> Sucherkameras | > Canon FD | > Canon EOS | Mittelformat | > Fotolabor |
Mittelformat 6×6 (oder genauer: 5,6×5,6 cm) auf 120er Rollfilm:
Damit macht (mir) Fotografie am meisten Spaß, beginnend mit dem Blick von oben in den Lichtschacht
(meine Schwester: „Uiih - sieht das plastisch aus!“) bis zum Vergrößern in der Dunkelkammer.
Für Schnappschüsse ist dieses Format eher ungeeignet.
Bis ich fertig bin mit Entfernungseinstellung und Belichtungsmessung vergeht immer ein Weilchen.
Das ist gut so, denn dann kann ich besser abschätzen, ob das Bild ein gutes werden könnte.
Oft klappe ich dann wieder zu, ohne auszulösen. Mittelformat-Fotografie ist damit genau
das Gegenteil der heute verbreiteten hektischen Handy-Knipserei, “slow pics” sozusagen.
Wer sich für Mittelformat interessiert, dem empfehle ich vor dem Einstieg dringend einen
virtuellen Fotospaziergang mit KB-Kamera und einer Objektivauswahl von etwa 4/35, 3.5/50 und 4.5/100
(äquivalente KB-Brennweiten), sowie einem Handbelichtungsmesser -
und verdoppeln Sie dann Größe und Gewicht der Fototasche. Die möglichen Nachteile werden Ihnen schnell klar.
Später in der Dunkelkammer können Sie die Vorteile des größeren Negativformats umso mehr genießen (und nicht nur virtuell).
In diesem Zusammenhang ein schneller Gewichtsvergleich diverser Kameras mit Normalobjektiv und gegebenenfalls Batterie:
KB: Canon AL-1 0,8kg; F-1 1,1kg, EOS-1V 1,3kg (mit Batterie-Handgriff 1,6kg)
6×6: Bronica S2 mit Lichtschacht 1,9kg (mit Prismensucher 2,5kg);
aber es gibt auch Mittelformat light: Mamiya 6 1,2kg; Rolleiflex 1,3kg;
und Mittelformat extra-light: Zeiss Ikon Nettar 0,6kg trotz solider Metallausführung
Sie werden dann, wenn Sie mit solchen Kameras unterwegs sind, auch öfter von wildfremden Menschen angesprochen, dass deren Vater (Opa?) auch so eine Kamera hatte, und „Die macht doch sicher gute Bilder!“ Oder wie ich mit der Rolleiflex in der Schweiz einmal bewundert wurde: „Jooo, däs isch die Ächchte!“
Bei der nachfolgenden Auflistung meiner Mittelformat-Gerätschaften werden Sie feststellen, dass die hier zu erwartende Hasselblad als 6×6 Klassiker fehlt. Ich habe sie noch nie vermisst, ebensowenig eine Nikon oder Leica für Kleinbildfilm.
- Zeiss Ikon Nettar 517/16 mit 4,5/75 Novar Anastigmat, Pronto-Zentralverschluss 1/25…1/200 s und funzeligem Sucher: Ein einfacher, jedoch noch uneingeschränkt funktionierender Klappfalter aus den Jahren 1951-53. Nach Reinigung des trüben Belags innen auf den Sucherlinsen macht diese Kamera sogar Spaß. Die Fertigung des dreilinsigen Objektivs wurde von Zeiss Ikon (Stuttgart) angeblich an Rodenstock, Steinheil oder Hensoldt ausgelagert. Daher gibt es einige Varianten. Zeiss-Triplets trugen üblicherweise den Namen Triotar. Für seine Zeit, als man vom Rollfilm nur Kontaktabzüge 56x56 mm mit gezackten Rändern gemacht hat, war dieser „Fotoapparat“ viel zu gut. Die Kontaktabzüge waren alle superscharf :-) Meine Meinung auf der Basis von HP5+ und 18x24cm Vergrößerungen: Streulicht-empfindlich, aber sonst tadellos, da gibt es nichts zu meckern. Viel leichtgewichtiger und kompakter kann man Mittelformat kaum bekommen.
- Yashica MAT 124G 3,5/80mm, hergestellt 1970 bis 1986:
Guter Nachbau der erfolgreichen zweiäugigen Rolleiflex T. Sie ist angenehm leicht und leise und gut scharf ab Blende 8. Damit liegt sie auf dem Niveau der alten Rolleicord bzw. der Rolleiflex-Varianten mit Tessar, d.h. auch genauso streulichtempfindlich. Der eingebaute Belichtungsmesser funktioniert bei meinem Exemplar wegen einer altersschwachen CdS-Zelle nicht mehr zuverlässig, d.h. ich brauche für die →Quecksilberknopfzelle auch keine Ersatzlösung mehr. Außerdem ist bei solchen Kameras ein nicht (mehr) funktionierender Belichtungsmesser kein Hinderungsgrund. Der Sekonic L-208 (oder Gossen Digisix) ist ohnehin dabei, wenn ich mit Mittelformat losziehe. - Kiev 60 mit TTL-Prisma oder wahlweise Lichtschachtsucher:
weder leicht noch leise, sondern eine Kamera, mit der man entweder mitleidig oder mit anerkennender Bewunderung angeguckt wird. Das Objektiv-Bajonett ist identisch mit dem der Pentacon-Six aus der ehemaligen DDR. Daher passen an die Kiev auch alle diese tollen (und heute billigen) Objektive von Carl Zeiss aus Jena.
Achtung: Wenn man glaubt, was man im Internet so liest, ist dieses System etwas für leidenschaftliche Glücksspieler. Es gibt trotzdem viele, die damit sehr zufrieden sind. Am anderen Ende der Preisskala gibt es auch Leica-Besitzer, die frustriert von mangelnder Zuverlässigkeit wieder verkauft haben. Die optischen Qualitäten können sich auf jeden Fall sehen lassen. Bestätigen kann ich das für folgende Objektive:- CZJ Biometar 2,8/80mm,
- CZJ Flektogon 4,0/50mm, ein schweres, aber ansonsten tadelloses Weitwinkel,
- CZJ Sonnar 2,8/180mm, ein (zumindest optisch) gutes Studio-Porträtobjektiv, wenn man geringe Schärfentiefe und etwas Weichzeichnung mag. Wegen Größe und Gewicht ist es für einen Fotospaziergang eher ungeeignet. Nach längerer Nicht-Benutzung waren leider die Blendenlamellen schon wieder mit Schmiere verklebt, ...
- Mamiya 6: wurde von 1989-1993 hergestellt, bis 1995 dann als MultiFormat-Version 6MF
mit der völlig überflüssigen Option, Kleinbildfilm einlegen zu können.
Die Mamiya 6 hat einen um 30mm versenkbaren Anschluss für Wechselobjektive,
einen hellen Leuchtrahmensucher mit Mischbildentfernungsmesser,
und einen elektronisch gesteuerten Zentralverschluss bis zu 1/500 s in jedem Objektiv.
Die Kamera ist relativ kompakt, leicht und unauffällig leise,
und die Qualität der 3 Objektive ist über jeden Zweifel erhaben.
- Weitwinkel G 4,0/50 L (mein Favorit, entspricht 32mm bei Kleinbild)
- Normalobjektiv G 3,5/75 L (entspr. 48mm bei Kleinbild)
- Tele G 4,5/150 L (entspr. 96mm bei Kleinbild), eher selten benutzt, weil die Kamera damit nicht mehr wirklich kompakt ist und sich Tele und Mischbild-Entfernungsmesser nicht gut vertragen.
- Nur wenn man genau mittig durch den Sucher blickt, kann man sich auf die Entfernungsmessung verlassen (was für Messsucher absolut typisch ist).
- Die Messzelle des Belichtungsmessers sitzt im Sucher und misst unabhängig vom eingespiegelten Bildrahmen integral alles(!) was im Sucher zu sehen ist. Dadurch ist die Messung z.B. extrem empfindlich gegen Spitzlichter auch am äußersten Rand. Wenn man das beachtet und den Messwertspeicher nutzt, kann man auch mit der Belichtungsautomatik gut zurechtkommen, nur eben nicht für spontane Schnappschüsse. Die üblichen Himmelsanteile oder andere Lichtquellen im Sucher sorgen da fast immer für Fehlbelichtung. - Kurz nach dem Kauf der Mamiya habe ich bei einem Händler noch eine äußerst
gepflegte Rolleiflex 2,8F mit Zeiss Planar 2,8/80mm entdeckt.
Nach so etwas hatte ich schon länger geschielt. Wie sich nach dem Kauf
herausgestellt hat, fast eine Rarität: Lt. Seriennummer habe ich jetzt das
sechste Exemplar, das im Juni 1960 von der „F“ hergestellt wurde.
Diese Kamera wurde aus irgendeiner Sammlervitrine befreit und roch aus dem
aufgeklappten Sucher noch monatelang nach einer Mischung aus Mottenkugeln und Möbelpolitur.
Jetzt darf sie endlich benutzt werden. Auf den ersten Blick lief alles
wunderbar, einschließlich des Selen-Belichtungsmessers!
Leider ist die Messzelle extrem Streulicht-empfindlich, so dass ich meistens einen
→externen Belichtungsmesser verwende!
Auch wieder wegen Streulichtempfindlichkeit reicht die Bildqualität nicht an die der Mamiya 6 heran,
deren Objektive unzweifelhaft meine besten sind! Die Rolleiflex ist halt doch schon ein echter Oldtimer,
und wenn sie oft übermäßig gelobt wird, dann schwingt da viel Nostalgie mit.
Deutliche Verbesserungen bei der Streulichtempfindlichkeit gab es erst ab 1971 mit dem von Asahi Pentax eingeführten “Super Multi Coating”.
Die anderen japanischen Hersteller haben das schnell übernommen. Deutsche Hersteller brauchten dafür etwas länger,
obwohl diese Technologie ursprünglich auf einem Zeiss-Patent aus den 30er-Jahren basiert. Für Rollei hergestellte Zeiss-Objektive
hatten erst ab 1974 die Rollei-HFT Mehrschichtvergütung.
Auf jeden Fall haben alle älteren Rolleis nur eine einfache, nicht besonders kratzfeste Vergütung (Vorsicht bei der Linsenreinigung!)
Bei einem Winterspaziergang kam dann das erste Problem. Der Auslöser wurde so schwergängig, dass ich Angst hatte, beim Durchdrücken die Mechanik zu verbiegen. Also ab damit zu Gerard Wiener (✞). Er hat das gute Stück entharzt und neu geschmiert, und es mir grinsend mit den Worten zurückgegeben: „Wenn die nie runterfällt, wird die ohne Probleme älter als Sie!“ :-( - Zenza Bronica S2: Ein voll mechanischer, sauschwerer Brocken von
6×6-SLR-Systemkamera im Würfelformat mit Schlitzverschluss bis 1/1000s.
Passende Objektive mit Zentralverschluss gab es nicht. Die S2 wurde im Zeitraum 1966-69 hergestellt.
Ab 1969 gab es dann die verbesserte S2A, bei der angeblich die Messingzahnräder
im Filmtransport durch robustere Stahlzahnräder ersetzt wurden.
Diese hierzulande seltene Kamera habe ich unverhofft aus der entfernteren Verwandtschaft erhalten.
Bis dahin habe ich meine Kiev 60 für laut gehalten.
Das Auslösegeräusch der Bronica S2 übertrifft das der Kiev nochmal deutlich - ein echter Knaller!
Kein Wunder, denn der große Spiegel gleitet beim Auslösen nach unten,
gleichzeitig wird oben der Lichteinfall durch den Sucher durch einen Vorhang geschlossen,
und nach Ablauf des Verschlusses gehen Vorhang und Spiegel gleich wieder zurück.
In der alten Fototasche waren drei Objektive und eine Menge Zubehör dabei:- Weitwinkel Super-Komura 3,5/50mm
- Normalobjektiv Nikkor-P 2,8/75mm
- Tele Nikkor-P 4,0/200mm (ohne Vignettierung des Sucherbildes, Hasselblad hat das mit seinem “Gliding Mirror System” erst 1996 geschafft)
- 2 Magazine, Nahlinse für das Tele, Lichtschacht- und Prismensucher
- recht exotisch: pneumatischer Fernauslöser mit 5m Luftschlauch und Gummiball
Vor allem die Tatsache, mit 2 Wechselmagazinen jederzeit von 100er auf 400er Film wechseln zu können, könnte reizvoll sein. Aber dann muss man das Zeug auch immer mitschleppen. Ein Foto-Spaziergang mit dieser Ausrüstung erspart dann den kostenpflichtigen Besuch eines Fitness-Studios! - Dazu ein mittelmäßig stabiles und auch nur mittelmäßig teures Manfrotto-Stativ 055ProB. Dieses Stativ ist okay für Rolleiflex oder Mamiya mit Zentralverschluss. Gegen den Spiegelschlag einer Kiev60 ist es wirkungslos!
- ... und ein kleiner Handbelichtungsmesser Gossen Digisix für die Hosentasche
Mein Kommentar zum Digisix: Leider ist die ISO-Einstellung ziemlich umständlich, kann sich dafür aber auch kaum versehentlich verstellen. Außerdem saugt er pro Jahr 2 Knopfzellen leer, die es aber günstig im 1€-Shop gibt. Teure Markenbatterien haben bei mir auch nicht länger gehalten. Blöderweise ist die Batterie immer dann leer, wenn man ihn braucht. Dank der überflüssigen elektronischen Zusatzfunktionen kenne ich z.B. auch immer die Maximaltemperatur in meiner Hosentasche ;-) - ... oder ein Sekonic L-208, nur weil ich auch einen aktuellen Handbelichtungsmesser mit Zeiger haben wollte. Obwohl dies das derzeit billigste Gerät auf dem Markt ist, hat es meinen →Belichtungsmesser-Vergleich mit Bravour bestanden.
- ... sowie ein Minolta Spotmeter-F: Dieser 1° Spotbelichtungsmesser ist alles andere als klein und handlich, dafür aber mein Non-plus-Ultra für Messung des Kontrastumfangs bei Landschafts- und Architekturmotiven. Weitere Details rund um die Belichtungsmessung können Sie hier nachlesen: →Belichtungsmessung, aber richtig!
Copyright © 2005-, Dr. Manfred Anzinger