelten Dichtewerte kann man als Bleistiftkreuzchen in diesen →hier herunterladbaren Diagramm-Vordruck (PDF) eintragen: die Belichtungsstufen −4 bis +4 auf der x-Achse, die D-Werte auf der y-Achse. Die Steigung der sich ergebenden Dichtekurve im mittleren, meist geraden Bereich wird durch den Gammawert ausgedrückt, den man auch einfach mit einem Taschenrechner ermitteln kann. Ich empfehle dazu die Dichten der Belichtungsstufen -2 und +2 und rechne wie folgt:
gamma = [D+2 − D-2] / 1,2
bzw. gamma = Dichteunterschied geteilt durch 1,2
Der Teiler 1,2 ergibt sich aus 4 Blendenstufen à 0,3 und 0,3≈log(2).
Schöner geht es natürlich direkt mit dem PC. Ein Arbeitsblatt habe ich nachfolgend direkt zum Herunterladen vorbereitet.
(Die Dichtewerte der enthaltenen Beispielkurve entsprechen einem modernen SW-Film, entwickelt auf einen hohen Kontrast γ=0,7
nach Vorgaben der →DIN ISO 6 „Filmempfindlichkeit“.)
Aktuelle Programmversion 2.4, wahlweise auch in engl. Sprache
Filmtest.xlsx für MS-Excel | Filmtest.ods für LibreOffice |
---|
Ihre Diagramme sehen dann vielleicht so aus wie in folgendem Bild, in dem bis zu 6 Testreihen
in unterschiedlichen Farben dargestellt werden können.
Der gamma-Wert der Tabelle wird aus den Dichten im Bereich der Belichtungsstufen
von -2 bis +2 gebildet. Die farbigen Punkte in meinem Diagramm zeigen den lokalen
gamma-Wert an den jeweiligen Kurvenpositionen; ich habe das „Partialkontrast“ genannt.
Hinweis: Bitte betrachten Sie die hier gezeigten Kurvenverläufe nur als Beispiele.
Mit anderen Entwicklern, Verdünnungen oder Ziel-gamma-Werten können sich abweichende Kurvenformen ergeben.
Gemessen wurden mit dem RHD-Analyser auf dem Grundbrett des Vergrößerers genau die Dichten, die das Papier „sieht”.
Für Vergrößerung auf Multigrade IV galt ein Zielwert gamma = 0,65, unabhängig von der Bauart des Vergrößerers.
Für das aktuelle MG V sollte man mit etwa 20% kürzeren Entwicklungszeiten einen gamma-Wert von ca. 0,55 anstreben.
Die nutzbare Empfindlichkeit ist dadurch etwa 2 DIN geringer.
Interpretation von typischen Dichtekurven
Die Norm-Filmempfindlichkeit liegt dann vor, wenn der Film bei 4 Stufen Unterbelichtung und nach einer Entwicklung auf einen recht hohen Kontrast gamma=0,7 eine Dichte von 0,1 über dem Grundschleier hat. Im alten →Zonensystem nach Ansel Adams entspricht die Dichte 0,1 der Zone I. Ich empfehle wegen starker Streuungen im Fußbereich der Kurve nicht die →Auswertung nach Norm, sondern für mich ist der Beginn der geraden Dichtekurve maßgebend. Das ist bei den meisten modernen SW-Filmen der Fall bei einer Dichte von 0,2 bzw. 3 EV-Stufen Unterbelichtung. Der mögliche Belichtungsumfang des Films entspricht dem weitgehend geraden Teil der Dichtekurve. Viele moderne Filme (blaue Kurve im obigen Diagramm) tendieren zu einer langen geraden Dichtekurve, die sehr tolerant gegen Überbelichtung ist. Das gilt eigentlich für alle Filme außer CHS100 II und den 3200ern (entwickelt in Xtol 1+1), eingeschränkt auch für den HP5+. Wie weit die Dichtekurve nach oben geradlinig verläuft, ist eine wesentliche Filmeigenschaft und kann zusätzlich durch die Wahl des Entwicklers beeinflusst werden.
Einen etwas anderen, gekrümmten Verlauf zeigen Filme, die für eine Push-Entwicklung gut geeignet sind, wie z.B. der Ilford HP5+ (rote Kurve). Je länger man entwickelt, um so deutlicher zeigt dieser Film in Xtol eine ausgleichende Tendenz. Bei gezielter Unterbelichtung und →Push-Entwicklung steigt dadurch der Gesamtkontrast nicht zu stark an, was ausgefressene Lichter verhindert. Bei Entwicklung auf einen geringeren Kontrast nähert sich die Kurve von HP5+ in Xtol einer langen Geraden an.
Die grüne Kurve zeigt den Adox CHS 100 II, der als Nachfolger der alten Adox/Efke-Filme absichtlich den Vintage-Stil der 1960er Jahre wiedergeben soll. Typisch dafür ist eine S-förmige Kennlinie mit nur kurzem linearen Abschnitt, der in Xtol leider etwas arg kurz ist. Auch bei optimaler Belichtung kann dieser Film nur Motivkontraste bis max. 5 Blendenstufen tonwertrichtig wiedergeben. Der lineare Bereich muss dazu um die Zone V herum ausgemittelt werden. Eine Empfindlichkeitsermittlung stur nach ISO oder auch bei ΔD=0,2 über Schleier würde hier völlig daneben liegen. Solche Dichtekurven können ideal sein, um Wolken und Spitzlichter auch ohne Nachbelichtung leichter aufs Papier zu bringen. Man muss dieses Verhalten kennen und gezielt belichten. Damit ist das zumindest in Kombination mit Xtol kein problemloser Universalfilm. Ein aufsteilender Entwickler wie Rodinal oder HC-110 würde bei diesem Film die Dichtekurve etwas gerade ziehen und den linearen Teil verlängern. Damit ist das der erste Film, bei dem ich von Xtol abrate. Zu einem Vintage-Film passt also auch ein Vintage-Entwickler. Die praktische Empfindlichkeit dürfte damit eher bei 50 ISO liegen.
Wenn die ermittelten Messwerte keine typische Gradationskurve, sondern eher eine Zickzacklinie ergeben, dann hat sich wahrscheinlich die Beleuchtung während der Testaufnahmen geändert (etwa durch Wolken am Himmel) oder die Zeit- oder Blendensteuerung der verwendeten Kamera ist vermurkst.
Wichtiger als die Filmempfindlichkeit ist zunächst die Kontrastauswertung. Wenn der Gammawert kleiner als mein persönlicher Zielwert ist, muß ich länger entwickeln. Liegt er darüber, muss durch Verkürzung der Entwicklungszeit der Kontrast verringert werden. Mein Excel-Programm gibt eine Empfehlung für eine geänderte Zeit. Diese kann leider nur ein grober Richtwert sein, da jede Film-Entwickler-Kombination anders reagiert.
Der zweite Blick erst gilt der Filmempfindlichkeit:
Bei einer idealen Belichtung für diesen Test sollte die erste Aufnahme
(das war die um 4 Blendenstufen unterbelichtete) bei D=0,1 liegen.
Das ist der Norm-Empfindlichkeitspunkt der getesteten Film-Entwickler-Kombination
(wissenschaftliche Details für SW-Filme siehe ISO 6,
für Farbnegativfilme ISO 5800, für Farbdiafilme ISO 2240,
für Digitalkameras ISO 12232).
Diese Stelle wird dann später auf dem Positiv tiefschwarz. Bei Betrachtung unter hellem
Tageslicht (und nur dann) könnte man gerade sich abzeichnende Konturen erkennen.
Die zweite Aufnahme sollte dann bei etwa D=0,2 liegen.
Dort beginnt bei den meisten Filmen der annähernd gerade Anstieg der Dichtekurve und damit der
voll nutzbare Bereich des Films mit schön abgestuften Grauwerten bereits
in den Schattenzonen. Ich orientiere mich mit der Festlegung der
Filmempfindlichkeit an diesem Punkt und verstoße damit
bewusst gegen die →ISO-Norm.
Weil der Punkt bei D=0,1 im Bereich der flachen Fußkurve mit „abgesoffenen“ Schatten liegt,
ist dieser für die praktische Fotografie nicht von Bedeutung.
Meine Auswertung hat außerdem den Vorteil, unabhängig vom
stark streuenden Verlauf der Dichtekurve im Fußbereich zu sein.
Durch horizontales (Links-Rechts-) Verschieben der Kurve hat man ein Maß dafür, wie viele Belichtungsstufen mehr oder weniger man gebraucht hätte, um solche schön durchgezeichneten Schatten zu erhalten. Dieses Verschieben ist mit der Programm-Auswertung besonders komfortabel, indem ich dort einfach die Korrektur in DIN-Stufen eintrage (1 DIN = 1 Teilstrich auf der ISO-Skala).
Ein Standardmotiv mit Kontrastumfang von ca. 1:45 (5½ Blendenstufen) wird so auf jeden Fall gut durchgezeichnet wiedergegeben und hat sogar noch etwas Spielraum in Richtung Unterbelichtung. Bei Motiven mit mehr als 6 Blendenstufen Kontrast empfiehlt sich eine Spot-Belichtungsmessung auf einen Schatten mit gerade erkennbaren, zarten Konturen, dann die Blende um 3 Stufen schließen. Diese Schatten erhalten damit wieder mindestens die Dichte 0,2 und alles wird gut - nicht immer, aber oft. Zumindest kann man mit weicher Gradation die Kontraste auf’s Papier bringen. Ob die Bildwirkung dann die gewünschte ist, ist eine andere Frage. Großformatfotografen ziehen nach einer Messung auf einen bildwichtigen Schatten ein Abblenden um nur 2 Stufen vor und passen für schön durchgezeichnete Lichter dann die Filmentwicklung an. Bei Kleinbild- und Rollfilm mit unterschiedlichsten Motiven auf demselben Film ist das eher eine Ausnahmemethode. Notfalls muss man die Kontraste mit Abwedeln und/oder Nachbelichten bändigen. Wenn man die Möglichkeit hat, ist es meist besser, bei hohen Kontrasten mit Aufhellblitz zu arbeiten. Beides braucht Erfahrung und will geübt werden.
Notlösung: Auswertung des Testfilms mit Handbelichtungsmesser
Für eine schnelle Überprüfung der Messreihe muss man nicht zwingend erst seine Dunkelkammer aufbauen. Es geht auch mit einem Handbelichtungsmesser als Densitometer-Ersatz. Voraussetzung dafür ist, dass dieser auf 0,1 EV genau anzeigt, entsprechend einem Dichtesprung von ΔD=0,03. Besonders wichtig für reproduzierbare Messungen ist eine definierte und immer konstante Beleuchtung. Dazu legt man idealerweise das Negativ auf eine Leuchtplatte und setzt das Messfenster des Belichtungsmessers direkt auf das Negativ auf. Diese Methode entspricht nahezu ideal einer diffusen Beleuchtung wie bei einem Transmissions-Densitometer. Abweichungen stelle ich nur im Rahmen der genannten Anzeigegenauigkeit von 0,1 EV bzw. 0,03 ΔD fest. Man muss kleine Ungenauigkeiten vor allem im für die Empfindlichkeit interessanten Fußbereich der Dichtekurve hinnehmen.
ACHTUNG: Ich habe auch getestet, ob ein weiß aufleuchtender PC-Monitor als Hintergrund taugt. Bei aktuellen Bildschirmen mit LED-Hintergrundbeleuchtung hatte ich leider recht große Streuungen. Diese LED-Ausleuchtung ist über die Bildschirmfläche nicht ausreichend konstant und dazu noch stark vom Blickwinkel abhängig. Monitore, die die Helligkeit an die Umgebung anpassen, sind als Lichtquelle völlig ungeeignet.
Man misst wieder den unbelichteten Filmanfang (EVa-Wert notieren) und die EV-Werte
aller neun Testbelichtungen. Die Dichte DBeli berechne ich mit folgender Formel:
DBeli = (EVa − EV) × 0,3
mit EVa = Wert für den unbelichteten Filmanfang,
EV = Messwerte der Testbelichtungen,
0,3 ≈ log(2)
Die so ermittelten Dichte- und γ-Werte nähern Messungen mit einem Norm-Densitometer ausreichend gut an.
Mein Ziel ist immer die komplett analoge Prozesskette. Für die Verwendung in der Dunkelkammer
(siehe: →optimaler Negativkontrast) müssen die Messwerte dann noch mit einem
Faktor X auf die abweichende Beleuchtung bei der Projektion der Testnegative
im Vergrößerer umgerechnet werden:
DProj = DBeli × X
Die individuelle Umrechnung für meinen Dunco-Vergrößerer, meinen RHD-Analyser
und meinen Belichtungsmesser ergibt z.B. X = 1,07.
Der zusätzliche Faktor X für ist zur Korrektur notwendig, damit die mit einem Transmissions-Densitometer oder wie hier beschrieben mit einem Handbelichtungsmesser ermittelten Werte mit den Dichtewerten auf dem Grundbrett meines Vergrößerers (Dunco II-66 VC) bei mittleren Dichten ungefähr übereinstimmen. Maßgebend ist letztendlich nur die Dichte, die das auf dem Grundbrett liegende Fotopapier sieht. Die Ursache für unterschiedliche Messwerte liegt am →Callier-Effekt dieser beiden Messmethoden und an dem Streulicht der Beleuchtungseinrichtung meines Dunco-Vergrößerungsgerätes, eine ähnliche Mischkonstruktion wie die Kaiser-Geräte mit Diffusor und Kondensor. Jede nicht ideal diffuse Beleuchtung verstärkt den Kontrast und man muss diesen Korrekturfaktor daran anpassen. Wer keine Leuchtplatte hat, kann alternativ mit dem Negativ direkt vor dem Messfenster des Handbelichtungsmessers gegen ein weißes Blatt Papier oder gegen eine gleichmäßig beleuchtete farbneutrale Wand messen. Bei diesen Messungen wird der Umrechnungsfaktor X ein anderer sein.
Mit einem Laborbelichtungsmesser kann man diesen Umrechnungsfaktor X für den eigenen Vergrößerer einfach ermitteln. Zunächst ermittelt man die unkorrigierten Dichten (DBeli) der Messreihe mit dem Handbelichtungsmesser. Diese Messwerte sollten mit den Messungen eines richtigen Densitometers ausreichend gut übereinstimmen. Dann legt man dieselben Testnegative in die Bildbühne ein und misst mit dem Laborbelichtungsmesser die Dichten der Projektion auf dem Grundbrett (DProj). Der individuelle Umrechnungsfaktor ist X = DProj/DBeli.
Leider gibt es zu viele schwer erfassbare Einflussgrößen, die sich nicht in einen einzigen, pauschalen Faktor packen lassen. Ich empfehle für den Faktor X den Mittelwert mehrerer Messungen an Testnegativen mittlerer Dichten (z.B. Zonen III-VII).
Anmerkung: Callierfaktor
Der Callierfaktor Q ist in der Fachliteratur wie folgt definiert:
Q = [gemessene Dichte] / [Dichte in ideal diffusem Licht]
Nach einer Veröffentlichung von Richard J. Henry “Controls in Black-and-White Photography”
beträgt der typische Callierfaktor bei reinen Diffusorvergrößerern Q=1,05,
bei Kondensorgeräten Q=1,26 und bei Punktlicht Q=1,39.
Bei ideal diffuser Beleuchtung mittels Ulbrichtkugel beträgt dieser Faktor genau 1.
Eine einfache Rechnung ergibt, dass ein Negativ für ein Diffusorgerät um 20% höhere
Dichte- und γ-Werte braucht als in einem alten Kondensorvergrößerer.
Mein Heiland Densitometer sollte eine solche ideale Beleuchtung gut annähern. Ein ausreichend genauer Ersatz sind die oben beschriebenen Messungen mit Leuchtplatte und Handbelichtungsmesser. Ich kann damit den Callierfaktor für meinen Dunco-Vergrößerer bei mittleren Dichten (Zonen IV-VI) zu etwa Q=1,07 ermitteln. Eine solche Umrechnung mit einem einfachen Faktor kann immer nur eine grobe Näherung sein. Zum Beispiel geht dieser Umrechnungsfaktor für geringe Negativdichten gegen 1,0, was für einen Filmträger mit wenig oder ganz ohne Silberkörner nicht anders zu erwarten war. Bei einer sehr hohen Negativdichte D=2,0 liegt er für meinen Dunco-Vergrößerer bei 1,13. Leider ist der Zusammenhang mit der Dichte nicht linear, und die Dichte ist nicht die einzige Einflussgröße. Der tatsächlich wirksame Callierfaktor ist abhängig von Beleuchtungseinrichtung (Diffusor oder Kondensor), Objektivblende (genauer: Apertur), Filmdichte und Korngröße. Bei C41-Negativfilmen werden die Silberkörner durch das Bleichbad entfernt und es gilt immer Q→1, wie z.B. beim Ilford XP2. Die genannten Einflüsse auf Kontrast und Dichtewerte des Projektionsbilds sind in diesem Fall vernachlässigbar.
Fazit: Die Dichtemessung an einem silberhaltigen SW-Film ist alles andere als einfach, da dieser Callierfaktor jede Art von Messung verfälscht, außer bei ideal diffuser Beleuchtung mit Q=1. Transmissions-Densitometer arbeiten nach Norm mit diffusem Licht und zeigen grundsätzlich geringere Filmdichten an, als man mit einem Laborbelichtungsmesser auf dem Grundbrett messen kann. Man kann also mit einem solchen Densitometer reproduzierbare Norm-Dichtewerte messen, die z.B. für eine Ermittlung der →ISO-Filmempfindlichkeit vorgeschrieben sind. Es ist auch praktisch, dass man das ohne Vergrößerungsgerät und Dunkelkammer schnell am Schreibtisch erledigen kann. Eine exakte Umrechnung von gemessenen Normdichten und γ-Werten auf Bedingungen, die für die Dunkelkammerarbeit relevant sind, ist eigentlich unmöglich. Für einen halbwegs tauglichen Korrekturfaktor könnte man sich an Negativen mit mittlerer Korngröße und Dichte (etwa →Zone V) orientieren. Bei Dichtemessungen mit dem Laborbelichtungsmesser auf dem Grundbrett sind dagegen alle individuellen Einflüsse unmittelbar berücksichtigt.
Als Folge des Callierfaktors sind Kontaktabzüge von Silber-haltigen Filmen auch stets kontrastreicher als Vergrößerungen, und im Kontakt mit gerichtetem Licht belichtete Graustufenkeile (z.B. von Stouffer) taugen deswegen nicht zum genauen Eintesten von Papier.
Der zweite und dritte Testfilm
Dass die Herstellerangaben auf Anhieb zu idealen Ergebnissen führen, wäre eher die Ausnahme. Meistens ist noch ein zweiter oder dritter Testfilm erforderlich, dazu reicht der Restfilm in der Kleinbildpatrone. Falls die eingestellte Filmempfindlichkeit beim ersten Versuch grob falsch war, kann das jetzt auch schon ungefähr korrigiert werden. Wichtiger ist, dass man sich jetzt an eine Entwicklungszeit herantastet, die zu idealen Negativkontrasten führt. Mein Excel-Programm gibt eine Empfehlung für die korrigierte Entwicklungszeit aus. Da jede Film-Entwickler-Kombination anders reagiert, kann das nur eine grobe Empfehlung sein. Mit dieser Vorgehensweise sind aber selten mehr als drei Probe-Filmstreifen notwendig.
Wenn der zweite Versuch bereits passt, kann man mit dem dritten Testfilm mit Belichtungsstufen -5 bis +3 (Zonen 0 bis VIII) einen Push-Versuch wagen. Dazu entwickelt man absichtlich 50% länger und erhöht bei der Dichte-Auswertung mit meinem Programm die Filmempfindlichkeit so weit, bis sich für Zone V dieselbe Dichte ergibt, wie bei Normalentwicklung. Natürlich hat man dann leere Schatten und ausgefressene Lichter, nur die bildwichtigen Mitteltöne passen. Daher nenne ich das etwas lästerlich →„Pushpfusch“. Damit werden jedoch Aufnahmen möglich, auf die man sonst hätte verzichten müssen.
Geht das mit einem Aufsichtsgraukeil nicht viel schneller?
Im Fachhandel gibt es Aufsichtsgraukeile mit mehr oder weniger exakt in ΔD=0,15 abgestuften Grauflächen. Wenn man diesen Graukeil abfotografiert, könnte man die oben empfohlene Testaufnahmenreihe durch eine einzige Aufnahme ersetzen. Diese enthält dann die Graustufen über alle Zonen hinweg.
Das erste Problem dabei ist die Belichtungsmessung. Eine Integralmessung auf
den gesamten Aufsichtsgraukeil ist völlig sinnlos. Eine Messung auf eine
Grautafel ist auch nicht sinnvoll, da entgegen allen Gerüchten kein Belichtungsmesser
auf dieses 18%-Grau kalibriert ist (siehe meine
→Anmerkungen zur Graukarte). Leider kann ich keinen einfachen Tipp geben,
was man stattdessen anmessen soll (außer mit einem hochwertigen Spotmesser
ein mittleres Graufeld, das danach der Zone V entsprechen muss).
Eine Bestimmung der Filmempfindlichkeit wird auf diesem Weg also schwierig.
Das zweite Problem mit Aufsichtsgraukeilen ist, dass das Ergebnis stark
von der Beleuchtung abhängig ist. Meine Erfahrungen damit sind eher schlechte.
Eine Fläche mit Tageslicht einheitlich diffus und ohne Reflexionen
und jederzeit reproduzierbar auszuleuchten, ist eine Herausforderung,
die ordentlich Aufwand erfordert.
Fazit: Graukarten und Aufsichtsgraukeile sind in der SW-Fotografie absolut überflüssig. Nützlich sind sie nur für den, der sie verkauft.
Unterschied Kleinbildfilm - Rollfilm
Die Emulsion ist bei 135er Kleinbildfilm und 120er Rollfilm wohl immer dieselbe. Trotzdem gibt es deutliche Unterschiede bei Material und Dicke des Trägers, sowie im Lichthofschutz. Der letztere wird bei Rollfilm auch durch die schwarze Seite des Rückpapiers gewährleistet. Dafür ist das Trägermaterial meist transparenter. Bei der Entwicklung ist die Verwirbelung beim Kippen aufgrund unterschiedlicher Filmbreiten nicht identisch. Daher kann man die Ergebnisse aus dem Eintesten von KB-Film nicht immer 1:1 auf Rollfilm übertragen. Man muss das ausprobieren. Bei den relativ engen Windungen meiner 1500er-Jobo-Spiralen braucht Rollfilm tendenziell länger, bis er denselben Kontrast hat wie ein gleichartiger KB-Film. Den Ilford Delta 100 muss ich als Rollfilm in Xtol 1+1 gar um 40%(!) länger entwickeln. Ähnliche Erfahrungen wurden neulich erst im amerikanischen photrio-Forum diskutiert. Die Unterschiede beim TMax400 liegen bei mir eher im normalen Streubereich, d.h. sie sind vernachlässigbar. Warum das so ist? Keine Ahnung! Fotochemie enthält eben auch ein bisschen Voodoo.
Und was hat man jetzt davon?
Filme einzutesten ist nichts Kreatives, sondern eher etwas für einen verregneten Sonntagnachmittag. Dadurch allein macht man noch keine besseren Bilder, aber der technische Ausschuss und der damit verbundene Frust wird schnell weniger. Man muss das ja nicht ständig neu machen, sondern für jede Film-Entwickler-Kombination nur einmal. Und Sie wissen ja: Ich empfehle 2 gute Filme und 1 bewährten Standardentwickler, das sind dann zwei Regen-Sonntage. Für einen 400er Film kann man dann noch eine Push-Entwicklung eintesten, falls man tatsächlich einmal meint, das nötig zu haben (für Bühne, Street, ...). Der Aufwand dafür ist gering, je Kombination maximal 3 Stunden, 1 KB-Film und etwas Chemie. Danach kennt man aber seinen Film. Man kann dann z.B. auf bildwichtige Schatten messen und die Belichtungsmesseranzeige gezielt korrigieren. Oder man kann die Entwicklungszeit gezielt verändern, wenn man den Film überwiegend in der prallen Sonne (dann kürzer) oder bei bedecktem Himmel (dann länger) verknipst hat. Mit Einschränkungen ist das →Zonensystem von Ansel Adams auf diese Weise auch auf die Fotografie mit 12-er Rollfilm oder sogar 36-er Kleinbildfilm anwendbar. Vor allem hat man nach einiger Eintesterei verstanden, wie die Fotografie mit Film funktioniert, und warum eine Belichtungsautomatik in der Kamera (womöglich noch mit von der DX-Patrone abgelesener Filmempfindlichkeit) nicht immer ein befriedigendes Ergebnis bringt.
Noch eine Warnung zum Schluss: Trotz aller Präzision bei der Filmentwicklung muss man mit Streuungen rechnen. Auch ein Qualitäts-Negativfilm hat Streuungen von einer zur nächsten Fertigungscharge. Ob man also statt des exakten Ziel-Gammawerts mit dem aktuellen Film 0,05 darüber oder darunter landet, kann man problemlos bei der Erstellung der Vergrößerungen ausgleichen. Nur gegen Unterbelichtung kann man gar nichts machen. Daher noch einmal mein auch an anderer Stelle genannter Tipp: Negativfilm im Zweifelsfall nie zu knapp belichten! Oder anders ausgedrückt: Du sollt den Film nicht →pushen, denn dabei verstößt man gegen alle Regeln!
Copyright © 2009-, Dr. Manfred Anzinger, Augsburg
Stand: , wird gelegentlich korrigiert und bei neuen Ideen fortgesetzt.